Silberpfeil-Bremshutzen illegal?

Red Bull hat bei der FIA wegen der Legalität der hinteren Bremshutzen des Mercedes und einiger anderer Fahrzeuge nachgefragt. Die FIA verfügte in einer neuen Direktive, dass betroffene Teams ihre Radträger für Melbourne umbauen müssen.
Noch vor dem Saisonstart feuern die Teams gerade untereinander jede Menge Breitseiten ab. Ferrari steht wegen der Motor-Affäre unter Druck. Aber auch die Konkurrenz der Scuderia ist sich nicht einig. So geht Red Bull aktuell gegen Erzfeind Mercedes vor. Ein Streitpunkt ist immer noch die aktive Spurverstellung „DAS“, die über das Lenkrad gesteuert wird. „Unsere Anwälte prüfen, ob das “ DAS„-System legal ist“, kündigte Red Bull-Sportchef Helmut Marko an.
Red Bull hat aber noch eine zweite Front gegen Mercedes eröffnet. Nach Meinung der Ingenieure im Team sind die hinteren Bremsbelüftungen einiger Teams nicht regelkonform. Darunter auch Mercedes, möglicherweise auch Racing Point.
Es geht darum, dass sich diese Konstruktionen oberhalb der erlaubten Zone einen zusätzlichen Luftschacht „erschwindeln“. Diese Luft wird dann zur Kühlung der Bremsen oder Felgen benutzt. Das könnte beim Reifenmanagement ein entscheidender Vorteil sein.
Die FIA hat auf Anfrage eine Klarstellung verfasst. Die Technische Direktive TD 014/20 verbietet sämtliche Luftschächte in der verbotenen Zone, und zwar schon ab dem Saisonstart in Melbourne. Besagte Teams sind jetzt zu einem schnellen Umbau gezwungen.
Teams müssen bis Melbourne reagieren
Über was reden wir hier genau: Die hinteren Bremsbelüftungen sind kunstvoll zwischen den Querlenkern der Hinterradaufhängung und dem Radträger eingeflochten. Das Reglement erlaubt Luftschächte aber nur in einem Bereich zwischen der Straße bis 160 Millimeter oberhalb der Radmitte.
In Artikel 11.5. des Technischen Reglements ist klar geregelt, dass sämtliche Teile des Radträgers oberhalb dieses Bereichs nur eine strukturelle Aufgabe erfüllen dürfen. Luftschächte sind in dieser Zone nicht erlaubt.
Gewisse Teams, wie sich die FIA ausdrückt, haben am oberen Rand des Radträgers aber eine Halterung gebaut, der die Form eines umgekehrten „V“ hat. FIA-Technikdirektor Nikolas Tombazis räumt ein, dass die Definition der betreffenden Regel nicht perfekt ist, fordert die Teams aber auf, nicht dem Geist des Reglements zu widersprechen.
Am Mercedes W11 erkennt man oberhalb der Radmitte zwei Luftschächte im erlaubten Bereich. Darüber macht der Anlenkpunkt des oberen Querlenkers eine Ausbuchtung nach oben. Er teilt sich in Form eines auf dem Kopf stehenden „V“ in zwei Stege. Der äußere ist mit dem Radträger verbunden, der innere mit dem Bremsbelüftungsschacht.
Dazwischen verbindet ein massiver Karbon-Ausleger Radträger und Bremshutze. So bildet sich zwischen diesem Dreieck aus Streben ein zusätzlicher Schacht, der jedoch oberhalb der 160 Millimeter Grenze liegt.
Teams müssen Radträger modifizieren
Die FIA räumt ein, dass alle drei Elemente offensichtlich tragende Funktion haben, doch sie erkennt in der Anordnung einen primären aerodynamischen Nutzen. Weil an der Stelle geschickt ein zusätzlicher Schacht geschaffen wurde, der oberhalb der erlaubten Zone Luft in Richtung der Felgen bläst. Dieser Trick wurde in der Klarstellung für illegal erklärt.
Die FIA bietet den Teams, die nun in Eile ihren hinteren Radträger umbauen müssen, zwei Lösungen an: Entweder es wird am hinteren Ende des Rahmens ein Auslass geschaffen, der so groß ist wie der verbotene Einlass. So wird die Luft einfach nach hinten durchgeleitet. Am Mercedes konnte man in Barcelona bereits erkennen, dass im hinteren Bereich der Querlenker ein Loch ist. Der Auslass ist aber deutlich kleiner als der Einlass.
Als Alternative kann der Schacht auch einfach komplett geschlossen werden. Auch mit dieser Lösung kann sichergestellt werden, dass keine Luft zur Brems- oder Felgenkühlung abgezweigt wird. Wer die zweite, „einfachere“ Variante bevorzugt, darf das als Provisorium allerdings nur bei den ersten beiden Rennen tun. Danach erwartet die FIA ein neues, regelkonformes Design der Radträger und Bremsbelüftungen.
In der Galerie erklären wir das Problem noch einmal anschaulich mit Detailfotos von den Testfahrten.