"Parfum": Wotan Wilke Möhring als kühler und triebhafter Staatsanwalt

Wotan Wilke Möhring spielt in der Serie "Parfum" einen kühlen, aber triebhaften Staatsanwalt. Darum ist das neue Crime-Format so spannend.
Nach einem kleinen Vorgeschmack im Rahmen des Filmfestes München, bei dem zwei Folgen der sechsteiligen Serie "Parfum" vorab gezeigt wurden, wird das neue Crime-Format nun erstmals komplett ausgestrahlt. Ab dem heutigen Mittwoch (14. November, 22 Uhr) laufen Doppelfolgen in ZDFneo, in der Mediathek werden alle sechs Teile gezeigt - Anfang 2019 läuft die Serie auch im ZDF. Die erste Folge "Ambra" beginnt mit dem Auffinden einer Frauenleiche in einem Swimmingpool. Ihr rotes Haar war am Kopf, unter den Achseln und im Schambereich entfernt worden.
Viele Jahre zuvor war die Frau umschwärmter Mittelpunkt einer Internatsclique. Und so führen die Ermittlungen Profilerin Nadja Simon (Friederike Becht) und ihr Team um Staatsanwalt Grünberg (Wotan Wilke Möhring) und Kriminalkommissar Köhler (Juergen Maurer) in die Vergangenheit von fünf ehemaligen Internatsschülern: das Ehepaar Roman (Ken Duken) und Elena Seliger (Natalia Belitski), Daniel "Zahnlos" Sluiter (Christian Friedel), Bordellbetreiber Thomas Butsche (Trystan Pütter) und Parfümeur Moritz de Vries (August Diehl).
Während die Ermittler den Spuren der Gegenwart folgen, enthüllen Rückblenden das Geheimnis, das die fünf auf unheilvolle Weise zusammengeschweißt hat...
Wotan Wilke Möhring (51, "Tatort") spielt den kühlen, aber triebhaften Staatsanwalt Grünberg. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt der Schauspieler unter anderem, was die ungewöhnliche Serie für ihn so spannend macht, und ob man den Roman "Das Parfum: Die Geschichte eines Mörders" von Patrick Süskind (69) kennen sollte.
Mit "Parfum" assoziieren die meisten vermutlich zuerst den Roman von Patrick Süskind. Würden Sie sagen, dass man das Buch zum Verständnis der Serie kennen sollte?
Wotan Wilke Möhring: Nein, das Buch muss man nicht kennen. Es ist ja ein historischer Roman. In der Serie geht es zwar darum, dass die Jugendlichen diesen Roman lesen und eine ähnliche Idee haben. Andererseits ist es eine in der heutigen Zeit verwurzelte Crime-Story mit Thriller-Elementen, was im Roman ja anders ist. Nur die Grundidee, einen Geruch zu entwickeln, der dich liebenswert macht für alle Geschöpfe und der die Essenz der Liebe ist, ist gleich.
Eine Parallele zum Buch ist noch, dass rothaarige Frauen ermordet werden. Diese Haarfarbe lässt auch im normalen Leben kaum jemanden kalt. Haben Sie sich damit schon mal beschäftigt?
Möhring: Darüber habe ich tatsächlich noch nie nachgedacht. Natürlich fällt die Farbe auf, weil sie einfach seltener ist. Das nutzen bewusst oder unbewusst vielleicht auch diejenigen, die sich die Haare rot färben.
Was fanden Sie an der Serie besonders beeindruckend?
Möhring: Regie, Cast und Kamera sind wirklich hervorragend. Spannend fand ich aber auch die Frage, wie ich diesen schweren Stoff, der mit vielen Abgründen zu tun hat, in eine annehmbare Form verpacke. Alle Figuren haben etwas Zerbrochenes, Kaputtes. Die Hauptermittlerin Nadja Simon (Becht) wandelt sich nach und nach ebenfalls. Eine gute Idee fand ich auch, die Geschichte in dieser eher unbekannten, kargen Landschaft am Niederrhein zu erzählen. Diese Umgebung ist ein toller Ausdruck für die innere Leere vieler Figuren... Da gibt es Einiges, was die Serie sehenswert macht.
Sie spielen Staatsanwalt Grünberg. Wie würden Sie den beschreiben?
Möhring: Er ist die Schnittstelle zwischen den Ermittlern und der Politik. Er muss den Kopf hinhalten und hat den Druck, einen Ermittlungserfolg abliefern zu müssen. Er ist sehr kühl und nicht umsonst in einer hohen Position. Das ist die eine Seite. Dann gibt es aber auch seine triebhafte Seite, die er in einer zerstörerischen Affäre mit der Hauptermittlerin auslebt.
Apropos, eine andere extreme Beziehung leben Roman (Ken Duken) und Elena Seliger (Natalia Belitski). Ihre Ehe ist ja quasi aus einer Vergewaltigung heraus entstanden...
Möhring: Ja, genau. Roman ist auch so eine Figur. Einerseits ist er der brave Familienvater, doch im Umgang mit der Sexualität und Abhängigkeit von seiner Frau ist er ganz krank.
Was haben Sie sich gedacht, als Sie diese fatalen Beziehungsgeflechte im Drehbuch gelesen haben?
Möhring: Bis auf den Ermittler Matthias Köhler (Maurer) haben alle einen richtigen Schaden. Spannend finde ich, dass alle schnell wieder in den gleichen Rollen stecken, die sie als Jugendliche hatten, als sie sich nach vielen Jahren wieder treffen. Aus der Hülle kommen sie nicht heraus. Es ist fatal, wenn man ein krankes Geheimnis aus der Jugendzeit hat, dass einen für immer verbindet. Dass eine solche Tat alles andere im weiteren Lebensverlauf prägt, fand ich sehr spannend.
Kann man die Serie auch ein wenig als Plädoyer gegen Internate verstehen?
Möhring: Nicht wirklich. Ich glaube eher, dass das Internat hier dazu benutzt wird, um einer Gruppe einen Druck aufzuerlegen, den sie sonst vielleicht nicht gehabt hätte. Wenn sie jeden Tag auch ihr Elternhaus zur Verfügung gehabt hätten, hätte dieser Gruppenzwang auf den Einzelnen im Optimalfall nicht so groß werden können. Ein Internat ist dagegen eine abgeschlossene Welt, in der keine soziale Kontrolle durch Eltern etc. passieren kann.
Welches Feedback ist Ihnen von der Premiere im Sommer beim Filmfest München in Erinnerung geblieben?
Möhring: Aufgefallen ist mir, dass die Geschichte durch die besondere Ästhetik und diese permanente unterschwellige Stimmung, dass irgendwas gewaltig Böses droht, als sehr krass empfunden wurde. Dabei sind es eigentlich Taten, die einem oft genug schon in der Zeitung begegnen...