Coole Kiste mit überschaubarem Erfolg

Mit seinen für heutige Unimog-Verhältnisse federleichten 3,84 Tonnen Leergewicht durfte der Funmog auf deutschen Straßen lediglich 80 km/h schnell fahren.
1994 präsentierte Mercedes den Funmog, der als cooler Trendsetter auftrat. Inzwischen hat der Lifestyle-Unimog zwar Kult-Status, viel verkauft wurde er aber nicht.
Über 375.000 Unimog aus 27 Baureihen wurden seit der Premiere des Universalen Motor Geräts im Jahr 1949 produziert. Seit 1950 ist der einst von Gebrüder Boehringer in Göppingen erfundene und gebaute Allesüberwinder im Mercedes-Universum daheim.
In diesen 75 Jahren durfte der "Mog" so ziemlich alles erleben, was mit einem Radfahrzeug nur vorstellbar ist – Ackerschlepper, Kommunalfahrzeug, Militär-Lkw, Weltenbummler oder Feuerwehrauto; die unzähligen Sonderauf- und -ausbauten sind Legende. Eine ganz besondere Variante war der "Funmog", dessen heutiger Kultfaktor seinen damaligen Verkaufserfolg deutlich übersteigt.
Trend aus Japan
In den 1990er Jahren gab es in Japan einen Trend, die nutzfahrzeugigen Unimogs zu aufgebrezelten Tuning-Transportern umzubauen, um damit herum zu cruisen. "Urban Unimog" nannte sich das Phänomen, die Bezeichnung hat sich in Japan bis heute gehalten.
Der Trend blieb natürlich auch bei Mercedes nicht unbemerkt. 1992 hatte man die neuen leichten und mittelschweren Unimog-Baureihen 408 und 418 eingeführt, ein passender Zeitpunkt, um das brave Arbeitstier zur coolen Kiste ab Werk umzurüsten – die Geburtsstunde des Funmog. 1994 wurde das Projekt vorgestellt. Der hier vorgestellte Funmog basierte auf der neuen 408 (U 90) Baureihe, die sich leicht an der charakteristischen Front erkennen lässt. Beim U 90 fällt die Motorhaube stark nach vorne ab, was eine verbesserte Übersicht nach vorne bringt.
Zum Funmog gepimpt wurde der U 90 durch zahlreiche Anbauteile und etwas, das man an braven Arbeits-Unimogs sonst vergeblich sucht: viel Chrom. Eine verchromte Frontstoßstange mit massivem Rammschutzbügel (auch verchromt) und Zusatzscheinwerfern (Chromgehäuse) korrespondierte mit dem hinter der Fahrertür nach oben gezogenen High-Pipe-Auspuff in Chrom-Ausführung. Dazu gesellten sich Truck-Hörner zur Aufmerksamkeits-Verstärkung auf dem Dach. Natürlich in Chrom.
Chrom: Reichlich
Dem Funmog wurde außerdem eine Ladefläche appliziert, die den Sternelaster zum XXL-Pick-up adelte. Verkleidet mit Alu-Riffelblech bot sie aber nur mäßigen Nutzwert, hinter der Kabine machten sich das Ersatzrad und im Anschluss zwei Zarges-Boxen breit. Verfeinert wurde die Pritsche mit einem großen Bügel, ausgeführt, na klar, in Chrom. Neben der extravagant nach hinten abfallenden Seitenwände der Ladefläche sorgten außerdem in Wagenfarbe lackierte Radabdeckungen für Aufsehen, während der hohe Luftansaugschnorchel auf der Beifahrerseite das Thema Abenteuer ins Spiel brachte.
Innen zeigte sich der Funmog gar nicht einmal so luxuriös: Karges Transporter-Lenkrad aus Kunststoff, robuster Nutzfahrzeug-Karostoff auf den Sitzen (Fahrersitz luftgefedert, Beifahrer-Doppelsitzbank), lediglich ein Teppichboden mit Mercedes-Benz-Prägung schaffte ein wenig Wohnlichkeit in der Kabine. Immerhin: Gegen Aufpreis ließen sich Ledersitze und eine Klimaanlage ordern.
Mit seinen für heutige Unimog-Verhältnisse federleichten 3,84 Tonnen Leergewicht durfte der Funmog auf deutschen Straßen lediglich 80 km/h schnell fahren. Besonders schlimm war das nicht, denn der 2,9 Liter große Turbodiesel-Sechszylinder mit seinen 110 PS schwang das Riesengerät ohnehin nur auf maximal zahlengleiche 110 km/h, wenn kein Sheriff in der Nähe war. Höher als breit war der Funmog obendrein, und das massiv: 2,7 Meter Firsthöhe standen zwei Meter von links nach rechts gegenüber, die überschaubare Gesamtlänge von 4,6 Meter hingegen erreichte damals bereits ein VW Passat. Und damit die Zählerei ein Ende hat: Der Pracht-Brocken kam auf eine erlaubte Zuladung von eher homöopathischen 960 Kilo.
Überschaubare Verkaufszahlen
Das alles sah zwar spektakulär aus und "demonstrierte die legitime Auflehnung seines Eigners gegen Alltagsautos", wie Autor Yörn Pugmeister in seinem Fahrbericht in der auto motor sport-Ausgabe 16/1994 zu Papier brachte. In Stückzahlen schlug sich das allerdings nicht nieder. Ob neben den beiden Pressefahrzeugen (einen schwarzen Funmog gab es auch noch) überhaupt noch weitere Einheiten auf deutsche Straßen kamen, ist im Nachhinein nicht mehr zu ergründen. Unwidersprochen kolportiert ist jedenfalls eine Gesamtzahl von 12 Exemplaren des Funmog, die bis 1997 als Einzelauftrag auf Bestellung entstanden und überwiegend den Weg nach Japan antraten.
Für Mercedes wird sich diese geringe Anzahl angesichts der mutmaßlich übersichtlichen "Entwicklungskosten" dennoch zumindest finanziell gelohnt haben, schließlich lag der Basispreis für den Funmog bereits 1994 ohne Aufpreis-Optionen bei 140.000 D-Mark. Die damalige S-Klasse S 500 mit V8-Motor startete 700 D-Mark darunter.