Hamilton fordert bessere Reifen

Wir haben die zehn Teams am Donnerstag in Spa auf Neuigkeiten abgecheckt. Perez bleibt weiter zuversichtlich, dass er seinen Platz bei Racing Point behält. Hamilton fordert von Pirelli bessere Reifen, und Verstappen will keine falschen Hoffnungen wecken.
Die Fahrerlager-Tore bleiben für uns weiter geschlossen. Der GP-Zirkus kehrte im Gedenken an Anthoine Hubert nach Spa zurück. Der Franzose war vor einem Jahr im Formel 2-Rennen im Streckenabschnitt Radillon tödlich verunglückt, nachdem sein Dallara mittschiffs von Juan Manuel Correa getroffen worden war.
George Russell sprach aus, was alle denken: "Wir fahren hier in Gedenken am Anthoine." Lewis Hamilton macht Spa eine Liebeserklärung: "Solche Strecken werden heute nicht mehr gebaut. Das einzige, mit was sich Spa vergleichen lässt, ist die Nordschleife am Nürburgring."
Mercedes
Lewis Hamilton bringt das Geheimnis von Spa auf einen Punkt. Es ist der goldene Kompromiss zwischen Top-Speed und Abtrieb. "Du kannst mit viel Abtrieb fahren und auf der Pole Position stehen. Aber dann bist du vielleicht am Ende der ersten Runde nicht mehr vorn."
Der Weltmeister erneuerte seine Forderung nach besseren Reifen. "Jedes Jahr stellen wir fest, dass Pirelli nicht die Reifen liefert, die wir uns wünschen. Von all den Reifen, die sie gebaut haben, war der Hypersoft der beste. Wenn der länger halten würde und nicht überhitzt, wäre das ein guter Schritt." Der Weltmeister glaubt, dass mehr mechanischer Grip die Qualität der Rennen verbessern würde. "In den Turbulenzen verlierst du so viel Abtrieb, dass du Grip von den Reifen brauchst."
Für Valtteri Bottas ist das Reifenthema im Moment zweitrangig. Der Finne sucht seine Form. "Wenn ich noch Weltmeister werden will, muss ich langsam damit anfangen, den Rückstand auf Lewis und Max aufzuholen." Der Finne nutzte das freie Wochenende, den Kopf frei zu kriegen und die Batterien neu aufzuladen. Er kam mit neuem Mut nach Spa. "Morgen verbringe ich auf der besten Strecke der Welt meinen Geburtstag im besten Auto der Welt."
Ferrari
Vorjahressieger Charles Leclerc fürchtet, dass Ferrari in diesem Jahr in Spa kleinere Brötchen backen muss. Ein Sieg wie im Vorjahr ist außer Reichweite. Diesmal funktioniert auch ein Setup-Trick wie in Silverstone nicht. "Alle werden hier mit wenig Abtrieb fahren. Deshalb fürchte ich, dass wir in den Sektoren mit den langen Geraden viel Zeit verlieren."
Keine Neuigkeiten zu Sebastian Vettel. Der Ferrari-Pilot meinte zu seiner Zukunftsplanung: "Kramt die Antworten von der letzten Pressekonferenz hervor. Das gilt auch heute noch." Das Boxenfunk-Chaos vom GP Spa.ien ist schon wieder vergessen. "Die Entscheidung, die wir gemeinsam getroffen haben, war richtig. Es war ein Risiko draußen zu bleiben, aber es hat sich ausgezahlt. Vielleicht hätte die Kommunikation etwas besser sein sollen. Ich hätte deutlicher sagen können, was ich im Auto spüre, und das Team hätte mir ihre Meinung klarer rüberbringen können."
Red Bull
Red Bull bleibt Mercedes auf den Fersen, obwohl der Unterschied auf der Strecke größer ist als in den Punkten. Max Verstappen hat längst aufgehört, sich die Realität schön zu reden. In Barcelona machten sich die Optimisten im Team Hoffnung, die große Hitze könnte Red Bull einen Trumpf in die Karten spielen. Trotzdem war Mercedes haushoch überlegen.
