Alfa Romeo Stelvio: Für Busch und Boulevard
Alfa Romeo steht vor der Wende: Nach der schicken Limousine Giulia im vorigen Jahr folgt nun der daraus abgeleitete Stelvio, der erste SUV der italienischen Sportwagenmarke.
Wer spät kommt, sollte vieles besser machen als die Vorgänger. Diese Vorgabe scheint Alfa Romeo seinen Ingenieuren angesichts der Fähigkeiten und Qualitäten des ersten firmeneigenen Sport Utility Vehicle (SUV) namens Stelvio eingebläut zu haben. Alfa war schließlich fast tot und auch die treuesten Fans hatten sich abgewendet, weil eine Menge versprochen wurde, aber man trotzdem nicht in die Gänge kam. Die Reanimation mit der Vorstellung der Giulia im letzten Jahr hatte allerdings etwas von Phoenix, der aus der Asche stieg. Die heiße Quadrifoglio-Variante konnte in einem Vergleichstest einer Fachzeitschrift gar eine AMG C-Klasse und einen BMW M3 auf die Plätze verweisen. Respekt!
Sportliche Ausrichtung mit Turbo-Benziner und Dieselvariante
Auf der Giulia-Plattform, intern Giorgio genannt, basiert nun auch der Stelvio. Benannt nach Italiens höchstem Alpenpass, ist er Alfas erstes Auto dieser Art und soll der Marke kräftigen Anschub geben. "Unter dem Stelvio stecken der pure Geist und die DNA von Alfa Romeo", sagt Markenchef Fabrizio Curci. Zu hoffen bleibt, dass er damit die 50er- und 60er-Jahre meint und nicht, was danach kam. Für eine berechtigte Hoffnung spricht: Die Ingenieure zogen alle Register für eine sportliche Ausrichtung. Dazu zählen konsequenter Leichtbau und eine optimale, gleichmäßige Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse.
Viele Karosserie- und Fahrwerksteile sind aus Aluminium, die Kardanwelle besteht sogar aus Karbon. Und laut Alfa besitzt der Stelvio mit einem Übersetzungsverhältnis von 12:1 gar die direkteste Lenkung im Segment der Mittelklasse-SUV. Serienmäßig an Bord ist Allradantrieb. Bei normalen Straßenverhältnissen schickt das System 100 Prozent der Kraft zu den Hinterrädern. Beginnen diese, Schlupf aufzubauen, wird Drehmoment blitzschnell mit bis zu 50 Prozent an die Vorderräder gegeben.
Insgesamt also keine schlechten Voraussetzungen für ein agiles Fahrverhalten. Noch dazu, wenn unter der Haube der Zweiliter-Turbobenziner mit 280 PS steckt und die Gänge über die Alu-Schaltwippen an der Lenksäule gewechselt werden. Der Stelvio hängt prima am Gas, lässt sich leicht und direkt um die Kurven treiben und hält sich mit lästigen Wankbewegungen zurück. Dennoch wird Sportlichkeit nicht dem Komfort geopfert. Auch über schlechte Wegstrecken rollt der Stelvio so gelassen wie über den Pass, der ihm seinen Namen lieh.
Der Super-Stelvio mit 510 PS kommt Ende 2017
Zudem steht ein Drehschalter zur Verfügung, der die drei Modi "d", "n" und "a" aktiviert. Die Buchstaben stehen für dynamic, natural und advanced efficiency, also Sparmodus. Bemerkbar macht sich das vor allem in der Stellung "d". Der Stelvio reagiert schärfer und spontaner. Wer allerdings die perfekte Sitzposition erwartet, die die Giulia ihrem Fahrer bietet, wird etwas enttäuscht. Im Stelvio sitzt man doch etwas mehr auf als in dem Sitz. "19 Zentimeter beträgt der reine Höhenunterschied zur Giulia", sagt Cheftechniker Roberto Fedeli. Maximal sind 20-Zoll-Räder mit 255/45er-Reifen möglich.
Neben dem 280-PS-Benziner (ab 49.000 Euro) hat der europäische Stelvio.Kunde natürlich noch die Option eines Dieselmotors. Der aus der Giulia bekannte 2,2-Liter-Selbstzünder (ab 45.500 Euro) leistet 210 PS und schickt seine 470 Newtonmeter Drehmoment in die Achtgangautomatik, was dem Stelvio zwar eine gewisse Souveränität verleiht - besser zum Charakter passt dennoch der kernige Turbo-Benziner.
