Porsche 917 wird 50
Als Porsche den 917 auf dem Genfer Salon zeigte, war noch nicht klar, wie erfolgreich das Auto sein würde – oder ob die Homologationsautos fertig würden. Sie wurden, doch fahren wollten zunächst sogar Werksfahrer nicht.
Eins ist sicher: Der Porsche 917 mit der Chassisnummer 001 wird auf der Retro Classics in Stuttgart (7. bis 10. März) für wesentlich mehr Rummel sorgen als vor 50 Jahren in Genf. Das Porsche Museum hat das Auto wieder in den Zustand der Premiere versetzt und zeigt ihn in seiner Ur-Form zum ersten Mal seit fünf Jahrzehnten in der Öffentlichkeit. „Der 917 war das ultimative Tier unter den Rennwagen, ein dramatischer Auftritt“, meinte Ferdinand Piëch der Vater des Sportwagen-Projekts.
12-Zylinder mit 520 PS
Am 12. März 1969 stand der Porsche 917 dort auf dem Automobilsalon im Rampenlicht. Was damals niemand ahnt: In Genf feiert vor 50 Jahren eine Rennwagenlegende ihre Premiere. Der „Sportwagen für schnelle Strecke wie Spa, Monza und Le Mans“ wurde bereits vorab in auto motor und sport vorgestellt: „ Zwölfzylindermotor (wie üblich luftgekühlt) mit offiziell zugestandenen 520 PS, der der Langheckausführung zu 350 km/h Höchstgeschwindigkeit verhilft.“ Der Verkaufspreis betrug 140.000 Mark. Um als „Sportwagen“ gemäß der damaligen Gruppe 4 zugelassen zu werden, musste Porsche 25 identischen Exemplare bauen.
Piëch im Grenzbereich
Piëch erinnerte sich in seiner Auto-Biographie: „Der 917 lief im Grenzbereich, wie immer man ihn anschaute: leistungsmäßig, in seiner aerodynamischen Machbarkeit, in seiner Beherrschbarkeit durch die Piloten, im Handling der Firma und in der Familienverträglichkeit der Piechs und Porsches.“ Die Vorstellung des neuen Rennwagenprojekts fand eher in aller Stille statt: Nur Ferdinand Piëchals Leiter der Technischen Abteilung und Werksfahrer Gerhard Mitter posierten neben dem neuen Hoffnungsträger.
Statt 25 waren erst zwei Autos fertig
Die Firmenspitze um Ferry Porsche und Pressechef Huschke von Hanstein: Fehlanzeige. Von dem kostspieligen und waghalsigen Projekt wollte von den Firmenoberen niemand etwas wissen. Drohte das Projekt zu scheitern? Sogar Piëchverspürte Muffensausen: „Ich hatte ein mulmiges Gefühl, auf was ich mich da eingelassen hatte.“ 2002 kommentierte Piech: „Aber gerade aus jetziger Sicht, wo ich selbst eine solche Kühnheit nicht mehr verantworten würde, sehe ich das ganze Projekt 917 als durchaus nützlichen Irrwitz.“ Die Frontpartie des Premiere.-917 war grün lackiert – die Farbe der Hoffnung. Doch die schwand schon acht Tage nach der Premiere in Genf. Die Inspektoren des Motorsportverbands CSI verweigerten die Zulassung. Statt der geforderten 25 fahrfertigen Autos konnte Porsche nur zwei Exemplare präsentieren, 18 Autos befanden sich noch im Aufbau, für sieben weitere lagen die Ersatzteile bereit. Bei der zweiten Inspektion am 21. April konnten alle 25 Rennwagen vorgestellt werden, und ab dem 1. Mai war der 917 offiziell als Sportwagen homologiert.
Bei 350 km/h hob das Heck ab
Für den ersten Renneinsatz beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring musste Porsche-Rennleiter Rico Steinemann sich für den 917 nach Aushilfsfahrern umsehen: Kein Werksfahrer war bereit, diesen Rennwagen über die Nordschleife zu steuern. So trugen sich David Piper und Frank Gardner in die Geschichtsbücher ein: erster Start, erste Zielankunft mit defensiver Fahrweise.
Kurt Ahrens, damals einer der Porsche-Werksfahrer, hat das tückische Fahrverhalten des in nur neun Monaten entwickelten Autos noch lebhaft im Gedächtnis. Er wird auf der Retro Classics von der Entwicklung und den ersten Renneinsätzen berichten: „Nach einer Vollgasphase hart auf die Bremse zu treten, war unmöglich. Dann stieg sofort das Heck hoch. Und bei Tempo 350 schwänzelte das Heck derart, dass man sich unglaublich konzentrieren musste. Es war der reinste Horror.“ Beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans erzielten Ahrens und Rolf Stommelen trotz dieses Fahrverhaltens die schnellste Trainingszeit. Im Rennen führten sie 20 Stunden lang, ehe die Kupplung aufgab. Ahrens war dann auch am ersten 917-Erfolg beteiligt: Gemeinsam mit Jo Siffert gewann er das Weltmeisterschaftsfinale in Österreich. 1970 und 1971 prägten die 917 die WM: 14 Siege in insgesamt 21 Rennen.