Keine schnelle Aufholjagd

Für Ferrari war der GP Spanien der Moment der Erleuchtung. Seitdem weiß der Herausforderer, dass der SF90 kein Siegerauto ist. Und man hat auch erkannt, dass es keine schnelle Lösung gibt, den Rückstand auf Mercedes aufzuholen.
Rennen lang durfte Ferrari hoffen. Dass Mercedes jedes Mal das Limit seines Autos ausgeschöpft hat und man selbst unter seinen Möglichkeiten blieb. Dass zwei der vier Rennstrecken Mercedes.Land waren und die anderen zwei dem Ferrari besser lagen, was man aber nicht zeigen konnte, weil die Technik streikte oder ein Fahrer in der Mauer landete. Und dass Mercedes öfter das Reifenfenster traf als man selbst.
Seit dem GP Spanien weiß Ferrari, dass Mercedes unter allen Umständen das bessere Auto hat. „In Barcelona haben wir begriffen, dass wir im Durchschnitt nicht schnell genug sind um Mercedes zu schlagen“, zieht Sebastian Vettel schonungslos Bilanz. Ist der Ferrari SF90 am Ende eine Fehlkonstruktion? So weit würde Vettel nicht gehen. „Wenn das so wäre, dann gäbe es viele Fehlkonstruktionen im Feld. Es liegen noch viele Autos hinter uns.“
Keine Lösung über Nacht
Der Erkenntnis folgten zwei Testtage in Barcelona. Ferrari suchte nach Antworten, hat aber über den Grand Prix hinaus nicht viele neue Erkenntnisse gewonnen. „Die Antwort ist: Mercedes ist besser als wir und wir sind mit diesem Zustand nicht zufrieden. Wir arbeiten daran, das zu ändern“, stellte Vettel fest. Teamkollege Charles Leclerc hörte sich ähnlich an: „Wir haben bei dem Test einige Dinge gelernt, aber das wird nicht ausreichen, um Mercedes einzuholen. Dafür brauchen wir mehr Zeit. Die Ingenieure arbeiten hart daran, das Problem zu verstehen.“
Auch Vettel kann sich nicht vorstellen, dass dieser Rückstand über Nacht aufzuholen ist. Der Mercedes.Vorteil liegt nicht nur an einem Detail. Das Auto hat mehr Abtrieb, es generiert mehr mechanischen Grip, und bringt die Reifen zuverlässiger in ihr Arbeitsfenster. Möglicherweise liegt das Geheimnis im Gesamtkonzept. Das wäre für Ferrari nicht so schnell zu reparieren. In diesem Zusammenhang lässt eine Aussage von Vettel aufhorchen. „ Wir müssen versuchen zu verstehen, warum wir langsamer sind. Auch mit Hinblick auf nächstes Jahr.“ Böswillige Zungen würden sagen, dass sich Ferrari schon aufgegeben hat.
Hat der Ferrari ein Problem mit dem Fahrwerk?
Das wird von Ferrari natürlich bestritten. „Die Moral im Team ist immer noch gut“, insistiert Vettel. „Natürlich sind wir nach den Winter-Tests mit großen Erwartungen in die Saison gegangen und sind jetzt ernüchtert, dass es nicht so gekommen ist. Doch das Team ist immer noch gut drauf. Alle sind hoch motiviert eine Lösung zu finden, auch wenn wir wissen, dass es vielleicht nicht über Nacht passiert.“ Es klingt fast wie eine Bitte an höhere Mächte, als er sagt: „Ein gutes Resultat würde jetzt helfen. Als Belohnung für die viele Arbeit.“
Bei den Testfahrten in Barcelona hat Ferrari verschiedene Experimente gemacht, um herauszufinden, warum das Auto in langsamen Kurven so weit hinter den Mercedes herfährt. Ein Verdacht war, dass die Reifentemperaturen bereits zu hoch waren, als die Fahrer in Sektor 3 ankamen. Deshalb ließ sich Leclerc in den ersten beiden Sektoren bewusst Zeit, um die Reifen zu schonen. Doch das Ergebnis war ernüchternd. Obwohl der Ferrari-Pilot in den ersten zwei Abschnitten freiwillig acht Zehntel liegen ließ, war die Sektor 3-Zeit nur um ein Zehntel besser als am Wochenende. Somit fehlten immer noch sechs Zehntel auf die Mercedes.
Daraus kann man schließen, dass der Ferrari auch einen Hund im Fahrwerk versteckt hat. Vettel zweifelt: „Unsere Schlussfolgerung ist, dass entweder das Auto nicht schnell genug ist, oder wir mehr Probleme mit den Reifen haben als andere. Es kann natürlich sein, dass unser Auto verantwortlich für die Reifenproblematik ist.“ Und dann ein Satz, der nichts Gutes verheißt: „Das Auto hat sich in Barcelona eigentlich gut angefühlt, aber wir waren nicht schnell genug.“
Stehen damit die Vorzeichen für Monte Carlo automatisch schlecht? Charles Leclerc wehrt ab: „Monaco hat seine eigenen Gesetze. Und vielleicht hilft uns ja der Regen.“ Auch Vettel setzt auf den Lotteriefaktor in Monaco: „Hier ist es wichtig seinen Rhythmus zu finden. Du brauchst im richtigen Moment Vertrauen in dein Auto und in den Reifen, dass er genau in der entscheidenden Runde den maximalen Grip liefert.“