Das gleiche gilt für die weicheren Reifen, die Pirelli mit nach Spa gebracht hat. Bei den prognostizierten niedrigen Temperaturen werden die Mischungen C2, C3 und C4 für keinen im Feld ein Problem darstellen.
Max Verstappen bilanziert die ersten sechs Rennen: "Eigentlich müssten beide Mercedes in der Punktetabelle vor mir liegen. Bottas hatte wie ich eine Nullrunde. Deshalb kann ich mit meinem zweiten Platz in der WM zufrieden sein. Wir haben eigentlich mehr abgeliefert als wir können. Wenn wir ehrlich mit uns selbst sind, dann müssen wir zugeben, dass wir zu langsam sind. Wir brauchen entweder Glück oder Pech von Mercedes, um vor ihnen zu landen."
Für Spa sieht Verstappen Motor-Power als das größte Problem. Honda hat über den Winter zwar zugelegt, aber Mercedes noch mehr. Daran wird auch die Beschränkung auf einen Motor-Modus nicht viel ändern. "Wir werden in der Qualifikation ein bisschen näherkommen. Zum Aufschließen reicht das nicht aus."
Alexander Albon wird ein weiteres Mal versuchen, den Abstand zu dem übermächtigen Verstappen zu verkürzen. Vor einem Jahr feierte der Thailänder sein Debüt im Red Bull. Mangelnde Erfahrung ist keine Entschuldigung mehr. Verstappen streute seinem viel kritisierten Teamkollegen vorsichtshalber noch einmal Rosen. "Wir schätzen sein Feedback. Und wir arbeiten in die gleiche Richtung. Was nützt mir einer mit viel Erfahrung, der in eine andere Richtung zieht."
Racing Point
Kommt Sebastian Vettel oder kommt er nicht? Sergio Perez lässt zwischen den Zeilen durchblicken, dass er bei Racing Point bleibt. "Das Feedback vom Team ist positiv. Beide Parteien haben sich darauf verständigt, weiterzumachen. Wir glauben beide an das Projekt. Ich sehe keinen Grund, irgendetwas zu ändern oder mich aufzuregen. Für Dinge, die ich nicht ändern kann, verschwende ich keine Energien." Lance Stroll wollte sich überhaupt nicht zu dem Thema ändern. "Ich gebe euch nicht Stoff für eine Geschichte, die ihr schreiben wollt."
Williams
Williams fährt zum ersten Mal unter der neuen Führung. Auf dem Papier gehört der Traditionsrennstall jetzt der US-Firma Dorliton Company. Am Teamnamen wird nicht gerüttelt. Die Amerikaner prüfen gerade, welche Sofortmaßnahmen zu treffen sind. An der Strecke bleibt Claire Williams vorerst die Chefin.
George Russell weiß nicht, was er von seinen Chancen in Spa halten soll. "Traditionell ist es nicht unsere beste Strecke, weil wir immer noch ein ziemlich ineffizientes Auto haben. Dafür haben wir das Mercedes-Monster im Rücken."
Der Engländer macht in den Rennen gerade eine neue Erfahrung: "Im letzten Jahr hatte ich im Rennen kaum Zweikämpfe. Höchstens mal eine Runde lang nach einem Boxenstopp. Jetzt bin ich regelmäßiger in Zweikämpfe verwickelt und lerne gerade, dass Rennen in der Formel 1 anders sind als in der Formel 2. Die Autos haben viel mehr Abtrieb und leiden im Verkehr deshalb auch viel mehr unter Turbulenzen."
Renault
Esteban Ocon bekommt einen neuen Motor. Der Franzose hofft, dass er damit die Lücke zu Daniel Ricciardo schließen kann. Der Australier hatte den zweiten Motor bereits früher in der Saison bekommen. In den waren bereits einige neuen Sicherheits-Features eingeflossen, die auch etwas Leistung brachten.
