F1 darf nicht erpressbar sein!
Red Bull will mit Honda-Motoren in Eigenregie weiterfahren und fordert im Ausgleich einen Entwicklungsstopp. Egal, ob richtig oder falsch: Die Formel 1 darf jetzt nicht nachgeben, sonst macht sie sich immer erpressbar, meint Michael Schmidt.
Viele werden sagen: Hinterher ist man immer schlauer. Doch wir warnen schon seit Jahren davor, dass sich die Formel 1 erpressbar gemacht hat. Und leider auch nichts dagegen unternimmt. Die Königsklasse steht auf zwei wackligen Beinen. Es gibt zu wenige Teams und zu komplexe Motoren. Bei zehn Teilnehmern kann man sich keinen Ausfall leisten. Jeder, der jetzt droht, hat gute Karten.
Die Gier verhindert, dass wir auf zwölf Teams aufstocken. Das wären ja zwei mehr, mit denen man sich den Kuchen teilen muss. Die Hybridantriebe, die 2014 als Weg in die Zukunft gepriesen wurden, sind Weltraumtechnologie. Vier Hersteller haben sich auf das Abenteuer eingelassen. Damit ist die Tür zu.
Private Hersteller können einen solchen Motor nicht bauen, und Autokonzerne werden nicht eine Milliarde Euro investieren, um in fünf Jahren vielleicht einmal erfolgreich zu sein. Es ist eine Sackgasse, wie der Ausstieg von Honda zeigt.
Komisch, dass immer erst so etwas passieren muss, damit die Leute aufwachen. Natürlich überlebt die Formel 1 auch mit drei Herstellern. Notfalls würde sogar ein Alleinausrüster reichen. Aber wollen wir das? Nein, wir wollen weder Teams noch weitere Motorenhersteller verlieren. Deshalb ist man um jede Notlösung froh.
Ferrari gegen Einfrieren der Motoren
Als Red Bull ankündigte, dass man das Honda-Erbe im Alleingang weiterführen will, haben alle applaudiert. Als sie es mit der Forderung verbunden haben, dass die Motorenentwicklung auf dem Stand von Ende 2021 eingefroren werden muss, waren schon nicht mehr alle dafür. Ferrari stellt sich gegen den Vorschlag.
Ich muss sagen: Ferrari hat Recht. Weil einer Erpressung eine zweite folgt. Weil das unsere Hauptprobleme nicht löst. Wir fahren mit zehn Teams weiter an der untersten Grenze, und wir haben weiter einen Motor, der uns von wenigen Herstellern abhängig macht.
Wenn die Formel 1 als Folge dessen die Einführung der E-Fuels verschiebt, nur um Red Bull einen Gefallen zu tun, dann schießt sie sich ein grandioses Eigentor. CO2-neutraler Kraftstoff wird unsere Lebensversicherung. Je schneller er kommt, umso besser.
Red Bull wäre gut beraten, bei Ferrari oder Renault shoppen zu gehen. Für mich ist das Projekt in Eigenregie Selbstmord, auch bei einem Entwicklungsstopp. Und obendrein viel teurer als die Kundenlösung. Wenn Hersteller wie Renault und Honda trotz jahrelanger Erfahrung weiterhin Qualitätsprobleme haben, wie will das ein Red Bull besser machen?
Wenn irgendein konstruktives Problem auftaucht, wie sollen sie das lösen? Das klappt auch mit Partnern wie der AVL oder Ilmor nicht. Helmut Marko und Christian Horner sollten misstrauisch werden, wenn Mercedes diesen Plan unterstützt und für einen Entwicklungsstopp plädiert. An Stelle von Toto Wolff würde ich das auch tun. So schaffe ich mir einen lästigen Konkurrenten vom Hals.
Mercedes unterstützt Red-Bull-Plan
Es sagt viel aus, wenn sich Mercedes und Renault plötzlich mit einer Entwicklungsbremse anfreunden können. Haben sie uns nicht immer erzählt, dass sie in der Formel 1 sind, um neue Technologien für die Serie auszuprobieren? Wenn Stillstand ausreicht, können wir auch gleich auf ein einfacheres Antriebskonzept umschwenken.
Die CO2-neutralen E-Fuels geben uns die Chance dazu. Und Hybrid kann ja immer noch Teil des Konzepts sein. Das ist ohnehin nur ein Feigenblatt für die Marketingabteilungen. Die brauchen das Wort Hybrid im Namen, nicht die Technologie dahinter.
Bis jetzt hat nichts von den aktuellen Antrieben den Weg in die Serie gefunden. Wenn keine Entwicklung mehr stattfinden darf, gesteht man sich genau das ein. Sparen geht auch anders. Verpasst den Motorherstellern ein Budgetlimit! Und in diesem Rahmen darf produziert und entwickelt werden.