Mercedes hat Gegner im Griff
Mercedes dominierte den ersten Trainingstag von Austin. Auf eine Runde und im Longrun. Für Sergio Perez gab es nach der zweiten Sitzung noch eine böse Überraschung. Der Mexikaner muss aus der Boxengasse starten.
Es war der Tag des Lewis Hamilton./span>. Der angehende sechsfache Weltmeister fuhr mit 1.33,232 Minuten die schnellste Zeit des Tages, er war der schnellste Mann im Longrun auf den harten Reifen und spritbereinigt auch auf den weichen. Valtteri Bottas fuhr seinen Soft-Dauerlauf am Ende des Trainings mit weniger Benzin im Tank, und Sebastian Vettel war auf Pirellis weichster Mischung nur halb so lang unterwegs.
Das gleiche gilt für die Rennsimulation von Valtteri Bottas auf dem Medium-Gummi. Ohne Korrekturfaktor war der Finne nur Drittschnellster. Er hatte die Medium-Reifen schon zu Beginn des Trainings aufgeschnallt, Max Verstappen und Charles Leclerc erst am Ende, als die Tanks schon leerer gefahren waren. Außerdem war Bottas fünf, respektive drei Runden länger auf der Strecke.
An der Favoritenrolle von Mercedes gibt es im Moment keinen Zweifel. Ferrari und Red Bull raufen sich um den Platz hinter den Silberpfeilen. Ferrari hat dank des Power-Vorteils über eine Runde die Nase vorn, Red Bull ist über die Distanz konstanter.
„Wir müssen daran noch arbeiten. Bei uns bauen die Reifen zu stark ab“, forderte Sebastian Vettel. Red Bull-Sportdirektor Helmut Marko ärgert sich: „Wir sind am Nachmittag den harten Reifen nicht gefahren. Wenn ich mir die Longrun-Zeiten von Hülkenberg und Gasly anschaue, scheint das der beste Reifen für das Rennen zu sein.“
Womit wir schon mittendrin sind im Mittelfeld. Dort gibt es ein paar faustdicke Überraschungen. Hülkenberg und Gasly legten Longruns auf den Niveau von Ferrari und Red Bull auf die Bahn. Erklärungen haben die Beteiligten nicht parat. Nur Vermutungen. Es hat möglicherweise mit den extrem niedrigen Temperaturen zu tun, die einigen Autos mehr helfen als anderen.
Sechs Dinge, die Sie wissen müssen:
Warum war Mercedes auf eine Runde so stark?
Lewis Hamilton./span> nahm seinem schnellsten Verfolger auf seiner schnellsten Runde 0,301 Sekunden ab. Die Ingenieure relativieren jedoch: „Die Zeit ist nicht so gut, wie sie aussieht. Lewis hatte den perfekten Windschatten von Kubica. Er hat ihn fast die ganze Gerade gezogen und ging dann schön aus dem Weg.“
Die Techniker beziffern den Vorteil des Windschattens auf zweieinhalb bis drei Zehntel. Damit wäre Hamilton immer noch auf der Freitags-Pole Position gestanden. Wie gut die Mercedes wirklich auf dem Circuit of the Americas waren, zeigen die Longruns. Hamilton führte die Rennsimulation auf den harten Reifen mit 1.39,119 Minuten an. Zwei Zehntel vor Hülkenberg. Richtig gehört. Ein Renault.
Vettel landete mit 1,4 Sekunden Rückstand im Mittel nur auf Platz 6. Auch auf den Soft-Reifen war Hamilton mit einem Schnitt von 1.39,676 Minuten der Klassenbeste. Weil er in seinem direkten Umfeld zusammen mit Charles Leclerc die längste Distanz zurücklegte und im Gegensatz zu Bottas gleich zu Beginn mit vollen Tanks unterwegs war. Sebastian Vettel drehte nur halb so viele Runden. Das hat bei den weichen Sohlen wenig Aussagekraft.
Max Verstappen war eine Zehntel pro Runde langsamer, bog aber schon drei Runden früher als Hamilton wieder in die Boxen ab. Leclerc verlor auf den weichen Reifen in jeder Runde vier Zehntel auf Hamilton. Valtteri Bottas war der König des Medium-Longruns. Verstappen fehlten bei zwei Runden weniger zwei Zehntel pro Runde. „ Unsere Reifen.bnutzung ist zu hoch“, kritisierte Marko.
