„Halo hat sein Leben gerettet“
Trotz der scharfen Schiene und der hohen Temperaturen hielt der Cockpitschutz stand. Fahrer und Teamchefs priesen ihn danach als Lebensretter.
Romain Grosjean hatte bei seinem Horror-Unfall in Bahrain einen Schutzengel im Auto. Der Franzose kam mit einem großen Schreck und Verbrennungen davon. Die Formel 1-Gemeinde war sich einig. Der Halo rettete ihm das Leben.
Im drittletzten Formel-1-Rennen seiner Laufbahn erlebte Romain Grosjean seinen schwersten Unfall. Der 34-jährige Franzose überlebte beim GP Bahrain einen Feuerunfall. Beim Anblick der Bilder fragte sich jeder, wie das überhaupt gehen konnte. Grosjean war in der dritten Kurve mit dem rechten Hinterrad über das linke Vorderrad des Alpha Tauri von Daniil Kvyat gefahren und schoss danach wie ein Torpedo mit etwa 220 km/h von der Strecke.
Seine Irrfahrt endete nur wenige Meter später in der Leitplanke. Der Haas traf die Stahl-Mauer zuerst mit dem rechten Vorderrad, drehte sich ein, bevor ein Stahlpfosten auf der Hinterseite das Auto in zwei Stücke schlug. Der hintere Teil des Autos samt Hinterachse, Heckflügel, Motorabdeckung, Motor und Getriebe landete vor der Streckenbegrenzung. Das Monocoque bohrte sich tief in die Leitplanke.
Fahrer und Teams danken FIA
Grosjean hatte Riesenglück, dass der Halo.Bügel über dem Cockpit seinen Kopf schützte. Und dass sich die Überlebenszelle soweit durch die Leitplanke gefressen hatte, dass der Ausstieg nicht durch eine der Stahlstreben verbaut war. Grosjean blieb trotz immenser g-Kräfte bei Bewusstsein, schnallte sich aus, kletterte aus dem Chassis und rettete sich innerhalb von 27 Sekunden aus der Feuerhölle.
Die Flammen hatten sich vermutlich entzündet, weil beim Einschlag ein Loch in den Tank gerissen wurde, der lose neben dem Unfall.agen lag. Es muss ein kleiner Einschnitt und wenig Benzin gewesen sein. Sonst hätte es eine große Explosion gegeben. Für den Start dürfen die Teams gemäß Reglement 110 Kilogramm an Sprit mitführen.
Der Unfall.ilot verletzte sich nach Angaben seines Teams nicht schwer. Grosjean habe sich Verbrennungen zweiten Grades am Handrücken zugezogen. Meldungen über einen Bruch zweier Zehen waren offenbar falsch. Die Röntgenaufnahmen haben keine Brüche offengelegt. Grosjean wird die Nacht im Militärkrankenhaus von Bahrain verbringen.
Die Fahrer dankten dem Schutzengel und der FIA für ihre unermüdliche Arbeit in den letzten Jahrzehnten, um die Sicherheit der Autos zu verbessern. Vor ein paar Jahren hätte Grosjean diesen Unfall aller Wahrscheinlichkeit nach nicht überlebt. Wir haben die Stimmen aus dem Fahrerlager gesammelt.
Die Stimmen aus dem Fahrerlager
Haas-Teamchef Guenther Steiner: "Romain stand anfangs natürlich unter Schock. Er hat sich die Verbrennungen zugezogen. Zum Glück waren die Streckenposten und das Medical Car sofort an der Unfall.telle. Ihnen gehört unser Dank. Als ich den Unfall sah, hoffte ich nur, dass wir Glück im Unglück haben. Das ist zum Glück eingetreten. Ein Schutzengel war mit an Bord. Ich habe bereits mit ihm telefoniert. Zunächst war besetzt, weil er mit seinem Sohn gesprochen hatte. Romain hat am Telefon bereits Witze gerissen. Ich werde ihn morgen im Krankenhaus besuchen. Dann sehen wir weiter, ob er in der Verfassung ist, nächste Woche zu fahren."