Etwas später will Alfa den Benziner auch mit 200 PS und den Diesel mit 180 PS anbieten. Beide werden ebenfalls die Achtgangautomatik sowie den Allradantrieb an Bord haben. Den Diesel soll es zudem als günstigere Einstiegsvariante mit Frontantrieb geben. Und fehlen darf natürlich nicht das Power-Paket Quadrifoglio. Dahinter steckt ein 510 PS starker V6-Biturbo, der den Stelvio zum stärksten SUV in seinem Segment machen dürfte. Doch hier ist Geduld gefragt. Vor Ende 2017 ist der Super-Stelvio nicht beim Händler.
Das Armaturenbrett haben die Designer klassisch aufgeteilt. Es wirkt schlank und reduziert. Schnickschnack braucht ein Alfa nicht. Typisch bleiben die sogenannten Tubes, jene tiefe Röhren, in denen die beiden Rundinstrumente Tacho und Drehzahlmesser eingebettet sind. Zwischen ihnen liegt ein TFT-Display, auf denen beispielsweise Reisedaten oder Navigationshinweise abgebildet werden können. Die Italiener gaben sich Mühe, den Premium-Anspruch des Kunden zu erfüllen. Die Materialien sind hochwertig, erreichen aber nicht die Qualität und das Finish der deutschen Wettbewerber.
Bei den Assistenzsystemen hängen die Italiener hinterher
Mit einer Länge von 4,69 Metern parkt der Stelvio größenmäßig ziemlich exakt neben einem Mercedes GLC, Audi Q5 oder BMW X3. Im Fond herrschen gute Platzverhältnisse. Selbst Erwachsene mit einer Körpergröße um die 1,80 Meter sitzen bequem. Auch in Sachen Kofferraum braucht sich Alfas SUV nicht hinter der Konkurrenz zu verstecken. 525 Liter sind mehr, als Porsche Macan und Mercedes GLC ausweisen können. Liegen die Rücksitzlehnen flach, erhöht sich das Ladevolumen auf 1.600 Liter. Die Heckklappe kann elektrisch betätigt und in acht unterschiedlichen Öffnungshöhen programmiert werden - passend zur Deckenhöhe in der heimischen Garage.
Insgesamt hinterlässt der Stelvio auf einer ersten Testfahrt rund um seine Geburtsstätte Cassino nahe Neapel einen guten, soliden Eindruck. Für Kunden, die Sterne, vier Ringe und weißblaue Propeller auf der Haube nicht mehr sehen können, ist der erste SUV von Alfa Romeo sicher eine willkommene Alternative. Sie dürfte es sicher auch wenig stören, dass der Stelvio beim Thema elektronische Assistenzsysteme nicht ganz den Anschluss hält. Zwar gibt es Fußgängererkennung, Rückfahrkamera, Ausparkwarner und Abstandshalter. Doch einen Staupiloten, der dem Vorgänger halbautonom folgen kann, bieten die Italiener nicht an. Alfa-Fahrer sollen eben so lange es irgend geht Selbstfahrer bleiben.
Technische Daten Alfa Romeo Stelvio. Fünftüriger, fünfsitziger SUV mit Allradantrieb, Länge: 4,69 Meter, Breite: 1,90 Meter, Höhe: 1,67 Meter, Radstand: 2,82 Meter, Kofferraumvolumen: 525b bis 1600 Liter. Antrieb: 2.0 280 CV AT8 AWD: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo-Benziner, 206 kW/280 PS bei 5.250 U/min, maximales Drehmoment: 400 Nm bei 2.250 U/min, 8-Stufen-Automatik, 0-100 km/h: 5,7 s, Vmax: 230 km/h, Durchschnittsverbrauch: 7,0 Liter, CO2-Ausstoß: 161 g/km, Abgasnorm: Euro 6b, Effizienzklasse: k.A., Preis: 49.000 Euro. 2.2 210 CV AT8 AWD: 2,2-Liter-Vierzylinder-Turbo-Diesel, 154 kW/210 PS bei 3.750 U/min, maximales Drehmoment: 470 Nm bei 1.750 U/min, 8-Stufen-Automatik, 0-100 km/h: 6,6 s, Vmax: 215 km/h, Durchschnittsverbrauch: 4,8 Liter, CO2-Ausstoß: 127 g/km, Abgasnorm: Euro 6b, Effizienzklasse: k.A. Preis: 47.500 Euro.