Geht die Rechnung auf?
Der Rettungsschirm für die Formel 1 ist gespannt. Doch wie viel bringt er tatsächlich? Können kleine Privatteams ihre Defizite damit decken? Wir haben uns bei den Rennställen umgehört.
Jetzt müssen nur noch alle überleben. Der Rettungsschirm der FIA wird nicht alle Wunden für 2020 heilen, aber er hilft den Formel-1-Teams, die Zeit bis 2021 zu überbrücken. Und wenn diese Hürde geschafft ist und nächstes Jahr das Geld wieder normal fließt, dann können sich die Teams 2021 das Geld zurückholen, das sie in diesem Jahr verlieren werden.
Ganz ohne Minus geht in diesem Jahr keiner aus der Saison. Wenn die Formel 1 noch 15 Rennen schafft, fließen wenigstens die TV-Gelder und die Zahlungen der Serien- und Streckensponsoren. Es fehlen aber die Antrittsgelder und der Paddock Club.
Kurzarbeit hilft nur bedingt
Nach Berechnungen der Teams entspricht das 60 bis 65 Prozent der üblichen Einnahmen. Weil Liberty im Moment mit 40 Prozent weniger rechnet als normal, fallen die Ratenzahlungen an die Teams entsprechend geringer aus. Im Februar gab es noch die Abschlusszahlung für 2019.
Seit März wird über neun Monate hinweg ein Betrag ausbezahlt, der sich nach den Gesamteinnahmen berechnet, die von der Formel 1 für diese Saison erwartet werden. Ein Team, das bei einer normalen Saison mit 22 Rennen monatlich eine Summe von sechs Millionen Dollar bekommen hätte, muss sich jetzt mit 3,6 Millionen begnügen. Die letzte Auszahlung im Februar 2021 korrigiert dann den Fehlbetrag in die eine oder andere Richtung.
Wer kein großes finanzielles Polster in der Hinterhand hat, kommt schnell in Schwierigkeiten. Wie McLaren, wie Williams. Die Traditionsteams müssen ihr Tafelsilber beleihen, um kurzfristig an Geld zu kommen. Die Kurzarbeit hilft nur bedingt beim Sparen. "Der Staat zahlt nur für drei Monate und auch nur bis zu einer Obergrenze von 2.500 Pfund pro Angestellten. Den Rest müssen wir draufdeckeln", erklärt Racing-Point-Teamchef Otmar Szafnauer.
2021 kann Minus von 2020 reduzieren
Teams wie Racing Point und Haas rechnen, dass sie sich in dieser Saison nur 20 Prozent der üblichen Ausgaben sparen. 15 Rennen sind billiger als 22. Es fallen weniger Kosten für Reisen und Fahrzeugteile an. Auch der Entwicklungsaufwand reduziert sich bei der komprimierten Saison.
Racing Point plant mit nur einem großen Upgrade. Haas wird möglicherweise nur kleine Modifikationen am VF-20 anbringen. "Die Löhne laufen weiter. Da ist die Kurzarbeit nur eine kleine Erleichterung", erklärt Szafnauer. Der größte Posten ist bereits verbraten. "Die neuen Autos und Ersatzteile wurden produziert. Wenn wir nicht fahren, ist das totes Kapital."
Unter dem Strich müssen die Teams für dieses Geschäftsjahr also mit einem Minus von rund 20 Prozent rechnen. Das kann aber 2021 bei vollen Einkünften zu einem Teil kompensiert werden. Weil die Entwicklung des 2021er Autos stark eingeschränkt ist und die Homologation eine Übernahme vieler Komponenten bedingt. "Wir müssen kein neues Auto bauen und brauchen auch nicht mehr so viele Teile wie sonst", rechnet Haas-Teamchef Guenther Steiner vor.
Allein die um 28 Prozent reduzierte Windkanalzeit spart nach Berechnungen der Ingenieure 20 bis 30 Prozent des üblichen Etats in diesem Bereich. "Am Ende werden wir über zwei Jahre vielleicht zehn Prozent verlieren", schätzt Szafnauer. Das trifft die kleinen Teams nicht mehr so hart wie früher.
Der neue Kostendeckel von 145 Millionen Dollar sorgt dafür, dass auch die großen Teams Federn lassen müssen und der Unterschied zum Rest nicht mehr so stark ins Gewicht fällt. Von einer totalen Chancengleichheit kann trotzdem nicht die Rede sein. "Wir werden am Anfang nicht das volle Budget erreichen", kündigt Szafnauer an. Auch Kollege Steiner räumt ein: "Wir liegen 2021 unter unserem individuellen Budgetdeckel."