Daniil Kvyat (Alpha Tauri): "Ich habe mich erst darüber aufgeregt, was Romain da macht. Doch als ich in den Rückspiegel schaute und das Feuer sah, dachte ich sofort anders."
Alpha Tauri-Teamchef Franz Tost: "Daniil stand unter Schock. Er hat am Funk sofort nachgefragt, wie es Romain geht. Ich musste ihn in der Pause aufrichten. Ihm sagen, dass das nicht seine Schuld war. Romain ist sehr aggressiv und sehr schnell von links nach rechts gezogen. Da konnte Daniil nichts machen."
Alan van der Merwe (Fahrer des Medial Cars): "Wir sind erleichtert, dass es ihm den Umständen entsprechend gut geht. Die Protokolle haben sehr gut funktioniert. Wir waren schnell da. Die Verbesserungen an der Sicherheit der Autos in den letzten Jahren und Jahrzehnten haben sich ausgezahlt. Der Halo, die Leitplanke, die Sitzgurte: Wäre nur eine Variable abgewichen, hätte es schlimm enden können."
Red Bull-Teamchef Christian Horner: "Ich will mir gar nicht ausmalen, welche g-Kräfte gewirkt haben. Vor der Einführung des Halo hätte ein Fahrer einen solchen Unfall nicht überlebt. Dann wäre der Kopf mit voller Wucht gegen die Leitplanke geknallt. Der Halo stand oft in der Kritik, weil er die Autos nicht schöner macht. Aber Grosjean verdankt ihm sein Leben. Hut ab vor der FIA, dass sie ihre Linie durchgehalten haben, und nicht eingeknickt sind. Dieser Unfall wird auf den Aufmacherseiten der Zeitungen zu sehen sein. Es zeigt, wie sicher die Formel 1 ist, dass ein Fahrer aus einem geteilten Auto selbstständig ausgestiegen ist.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff: "Dieser Unfall war ein Riesen-Schock. Ich sehe es als völlig verrückten Unfall unter unglücklichen Umständen. Das Auto hat wie ein Messer in die Leitplanke geschnitten. Wenn man sich die Bilder im Nachgang anschaut, werden sie mit jedem Mal nur noch furchteinflößender. Es kam alles Glück der Welt zusammen. Plus die Marshalls, die schnell vor Ort waren und die FIA-Mitarbeiter um Ian Roberts. Wir sind alle froh, dass Romain dem Feuer entkommen ist. Ich war nie ein Fan des Halo. Weil er die Autos optisch hässlich macht. Aber heute hat der Halo zum zweiten Mal einem Fahrer das Leben gerettet. Ich will mir gar nicht vorstellen, was ohne den Halo passiert wäre."
"Die Fahrer brauchen viel Mut, um nach so einem Unfall und solchen Bildern wieder in das Auto zu steigen. Sie sitzen in Autos, die über 350 km/h schnell sind. Sie sind Gladiatoren. Die weiten Winkel der TV-Kameras bringen die Geschwindigkeiten nicht richtig rüber. Der Unfall ist eine Erinnerung, dass hier die besten Fahrer der Welt, die mutigsten Piloten überhaupt, nicht einfach nur dem Sonnenuntergang entgegenfahren."
"Wenn sich Romain schwerer verletzt hätte, hätten wir unsere Autos zurückgezogen. Das Leben ist wichtiger, als Rennen zu fahren. Wir sollten die Wiederholungen des Unfalls zeigen. Da braucht es Transparenz. Ansonsten hält irgendwer mit einer Handy-Kamera drauf und stellt es ins Internet. Die Aufnahmen sieht man so oder so."