Bei einem Abgleich der GPS-Daten zwischen den schnellsten Runden von Hamilton und Leclerc fällt auf, dass die Ferrari auf den Geraden wieder deutlich schneller sind, in den schnellen Kurven mithalten können, aber massiv in den langsamen Ecken verlieren. In Summe sechs Zehntel.
Bis Kurve 6 liegt Leclerc vor Hamilton. In den Kurven 7 und 8 holt der Engländer auf. Dank des Windschattens auf der 950 Meter langen Geraden schafft Hamilton vor dem Bremspunkt für Kurve 12 Gleichstand. Ab da ist er in jeder Kurve mit Ausnahme der Nummer 19 schneller.
Schauen wir uns noch Hamilton gegen Verstappen an. Der Holländer ist besser in den Kurven 11 und 19. Sonst verliert er kaum in den Kurven auf die Mercedes. Dafür aber auf den Geraden. Und die Reifen.bnutzung ist bei Mercedes deutlich besser. Die Erklärung, warum es für die Silberpfeile so rund läuft, könnte in den tiefen Temperaturen liegen. Wenn einer die Reifen schnell und zuverlässig anzündet, dann das Weltmeister-Auto.
Wer ist besser: Ferrari oder Red Bull?
Im Augenblick muss man fast Red Bull ein bisschen stärker einschätzen. Wenn man das Gesamtbild und nicht nur die schnellsten Runden betrachtet. Verstappens Zeiten sind konstanter als die von Leclerc und Vettel, auch wenn er im Medium-Longrun leicht hinter dem Ferrari rangiert. Allerdings mit zwei Runden mehr. Sebastian Vettel ist mit seinem Ferrari noch nicht zufrieden. Auf seiner schnellsten Runde kostete ihn ein Verbremser in Kurve 1 Zeit.
Doch viel mehr treibt den WM-Vierten der Zeitverlust in den Longruns um: „Es ist die alte Story. Uns fehlt Abtrieb, bei den Longruns mehr als auf eine Runde, wo uns der frische Reifen ein bisschen über das Problem hinweg hilft. Unsere Reifen bauen einfach zu stark ab, der harte mehr als der weiche.“ So krass hat das Ferrari zuletzt am Freitag in Suzuka erlebt. Einer Strecke, die in seiner Charakteristik der von Austin ähnelt. Und wo es am Freitag auch ziemlich kühl war und dann zum Sonntag hin wärmer wurde.
Auch in Austin sollen die Temperaturen langsam steigen. Bis zur Qualifikation in Suzuka hatte Ferrari sein Auto erfolgreich auf den Kopf gestellt. Deshalb fordert Vettel: „Wir müssen noch am Setup des Autos arbeiten.“ Aber auch Red Bull-Mann Marko ist noch nicht zufrieden: „Wir müssen das Auto nicht auf den Kopf stellen, aber schon noch an die Feinabstimmung ran. Im Moment sind wir zusammen mit Leclerc die besten Verfolger von Mercedes.“
Red Bull hofft darauf, dass sich das Bild auf dem harten Reifen ändern könnte. Der blieb am Freitag in der Garage. Aus verständlichen Gründen. Red Bull hat für Max Verstappen und Alexander Albon nur je einen Satz harter Reifen für das ganze Wochenende geordert. Den muss man sich für das Rennen aufheben.
Wieso fahren Hülkenberg und Gasly so schnell wie die Spitze?
Nico Hülkenberg und Pierre Gasly waren die Überraschung bei den Longruns auf den harten Reifen. Hülkenberg verlor mit einem Schnitt von 1.39,319 Minuten nur zwei Zehntel pro Runde auf Hamilton, er fuhr eine Runde länger (9) als der Mercedes-Pilot und wie Hamilton im zweiten Stint bei vergleichbarer Spritmenge. Gasly verlor bei gleicher Rundenzahl (8) eine halbe Sekunde auf den Mercedes mit der Startnummer 44.
