„Müssen Formel-1-DNA erhalten”
Die Formel-1-Teams streiten hinter den Kulissen heftig über Sparmaßnahmen. Vor allem kleine Teams fordern eine niedrigere Budget-Obergrenze. Doch Ferrari-Teamchef Mattia Binotto warnt vor Entscheidungen, die dem Sport schaden könnten.
In der Corona-Krise stehen die Formel-1-Autos aktuell still. Doch hinter den Kulissen wird so heiß diskutiert wie lange nicht. Wegen der Einnahmenausfälle fordern vor allem die kleinen Teams, die Budgets künftig stärker zu limitieren. Es gehe um die Existenz und um eine sportliche Perspektive, so das Argument der finanziell angeschlagenen Rennställe.
Bei einer Video-Konferenz am Montag (6.4.) wurden bereits verschiedene Möglichkeiten diskutiert, wie man die Ausgaben in Zukunft reduzieren könnte. Dabei stimmten alle Teams überein, dass die für 2021 geplante Budget-Obergrenze noch einmal verringert werden sollte. Nur über die Höhe wurde man sich nicht einig.
Vor allem die großen Teams treten auf die Bremse. Ferrari-Chef Mattia Binotto warnte im Interview mit dem britischen TV-Sender "Sky" vor voreiligen Entscheidungen, die schlecht für den Sport sein könnten. "Wir müssen die DNA der Formel 1 erhalten. Es geht hier um den Wettkampf der Teams. Da müssen wir die richtigen Prioritäten setzen und rationale Entscheidungen treffen. Da darf man sich nicht zu sehr von den Emotionen leiten lassen."
Ferrari will unterschiedliche Budget-Caps
Binotto wehrt sich gegen den Vorwurf, die Sorgen der kleinen Teams nicht ernst zu nehmen: "Wir wissen um die Probleme, mit denen sie gerade kämpfen. Und natürlich müssen wir auch das Thema Kosten ansprechen, um sicherzustellen, dass alle überleben. Aber beim Thema Budget-Cap dürfen wir auch nicht vergessen, dass die Teams über unterschiedliche Strukturen verfügen."
Was die Anzahl der Mitarbeiter und die Größe der Fabriken angeht, unterscheiden sich die 10 Rennställe stark. Binotto gibt dabei aber zu bedenken, dass die kleinen Teams auch von der Arbeit der Großen profitieren: "Werksteams wie Ferrari entwickeln, designen, homologieren und produzieren jedes einzelne Teil des Autos. Andere Teams sind Kunden, die einige Teile einfach einkaufen."
Dieser Faktor sollte laut Binotto auch beim Thema Budget-Cap eingerechnet werden: "Da müssen wir eine gemeinsame Linie finden, bei der die unterschiedlichen Situationen der Teams berücksichtigt werden. Vielleicht liegt die Antwort nicht in einem festen Budget-Cap, das für alle gleich ist."
Ferrari profitiert nicht von Regel-Verschiebung
Dass Ferrari bereit ist Kompromisse einzugehen, habe man schon bei der Verschiebung der neuen Autos auf 2022 bewiesen. Nach sechs Mercedes-Titeln mit dem aktuellen Technik-Reglement hatten die Tifosi schon große Hoffnungen in die nächste F1-Generation gelegt. Doch die kommt nun erst ein Jahr später zum Einsatz.
"Wir müssen bei allen Entscheidungen das große Bild im Auge behalten", so Binotto. "Es wäre sicher nicht vernünftig gewesen, jetzt neue Autos für 2021 zu entwickeln, auch wenn die Entscheidung wohl nicht gerade vorteilhaft für Ferrari ist. Ich hoffe natürlich, dass das Feld mit neuen Autos im Jahr 2022 enger zusammenrückt und wir verhindern können, dass ein Team dominiert."
Auch was die Entscheidungen zum Rennkalender für 2020 angeht, will Ferrari einer gemeinnützigen Entscheidung nicht im Weg stehen. Die F1-Verantwortlichen haben bereits angekündigt, nach der Corona-Krise so viele Rennen wie möglich in den Plan zu quetschen, um die Einnahmenausfälle für alle Parteien möglichst gering zu halten.
Binotto hofft auf viele Rennen
"Wir wissen, dass das sportliche Reglement mindestens acht Rennen für eine richtige Weltmeisterschaft verlangt. Aber wir hoffen natürlich alle, dass es ein paar mehr werden", so Binotto. "Wir müssen bei der Planung flexibel sein. Von unserer Seite sind wir für alles bereit, was notwendig ist. Ob es sich um verkürzte Wochenenden handelt oder doppelte Rennen – wir müssen einfach sicherstellen, dass wir den Fans ein paar gute Rennen bieten."
Hinter den Kulissen wird auch bereits darüber diskutiert, die Saison bis in das Jahr 2021 zu ziehen, um zusätzliche Events durchzuführen. Auch hier will Ferrari den Verantwortlichen nicht im Weg stehen: "Wir müssen natürlich erst einmal abwarten, wie sich die Situation entwickelt. Aber von unserer Seite sind wir darauf vorbereitet. Wenn man sich dafür entscheidet, dann werden wir das unterstützen."