Wien-Tatort: Die Generation Y streamt zurück
Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) stehen im Tatort "Schock" unter ständiger Beobachtung: Jeder Schritt wird im Netz übertragen. © ARD Degeto/ORF/Hubert Mican
"Wir sind die Generation der Pflichterfüller!" schreit Claudia Eisner ihrem Vater ins gesicht - nachdem der sie und ihren Freund Kerem (Mehmet Sözer) festnehmen ließ. Der Wiener Tatort "Schock" beleuchtet ein noch wenig präsentes Thema: Den neuen Generationen-Konflikt zwischen den saturierten Eltern und dem gut ausgebildeten Nachwuchs, der sich nur über den beruflichen Erfolg definiert und bis zur Selbstaufgabe ehrgeizig ist.
Einer bricht aus diesem Muster aus: Medizin-Student David Frank (Aaron Karl), der nie eine Chance haben wird seine Eltern zufriedenzustellen. Also nimmt er diese (Hans Piesbergen, Silvia Wohlmuth) als Geiseln und startet eine Art Vlog um seine Sicht der Dinge zu verbreiten. Die Videos verbreiten sich blitzschnell, es folgen Livestreams und eine virtuelle Schnitzeljagd für die Ermittler. David nutzt alle Möglichkeiten, die seine Generation hat um die Gesellschaft vorzuführen.
Die Ermittler hetzen dem Entführer zwar atemlos hinterher, doch Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Bibi Fellner (Adele Neuhauser) unterscheiden sich schon alleine durch ihre selbstverständliche IT-Nutzung von ihren Altersgenossen. "Schock" punktet mit seinem ungewohnten Erzähl-Ansatz, den gut aufgelegten Kommissaren sowie dem einigermaßen frischen Thema.
Doch der gute Kern der Geschichte ist leider unter sehr vielen, sehr langen Monologen verborgen. Passend zum Uni-Umfeld wohnen wir einer Vorlesung von Professorin Sarah Adler (Mercedes Echerer) bei, die eine Art "Hall of Fame" der Amokläufer runterbetet. Erfurt, Winnenden - und jetzt Wien?
Eisners Tochter Claudia (Tanja Raunig) hegt durchaus Sympathien für die Gedankenwelt von David. Im Gegensatz zu ihrem Freund Kerem ist sie jedoch nicht in die Entführung verstrickt. Die Vater-Tochter-Krise als Generationen-Konflikt unter dem Mikroskop.
Die Kommentare zum Wiener Tatort schwanken dementsprechend zwischen "langweilig" und "super", nur Moritz, Bibi (und ihr Pulli) werden fast einhellig abgefeiert. Mit 8,8 Millionen Zuschauern und 23,4 % Marktanteil liegt "Schock" quotenmäßig im soliden Mittelfeld.
Die besten Tweets zum Wien- Tatort "Schock"
Ja, es war kein Tatort, bei dem man den Täter erraten musste...
Autor Rupert Henning hat in seinem Studium (Geschichte, Anglistik) offenbar sehr außergewöhnliche Seminare besucht. Mit der Realität an den meisten Unis haben die Szenen im Tatort jedenfalls wenig zu tun.
Doch wie immer, wenn im Tatort das Netz zur Sprache kommt, lag auch dieser Fall aus Wien häufig ein klitzekleinesbisschen daneben.
Doch zwischen all den ellenlangen Monologen und Diskussionen gab es reichlich Wiener Schmäh und Bonmots für die Ewigkeit...