Corona-Virus bremst Shanghai aus
Zum sechsten Mal in der Geschichte der Formel 1 fällt ein Grand Prix wegen höherer Gewalt aus. Das Corona-Virus hat zur Absage des für den 19. April geplanten GP China geführt. Offiziell ist das Rennen nur verschoben.
Die Entscheidung kommt nicht überraschend. 67 Tage vor dem am 19. April geplanten GP China wurde das Rennen vom Veranstalter abgesagt. Offiziell gilt der Grand Prix auf dem Shanghai International Circuit nur als verschoben. Das hat vermutlich versicherungstechnische Gründe. Der Promoter und das Formel 1-Management müssen den Eindruck wahren, dass alles versucht wird, den GP China doch noch in diesem Jahr abzuhalten.
Im Moment ist die Absage ein Fall von höherer Gewalt. Damit muss China auch kein Antrittsgeld an Liberty entrichten. Was ungefähr 30 Millionen Dollar weniger in der Formel-1-Kasse bedeutet.
Wegen des in China grassierenden Corona-Virus kann für die Gesundheit von Teilnehmern und Zuschauern nicht garantiert werden. Über 40.000 infizierte Menschen und über 1.000 Todesfälle sind ein zu starkes Argument gegen die Austragung einer Großveranstaltung mit Besuchern aus der ganzen Welt.
Eine Abschwächung der Verbreitung des Virus ist im Moment nicht erkennbar. Im Augenblick haben viele Länder eine Reisewarnung für China ausgesprochen und Fluggesellschaften wie Lufthansa und British Airways haben bis Ende Februar alle Flüge dorthin gestrichen.
Sechs Mal höhere Gewalt
Damit fällt zum sechsten Mal in der Geschichte der Formel 1 ein Grand Prix aus, ohne dass finanzielle Gründe dafür verantwortlich wären. 1955 wurden nach dem Le Mans-Unglück mit 83 Toten kurzfristig die Grand Prix von Frankreich, Deutschland, der Schweiz und von Spanien aus dem Programm genommen.
1956 und 1957 hinterließ die Suez-Krise und der damit vorhandene starke Anstieg des Ölpreises Spuren im Kalender. Die Niederlande und Spanien sagten in beiden Jahren ihre Grand Prix ab. Belgien schloss sich 1957 an.
In den 70er Jahren war Argentinien ein ständiger Wackelkandidat. Schuld waren die politischen Unruhen im Land. Obwohl die Militär-Junta das Rennen befürwortete, um der Welt Normalität vorzugaukeln, wurden die Grand Prix von 1976 und von 1982 gestrichen.
Südafrikas Apartheid-Politik führte 1986 dazu, dass viele TV-Anstalten drohten, die Übertragung des Rennens zu boykottieren. Nachdem 1985 bereits einige Teams dem Rennen in Kyalami ferngeblieben waren, musste Bernie Ecclestone ein Jahr später klein beigeben. Südafrika fiel aus.
2011 musste nur vier Wochen vor dem geplanten Saisonstart der GP Bahrain verschoben werden. Der Arabische Frühling war in dem Königreich angekommen, verbunden mit gewaltsamen Bürgerprotesten. Bahrain rang dem F1-Management einen Ersatztermin im Oktober ab, musste später aber auch den absagen.
Wo ist die Lücke für China?
Auch jetzt wollen die Rechteinhaber der Formel 1, die FIA und der Veranstalter in Shanghai die Lage beobachten, um das Rennen möglicherweise neu anzusetzen. China, so die offizielle Lesart, sei ein wichtiger Teil des Kalenders. Besonders die Automobilhersteller sehen darin eine Chance, sich auf einem ihrer größten Märkte zu profilieren.
Doch obwohl die Formel 1 nun schon seit 2004 im Reich der Mitte fährt, ist der Funke der Begeisterung nie ganz übergesprungen. Allen kreischenden Kimi Räikkönen-Fans am Flughafen von Pudong zum Trotz ist Motorsport in China weiterhin eine Randsportart. Der Veranstalter kann nur deshalb immer ein volles Haus verkünden, weil er immer mehr Tribünen stilllegt.
Es gibt im Restkalender kaum Möglichkeiten China unterzubringen. Sotschi hat keine Lust auf einen Termintausch, und Abu Dhabi will nicht auf das Finale verzichten. Die Teams wiederum lassen wenig Bereitschaft erkennen, Abu Dhabi um eine Woche nach hinten in den Dezember zu verschieben, um Luft für China zu schaffen. Wegen der großen Regelreform 2021 wird jeder Tag in der Fabrik gebraucht.