Mehr als nur ein Notnagel

Es war ein Rennen voller Zweikämpfe und Unfälle. Hier balgen sich gleich sieben Autos in der Spitzkehre.
Die Chancen auf Formel 1 in Hockenheim stehen gut. Damit käme das bereits totgesagte Motodrom ein zweites Mal zurück. Diesmal sogar ganz ohne finanzielles Risiko. Die Coronakrise macht es möglich.
Hockenheim ist nicht totzukriegen. Schon 2019 sollte es keinen GP Deutschland geben. Hockenheim bekam ihn trotzdem. Nachdem sich die Formel 1 im letzten Jahr mit einem wahren PS-Krimi aus dem Motodrom verabschiedet hatte, war man davon ausgegangen, dass Hockenheim für längere Zeit aus dem GP-Kalender fliegen würde.
Doch jetzt stehen die Chancen nicht schlecht, dass die Königsklasse doch wieder den Hockenheimring beehrt. Weil es da etwas gibt, das die Formel 1 dringend braucht. Eine Rennstrecke mit Formel 1-Prädikat, einen Veranstalter, der das Sicherheitskonzept umsetzen könnte und der bis zu einem gewissen Maß flexibel ist.
Stadt gibt grünes Licht
Nicht alle möglichen Formel 1-Schauplätze können dieses Paket anbieten. Viele Veranstalter stehen vor der Hürde, dass die Politik nicht mitspielt oder die Infektionszahlen im Land noch so hoch sind, dass ein fester Termin nicht eingeplant werden kann. Im Fall von Hockenheim hat die Stadt bereits grünes Licht gegeben und auch die große Politik unterstützt die Idee, wenn man schlüssige Hygienepläne vorlegen kann.
"Dieses Konzept muss zunächst einmal von der Formel 1 und der FIA kommen und dann mit den Ordnungsbehörden und Gesundheitsämtern abgestimmt werden. Die entscheiden dann, ob noch zusätzliche Vorkehrungen getroffen werden müssen. Wir setzen einfach nur um, was von uns verlangt wird", erklärt Geschäftsführer Jorn Teske.
Das macht Hockenheim zum perfekten Notnagel. Doch darauf will sich Teske nicht reduzieren lassen: "Wir sind einerseits abhängig von Silverstone. Wenn dort wegen der Quarantänebestimmungen zum geplanten Zeitpunkt keine Rennen stattfinden können, steigen unsere Chancen. Es ist aber auch keine hundertprozentige Garantie für Rennen bei uns. Andererseits wären wir auch noch nicht raus, wenn Silverstone wie geplant über die Bühne geht."
Es gibt da ja noch ein paar andere Wackelkandidaten in Europa. Und die Formel 1 sucht händeringend nach Schauplätzen. Eine Saison macht nur mit mindestens 15 Rennen Sinn.
Formel 1 nicht um jeden Preis
Hockenheim ist zwar flexibel, kann aber trotzdem nicht jeden Termin für die Formel 1 freiräumen, wie Teske betont. "Wir können die Strecke nicht monatelang offenhalten. Es ist natürlich der Wunsch da, Rennen zu veranstalten, doch wir müssen auch Geld verdienen. Tage, an denen wir unsere Strecke nicht vermieten können, bedeuten für uns Kosten. Das sind rationale wirtschaftliche Entscheidungen. Wir hätten die Formel 1 gerne bei uns, aber nicht zu jedem Preis." Bei Rennen ohne Zuschauer kehren sich die Gesetzmäßigkeiten um. Jetzt muss die Formel 1 eine Streckenmiete zahlen und für die Organisationskosten aufkommen.
Erstmals ganz ohne Risiko für die Veranstalter. "Es ist klar, dass unter den besonderen Bedingungen das gängige Finanzierungsmodell nicht mehr funktioniert", stellt Teske nüchtern fest. Wie hoch die zusätzlichen Kosten bei Rennen ohne Zuschauer sein werden, lässt sich noch nicht ganz beziffern. "Im Innenbereich ändert sich nicht viel. Der Außenbereich wird sich ohne Zuschauer deutlich reduzieren." Keine Besucher, keine spezielle Verkehrsregelung, keine extra Parkplätze, keine Vorkehrungen zur Sicherheit der Fans. Hockenheim hat von seiner Lage her noch Vorteile. Die Zugänge zur Rennstrecke sind relativ einfach zu kontrollieren, um ungebetene Gäste abzufangen.
Unter diesen Bedingungen reicht Hockenheim ein Vorlauf von ein bis zwei Wochen. Einen gewissen Puffer will sich Teske schon einbauen: "Wir kennen das Sicherheitskonzept noch nicht. Es könnte ja sein, dass wir im Rahmen der Sonderauflagen Zäune aufstellen müssen, wo bisher keine Zäune waren."
Prinzipiell sind zwei Rennen am 26. Juli und 2. August möglich. "Dafür bräuchten wir dann im Juni Bescheid." Die Formel 1 muss nicht die einzige Motorsportveranstaltung auf dem Hockenheimring bleiben. Auch die DTM und ADAC Masters haben das Motodrom auf ihrem Spielplan. Teske gibt sich entspannt: "Bis jetzt gilt, dass wir keine Großveranstaltungen mit Publikum bis Ende August haben dürfen. Wir warten ab, wie sich die Politik für die Zeit danach entscheidet. Wir können Geisterrennen veranstalten. Die Frage ist, ob das für jede Motorsportserie Sinn macht."