Sensationspole für Stroll

Regen und kalte Temperaturen wirbelten die Reihenfolge in der Qualifikation von Istanbul durcheinander. Lance Stroll nutzte die Gunst der Stunde und raste erstmals in seiner Karriere auf Pole Position. Max Verstappen schaffte es in die erste Reihe. Mercedes stürzte auf die Plätze sechs und neun ab.
Die Erfolgsserie von Mercedes in der Qualifikation hielt 13 Grand Prix-Wochenenden. In bisher jedem Rennen starteten die Weltmeister von Pole Position. Es brauchte schon einen aalglatten Asphalt, tiefe Temperaturen und eine nasse Fahrbahn, um Mercedes an einem Samstag zu Fall zu bringen. In der Türkei war es soweit.
Doch nicht Red Bull staubte den besten Startplatz ab, sondern Racing Point. Ausgerechnet Lance Stroll, der nach Unfällen und einer Corona-Erkrankung in den letzten zwei Monaten geschwächelt hatte, sicherte sich erstmals in seiner Laufbahn die Pole. Der Kanadier umrundete den 5,338 Kilometer langen Kurs auf den Intermediate-Reifen in 1:47.765 Minuten. Am Funk kannte seine Freude keine Grenzen.
"Ich hatte nur einen Schuss und der saß. Ich habe praktisch jede Kurve hinbekommen. Ich hatte viel Selbstvertrauen im Auto", berichtete der Pole-Setter. "Es ist ein sehr spezieller Moment für mich. Sicher eines meiner Karriere-Highlights." Zweieinhalb Stunden musste Stroll zittern. Doch eine Untersuchung der Stewards verlief sich im Sande. Die Anklage für Missachtung gelber Flaggen wurde fallengelassen.
Verstappen klagt über Reifen
Es könnte ein Rennen mit vielen Punkten für Racing Point werden, denn auch das zweite Auto ist weit vorne. Sergio Perez sah auf den Intermediate-Reifen über weite Strecken in Q3 wie der schnellste Mann aus, wurde aber in den Schlussminuten vom Thron gestoßen. Der Mexikaner landete mit einem Rückstand von 1,5 Sekunden auf dem dritten Platz. Ein Topergebnis, auch wenn Perez einer verpassten Pole nachtrauert. "Leider hatte ich im letzten Umlauf als die Verhältnisse am besten waren den Alfa von Giovinazzi vor der Nase."
Max Verstappen dominierte die Formel 1 im zweiten Quali-Durchgang. Da war der Red Bull-Star fast zwei Sekunden schneller als die versammelte Konkurrenz. Doch in Q3 wiederholte Verstappen seine starke Vorstellung nicht. Nach drei Trainingsbestzeiten muss sich der 23-jährige Niederländer mit dem zweiten Platz abfinden.
Red Bull entschied sich im Gegensatz zu Racing Point zunächst für die Vollregenreifen. Verstappen erklärte die Reifenwahl. "Auf den Intermediates hatten wir keinen Grip. Das haben wir in Q1 festgestellt. Ich musste es deshalb auf Vollregenreifen versuchen. Schade, ich bin bedient." Ein später Wechsel auf Intermediates reichte zwar für eine Verbesserung, aber nicht für Stroll. Verstappen verpasste die dritte Karriere-Pole um drei Zehntel.
Alfa Romeo in Q3
In der zweiten Startreihe landete Alexander Albon im zweiten Red Bull. Der Thailänder schlug sich vom Ergebnis her achtbar. Auf den Teamkapitän büßte der Youngster aber viel Zeit ein. Unterm Strich waren es 2,4 Sekunden. Dahinter positionierte sich Daniel Ricciardo im Renault auf Rang fünf, der das nächste Trainingsduell gegen Esteban Ocon für sich entschied. Der Australier legte seine schnellste Runde auf den Regenreifen zurück. Ocon belegte den siebten Platz.