Hülkenbergs Erklärung hört sich simpel an: „Ich habe schnell einen guten Rhythmus gefunden, Auto und Reifen waren genau in dem Fenster, in dem sie sein müssen.“ Der Renault-Pilot glaubt, dass die kalten Temperaturen helfen. „Dann haben wir nicht so das Problem mit dem Überhitzen und der Reifen.bnutzung. Die großen Teams sind uns vor allem bei wärmeren Temperaturen überlegen, weil sie die Reifen da besser konservieren können.“
Pierre Gasly war einigermaßen ratlos: „Ich bin selbst überrascht, wie gut das Auto geht. Lasst uns den Sonntag abwarten. Wir hatten schon öfter vielversprechende Freitage. Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl für das Auto, und wir haben zwischen den beiden Trainingssitzungen die richtigen Setup-Entscheidungen getroffen.“
Wer ist der König im Mittelfeld?
Ganz klar Renault und Toro Rosso. Dahinter geht es so eng zu wie üblich im Mittelfeld. Auf den Soft-Reifen machte Carlos Sainz die beste Figur. Sergio Perez hinkte eine halbe Sekunde hinterher. Der Mexikaner muss sich über seine Longruns keine Gedanken machen. Er hielt trotz Rotlicht nicht an der FIA-Waage an. Die Strafe folgte auf dem Fuß: Start aus der Boxengasse.
Auf den Medium-Reifen konnte Kimi Räikkönen überzeugen. Der Finne war im Longrun nur zwei Zehntel pro Runde langsamer als Daniel Ricciardo und Alexander Albon. Im Team von Alfa Romeo stellt man seit dem GP Mexiko eine leichte Verbesserung fest. „Wir werden wieder an der Grenze zum Q3 fahren. Wenn alles klappt, kommen wir rein“, prophezeit Teammanager Beat Zehnder. Auf den harten Reifen waren neben Renault und Toro Rosso auch die Racing Point ordentlich unterwegs. Es fällt auf, dass Lance Stroll diesmal regelmäßig vor Teamkollege Perez liegt.
Wie wirken sich die Bodenwellen aus?
Sebastian Vettel sprach von Schanzen, Nico Hülkenberg von Wellen. „Da fällt dir ja der Kiefer raus“, beschrieb Vettel die Rüttelpiste von Austin. Die schlimmsten sind vor Kurve 1, ausgangs Kurve 2, nach Kurve 9 und in Kurve 12. Vom Veranstalter erfahren wir, dass sich der Asphalt im Verlauf der letzten drei Jahre an manchen Stellen um bis zu 1,2 Meter gesenkt hat. Der Boden unter der Rennstrecke ist stark in Bewegung. Im Winter soll die Strecke komplett neu asphaltiert werden.
Laut Hülkenberg hat man nicht viele Chancen, den schlimmsten Bodenwellen auszuweichen. „In Kurve 2 liegt sie exakt dort, wo dich die Kurve ausspuckt. Auch in Kurve 9 liegt sie auf der Ideallinie. Die unangenehmsten Buckel sind für Hülkenberg auf der langen Geraden. “Die waren schon immer da, werden aber von Jahr zu Jahr schlimmer. Du musst das Lenkrad echt fest in der Hand halten, sonst fliegst du da ab.„ Verstappen schränkt ein: “Zum Blick liegen die Bodenwellen nicht in den Bremszonen.„
Wie oft müssen die Fahrer am Sonntag stoppen?
Wer mit den Soft-Reifen losfährt, muss schon gutes Reifen.Management betreiben, wenn er mit einem Reifen.echsel durchkommen will. Pirelli-Sportchef Mario Isola erwartet deshalb bei den Top-Teams eine Reifen.olge Medium-Hart.
Es wird allerdings nicht ganz einfach, sich auf der mittleren Gummimischung im Q2 zu qualifizieren. Der Unterschied zwischen dem Soft-Reifen und dem Medium-Gummi beträgt derzeit eine Sekunde. Pirelli hat mit sechs bis sieben Zehntel gerechnet. Das kann sich aber alles ändern, wenn die Temperaturen wie vorhergesagt bis Sonntag sukzessive zulegen.