Renault hat die Pleite von Barcelona analysiert. Es war nichts Fundamentales falsch. "Ein bisschen Setup, ein bisschen Strategie, ein bisschen ich selbst. Barcelona kennen alle so gut, dass jede Kleinigkeit, die du nicht perfekt hinbekommst, entscheidend sein."
Alpha Tauri
Pierre Gasly sieht Alpha Tauri auf einem guten Weg, den Anschluss an das Mittelfeld zu finden. "Wir entwickeln unser Auto schneller als unsere Gegner. In den letzten beiden Rennen haben wir gute Schritte vorwärts gemacht. Einige Probleme sind gelöst, das Auto ist besser verstanden." Den größten Fortschritt spürt Gasly an der Vorderachse. "Wir bringen das Auto besser in die Kurven rein."
Gasly war einer der engsten Freunde von Anthoine Hubert. Er verbrachte fünf Jahre mit seinem Rennfahrerkollegen in einem Internat. Auf seinem Streckenrundgang legte der Franzose einen Blumenstrauß an der Unfallstelle nieder. Sein Helmdesign ist dem toten Freund gewidmet. "Wo ich hier in Spa stehe und gehe habe ich die Bilder von Anthoines Unfall im Kopf."
Daniil Kvyat bezeichnet den Freitag als einen der wichtigsten Freitage im ganzen Jahr: "Hier in Spa ist es wichtiger als anderswo früh zu wissen, was du vom Auto verlangst und was nicht. Du musst dich irgendwann entscheiden, welches Maß an Abtrieb dir am besten passt."
Haas
Die Haas-Piloten haben unterschiedliche Erinnerungen an Spa. Kevin Magnussen baute 2016 einen wilden Unfall in Eau Rouge, den er längst abgehakt hat. Romain Grosjean feierte auf dem Ardennenkurs 2015 im Lotus sein letztes Podium. Die Haas VF-20 sind weiterhin unverändert mit Ausnahme von Flügeln für weniger Abtrieb.
Magnussen ist sich nicht sicher, ob sich der Spa.kurs seines Teams eines Tages rächen wird. "Dieses Jahr müssen wir uns auf das Paket konzentrieren, das seit dem ersten Rennen da ist. Das kann ein Nachteil sein, wenn die anderen gute Upgrades bringen. Doch Upgrades sind keine Garantie dafür, dass es besser wird. Das mussten wir letztes Jahr erfahren. Manchmal ist es auch gut, wenn man mehr Zeit hat sein Auto zu verstehen. Dann ist man am Ende besser in der Lage, das Maximum aus dem Paket herauszuholen."
McLaren
Carlos Sainz ist erleichtert. Der Motorwechsel in Barcelona hat die Kühlprobleme an seinem Auto gelöst. Lando Norris hat keine gute Erinnerungen an Spa. Der Youngster verlor 2019 eine Runde vor Schluss einen fünften Platz durch einen Motorschaden. Den GP Belgien betrachtet er als sein zweites Heimrennen. "Meine Mutter ist Belgierin. Sie wünscht sich, dass ich mehr flämisch rede. Aber ich verstehe mehr als ich reden kann."
Alfa Romeo
Neben Sebastian Vettel ist auch die Zukunft von Kimi Räikkönen noch offen. Der Finne antwortet auf seine Pläne ähnlich wie sein Rennfahrer-Kumpel. "Zuerst einmal muss ich für mich entscheiden, was ich will."
Der Einwurf, dass Mika Häkkinen ihm selbst 2002 den Platz bei McLaren geebnet hat, belustigte den Finnen: "Mika ist sicher nicht zurückgetreten, damit ich einen Platz in der Formel 1 finde. Ich hatte ja schon einen Dreijahresvertrag bei Sauber. Wenn ich meine Entscheidung treffe, dann wird es das Beste für mich sein, und nicht weil ich einem einen Gefallen tun will."