Mercedes erlebte für seine Verhältnisse eine Pleite. Lewis Hamilton verlor fast fünf Sekunden auf die Pole-Marke. Es ist das schlechteste Ergebnis für ihn in dieser Saison. Trotzdem hielt der angehende Weltmeister den Teamkollegen hinter sich. Valtteri Bottas stürzte sogar auf den neunten Rang ab. Mercedes strauchelt an diesem Rennwochenende auf dem glatten Asphalt. Die Silberpfeile verfehlen das Temperaturfenster der Reifen deutlicher als die Konkurrenz.
Alfa Romeo schaffte eine kleine Sensation. Beide Autos erreichten den finalen Durchgang. Kimi Räikkönen lenkte seinen C39 auf den achten Platz. Teamkollege Antonio Giovinazzi wurde Zehnter.
Beide Ferrari in Q2 raus
Ferrari stolperte im zweiten Durchgang. Weder Sebastian Vettel noch Charles Leclerc schafften den Aufstieg. Dafür fehlte den roten Autos fast eine Sekunde. Vettel verbuchte als Zwölfter wenigstens einen Erfolg im teaminternen Vergleich. Erst zum dritten Mal in dieser Saison qualifizierte der Ex-Weltmeister den Teamkollegen aus. Leclerc war 1,5 Sekunden langsamer als Vettel.
Dabei hatte es in den Trainings noch gut ausgesehen für den Monegassen. Doch in der Qualifikation rutschte der WM-Fünfte ab. "Wir sind sechs Sekunden langsamer als die Spitze?", fragte ein ungläubiger Fahrer am Funk, der nur auf der 14. Position landete. In der Startaufstellung rücken beide roten Autos in die sechste Reihe, weil es noch Strafen für die Gegner hagelte.
McLaren stellte sich selbst ein Bein. Das Team verpokerte in Q2 mit der Reifenwahl. Zunächst wurden Lando Norris und Carlos Sainz auf den Intermediates rausgeschickt. Erst sechs Minuten vor Ende wechselte man auf die Vollregenreifen, die die Konkurrenz schon auf den Radträgern hatte. Norris reihte sich auf der elften Position ein. Allerdings geht es für ihn nachträglich noch um fünf Positionen zurück, weil er in Q1 trotz doppelt gelber Flaggen seine Rundenzeit verbessert hatte. Es sollte nicht die einzige Strafe gegen einen McLaren sein.
Teamkollege Sainz erzielte die 13. schnellste Rundenzeit in Q2, fällt aber nach einem Urteil der Sportkommissare um drei Plätze zurück. Der Spanier hatte Perez blockiert. McLaren fällt geschlossen in Reihe acht. Ebenfalls frühzeitig stieg Pierre Gasly aus. Der Franzose gehört neben Charles Leclerc und Kevin Magnussen zu den Profiteuren der Strafversetzung von Sainz und Norris. Er teilt sich mit dem Dänen die siebte Startreihe. Das ist nur ein kleiner Trost: Alpha Tauri erlebte einen schwachen Samstag.
Grosjean und Latifi fliegen ab
Der erste Qualifikationsteil wurde zur Geduldsprobe. Zwei Mal unterbrach die Rennleitung. Zuerst, weil es immer stärker regnete und die Fahrer sich über schlechte Sichtverhältnisse beklagten. Rennleiter Michael Masi stellte deshalb die Ampel für 44 Minuten auf Rot. Ein Laster trocknete den Asphalt und beseitigte den Dreck in den Kurven sieben und zwölf. Kurz nach der Wiederaufnahme verabschiedete sich Romain Grosjean in Kurve eins ins Kiesbett, was zu einer weiteren Pause von fünf Minuten führte.
Der Franzose landete in seinem Haas auf dem 19. Platz. Das gleiche Schicksal ereilte Nicholas Latifi, der seinen Williams in der schnellen Kurve acht auf nasser Strecke wegwarf. Beide rücken am Sonntag um jeweils eine Startposition nach vorn. George Russell fällt mit einer Motorenstrafe – die erste des Jahres – auf den letzten Startplatz. Außerdem scheiterten in Q1 noch der zweite Haas von Kevin Magnussen und Daniil Kvyat im Alpha Tauri. Im entscheidenden Versuch drehte sich der Russe von der Ideallinie. Es war nicht sein erster Ausrutscher am Samstag. Kvyat verfluchte am Funk die Streckenverhältnisse.