Lewis Hamilton (Mercedes): "Wir sind Konkurrenten auf der Strecke. Aber wir Fahrer wollen immer, dass alle sicher sind. Wir riskieren in diesem Sport unser Leben. Das sollte nach dem heutigen Unfall wieder allen bewusst sein. Man hat gesehen, welche Energie bei so einem Aufprall freigesetzt wird. Zum Glück haben wir den Halo. Sonst hätte er sich beim Einschlag entweder aufgeschlitzt oder den Kopf abgeschnitten.
"Es war nicht einfach, sich nach der Unterbrechung sofort wieder zu konzentrieren. Ich habe an Romain und seine Familie gedacht. Aber wir müssen weitermachen. Das ist unsere Arbeit. Ich musste den Helm wieder aufschnallen und nur an das Rennen denken. Sonst hätte ich nicht gegen Max gewonnen."
Max Verstappen (Red Bull): "Das war ein völlig verrückter Unfall. Ich habe ein großes Feuer gesehen. Das hat mir einen großen Schrecken eingejagt. Ich hoffe, Romain erholt sich schnell von seinen Verletzungen. Der Halo hat sein Leben gerettet. Anfangs war ich kein Freund des Cockpitschutzes. Weil er hässlich ist. Aber er bringt Sicherheit. Dagegen kann man nichts sagen. Es ist unser Job, wieder ins Auto zu springen und zu fahren. Ein Fahrer, der das nicht macht, würde ich als Teamchef rausschmeißen."
Alexander Albon (Red Bull): "Ich habe auf dem Bildschirm ausgangs der achten Kurve einen riesigen Feuerball gesehen. Ich wollte sofort wissen, was passiert ist und welcher Fahrer involviert ist. Das Team konnte es mir nicht sage. Es braucht immer etwas Glück. Der Ausgang ist das beste Zeugnis für die Sicherheit in der Formel 1."
Sebastian Vettel (Ferrari): "Ich bin in meinen Ruheraum gegangen. Ich habe mir den Unfall.ergang nicht oft angeschaut. Ich weiß, viele Leute stehen auf solche Bilder mit Feuer. Aber hier geht es um Menschen. Ich finde, wir sollten solche Unfälle nicht zu oft im TV zeigen."
McLaren-Teamchef Andreas Seidl: "Das Ergebnis ist zweitrangig. Das wichtigste ist, dass es Romain und Lance gut geht. Ich habe kurz mit meinen Fahrern vor dem zweiten Start gesprochen. Jeder verarbeitet das auf seine Weise. Carlos und Lando haben sich die Unfall.ilder an der Boxenmauer angesehen. Das war ihre Art, damit umzugehen. Eine hundertprozentige Garantie gibt es im Motorsport nie. Das müssen wir akzeptieren."
Carlos Sainz (McLaren): "Jedes Mal, wenn wir in diese Autos steigen, riskieren wir unser Leben. Dieser Unfall ist eine Erinnerung daran. Ich bin sehr froh gewesen, als ich Romain aus dem Auto habe klettern sehen."
Sergio Perez (Racing Point): "Die heutigen Ereignisse machen meinen Ausfall fast unbedeutend. Ein Podium mehr oder weniger: Das spielt keine Rolle. Wichtig ist es, dass Romain immer noch unter uns ist. Ich wünsche ihm eine schnelle Genesung."
Daniel Ricciardo (Renault): "Ich will gar nicht groß über mein Rennen sprechen, sondern meinen Ekel und meine Enttäuschung gegenüber der Formel 1 zum Ausdruck bringen. Sie haben wieder und wieder den Unfall abgespielt. Das war respektlos gegenüber seiner Familie – gegenüber all unseren Familien. Wir sollen eine Stunde später ein Rennen fahren. Jedes Mal, wenn wir in den Fernseher schauen, sehen wir einen Feuerball, und sein Auto, das in der Hälfte geteilt ist. Wir können uns das morgen ansehen, aber nicht heute. Für mich war das Entertainment. Sie haben mit unseren Emotionen gespielt. Ich hoffe, dass mehr Fahrer das ausgesprochen haben. Wenn wir nicht alle so fühlen, wäre ich wirklich überrascht."