"Es geht nicht um Gleichmacherei"

Am 25. Juni fällt der FIA-Weltrat die Entscheidung darüber wie in Zukunft die Formel 1-Kosten gedrückt werden sollen. FIA-Präsident Jean Todt will Alibi-Maßnahmen nicht akzeptieren. Die großen und die kleinen Teams stehen sich weiter unversöhnlich gegenüber.
An dieser Frage kann sich die Zukunft der Formel 1 entscheiden. Der Weltverband und die Formel 1-Teams knobeln gerade aus, wie die Formel 1 günstiger gemacht werden kann. Es gibt tausend Vorschläge, aber keine einvernehmliche Lösung. Schon gar keine vernünftige.
FIA-Präsident Jean Todt hat die Teams gewarnt. Er erwartet von ihnen Vorschläge, die wirklich Kosten sparen. Keine Alibi-Maßnahmen wie das Verbot von Reifen-Heizdecken. Auch mit der Abschaffung der erst kürzlich wieder eingeführten Testfahrten unter der Saison und der Beschränkung der Wintertests auf acht Tage ist es nicht getan. Das spart pro Team zwei Motoren. Mehr nicht.
Das sind Peanuts, die das Problem nicht lösen. Ferrari und McLaren sind sowieso gegen Testrestriktionen. Selbst Red Bull-Teamchef Christian Horner spottet: "Bis jetzt haben wir ungefähr 10.000 Euro gespart." Doch die elf Teams müssen sich im Rahmen der Formel 1-Kommission für ein Programm entscheiden. Sonst nimmt ihnen der FIA-Weltrat am 25.Juni das Heft aus der Hand.
Bei Uneinigkeit der Teams sind dem höchsten Gremium für 2015 zwar die Hände gebunden. Doch für 2016 kann die FIA eigene Pläne durchdrücken. Horner macht dabei eine überraschende Kehrtwende: "Wenn nichts passiert, könnten die Promoter und die Regelhüter die Teams vor die Wahl stellen: Entweder ihr akzeptiert, oder ihr bleibt zuhause."
Geldvernichtungsmaschine der großen Teams
Das Problem bei der Kosten-Diskussion sind die unterschiedlichen Positionen der großen und kleinen Teams. Red Bull, Ferrari, Mercedes und McLaren wollen nicht sparen. Weil sie kapiert haben, dass ihnen mehr Geld Erfolg kauft. Und weil sie ihre aufgeblähten Mannschaften nicht abrüsten wollen.
Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn behauptet, dass die Top-Teams selbst schuld sind, wenn sie so groß geworden sind. "Als wir noch mit BMW zusammen waren, hatten wir keinen Freibrief nach Belieben Personal einzustellen."
An der Spitze der Formel 1 wird gerade ein neuer Geldvernichtungs-Wettbewerb angeschoben. Red Bull hat ihn gestartet. Budgets bis zu 280 Millionen Euro pro Jahr haben vier WM-Titel hervorgebracht. Mercedes hat das kapiert und ebenfalls aufgerüstet. Keiner hat in die Entwicklung des neuen Motors so viel Geld gesteckt wie die Marke mit dem Stern. Mit Erfolg.
Das hat jetzt auch Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo kapiert und seinem neuen Statthalter Marco Mattiacci alle Mittel versprochen, die es braucht um den WM-Titel nach Maranello zurückzuholen. Deshalb bekam Star-Konstrukteur Adrian Newey ein Angebot, das in seinen Dimensionen völlig weltfremd ist.
Der nächste, der den Einsatz nach oben treibt, wird Honda sein. Die Verlierer werden nicht nur die kleinen Teams sein. Sondern auch die drei Verlierer unter den Großen. Weil ihnen die Niederlage zu teuer kommt.
Streit über Kontrolle der Ausgaben
Die Top-Teams haben trotzdem vorerst kein Interesse, dass die Kosten gesenkt oder ihre Möglichkeiten sich von der Konkurrenz abzusetzen beschränkt werden. Das schlimmste wäre für sie eine Budget-Deckelung. Dann lieber gar nicht sparen und dafür den kleinen Teams Kundenautos aufs Auge drücken.
Das löst die eigenen Probleme, nicht aber die der potenziellen Kunden. Inzwischen sickert durch, dass die Top-Teams für ein komplettes Auto mit Motor und Getriebe auch zwischen 60 und 70 Millionen Euro nehmen würden. Dann können die kleinen Teams ihre Autos auch gleich selber bauen.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff redet sich wie seine Kollegen von Ferrari, Red Bull und McLaren damit heraus, dass eine Kostenkontrolle unmöglich sei, weil die Teams und Hersteller unterschiedlich strukturiert sind. Bei vielen schwingt die Urangst mit, man könne sich durch eine Finanzprüfung zu sehr in die eigenen Karten schauen lassen. "Wer nichts zu verbergen hat, hat damit auch kein Problem", kontert Kaltenborn.
Die Teamchefin von Sauber hält dagegen, dass es ein Leichtes sei, alle Teams unter eine einheitlich rechtliche Form zu bringen. Egal ob sie in England, Italien oder Japan sitzen. Sie widerspricht dem Verdacht, die Kleinen wollten über den Umweg der Kostenkontrolle technisch zu den Großen aufschließen.
"Es geht nicht um Gleichmacherei, auch nicht um den plumpen Versuch unsere Konkurrenzfähigkeit durch unfaire Maßnahmen zu verbessern. Es geht darum, dass die Formel 1 nicht in unvernünftige finanzielle Dimensionen abdriftet und sich die kleinen Teams ständig fragen müssen, ob sie den nächsten Monat noch schaffen oder nicht."
Kleine Formel 1-Teams fordern gerechtere Geldverteilung
Die FIA will den Sparplan im Reglement verankert. "Da muss er auch hin, weil sie sonst keine Handhabe gegen die Teams hat, die ihn verletzen", verlangt Force India-Sportchef Bob Fernley.
Unmut macht sich bei den kleinen Teams auch über den ungerechten Verteilungsschlüssel der Rechteinhaber breit. Marussia-Chef Andrey Cheglakov fordert: "Das Geld muss fairer verteilt werden." Es kann nicht angehen, dass Ferrari 171 Millionen Dollar einstreicht und der Zehnte in der Meisterschaft nur 40. Alle tragen zu der Show bei. Nicht nur die Großen. Die vergessen gerne, dass sie ohne die Kleinen nicht fahren können.
Kaltenborn kann sich ein Sparprogramm aus drei Säulen vorstellen. Eine klassische Kostendeckelung mit einer Obergrenze von 200 Millionen Euro zu Beginn, die dann langsam nach unten gesenkt wird. Dazu Regeln, die sinnlose Ausgaben verhindern. Und eine ausgewogenere Ausschüttung der Einnahmen.
Ihrer Meinung nach ist es für die Zukunft der Formel 1 wichtig, ein Signal nach außen zu senden, dass die Kosten begrenzt: "Die Formel 1 hat das Image einer Geldvernichtungsmaschine. Das schreckt Sponsoren ab. Das hat auch die Hersteller 2009 aus der Formel vertrieben. Weil es zu teuer war zu verlieren. Wenn ein renommiertes Team wie McLaren immer noch einen Hauptsponsor sucht, kann etwas nicht stimmen."