Bottas öffnet Verstappen die Tür
Red Bull revanchierte sich im Rennen mit einem überlegenen Sieg von Max Verstappen für die Niederlage im Qualifying. Valtteri Bottas öffnete ihm beim Start die Tür. Nur bei einer Doppelführung hätte Mercedes eine Siegchance gehabt.
Max Verstappen reichten 811 Meter, um die Niederlage vom Samstag in einen Sieg umzumünzen. Dann war er an beiden Mercedes vorbei. "Im Rückblick war die zweite Reihe die bessere Startposition. Wir müssen uns bei Tsunoda bedanken", scherzte Red Bull-Teamchef Christian Horner. Der Japaner im Alpha Tauri hatte im Q3 beiden Red Bull-Piloten die Chance genommen, die Mercedes.Zeiten zu unterbieten.
Es war aber nicht nur der Windschatten aus der zweiten Reihe, der Verstappen beim Spurt in die erste Kurve die Führung brachte. Valtteri Bottas kam schlechter aus den Startlöchern als Lewis Hamilton. So konnte er seinen Teamkollegen nicht bis zur ersten Kurve ziehen, weil Hamilton nach rechts ausweichen musste.
Stattdessen war der Mercedes mit der Startnummer 77 jetzt das Zugpferd für Verstappen, und er öffnete ihm auf der linken Seite auch noch die Tür zum Angriff. "Wäre Valtteri weiter links gefahren, hätte er Max abgeblockt", ärgerte sich Teamchef Toto Wolff.
Der Finne musste sich auch noch für sein frühes Bremsmanöver Kritik anhören. Verstappen stieg dagegen auf der Außenspur als Letzter in die Eisen und bog vor beiden Mercedes in die erste Kurve ein. "Ein unglaubliches Manöver", jubelte Red Bull-Sportchef Helmut Marko.
Bottas dagegen verlor mehr als die Führung in der ersten Kurve. Zuerst drehte ihn Daniel Ricciardo um, dann verstellte ihm der McLaren-Pilot das ganze Rennen die Sicht. "Es war keine Absicht von Daniel. Damit hat er sich auch sein eigenes Rennen ruiniert", urteilte Bottas.
Neweys Angst vor Mercedes.Doppelführung
Eine Doppelführung nach dem Start wäre die einzige Siegchance für Mercedes gewesen. Ein einziger Mercedes an der Spitze hätte nicht gereicht. Den hätte sich Verstappen wahlweise über einen Undercut oder Overcut geschnappt. "Wenn der Gegner ein schnelleres Auto hat, kann er tun was er will", gaben die Mercedes.Ingenieure zu.
Toto Wolff zweifelt selbst die Doppelführungs-These an: "Red Bull war heute zu überlegen." Das heißt in Zahlen: Hamiltons Rückstand von 16,5 Sekunden bedeutet ein Delta von 0,232 Sekunden pro Runde zugunsten von Verstappen.
Red-Bull-Technikchef Adrian Newey dagegen glaubt, dass es trotz der Überlegenheit schwer gewesen wäre, zwei Mercedes zu knacken, wenn sie ihre Führung über die erste Runde hinaus gerettet hätten. "Mercedes war auf der Gerade zu schnell für uns. Man hat es an Perez gesehen. Er war klar schneller als Lewis, aber er kam nicht vorbei. Wir hätten über die Strategie einen Mercedes überholen können, aber nicht zwei. Ein Einstopp-Rennen gibt dir nur diese eine Chance."
Die Zielgerade des Autodromo Hermanos Rodriguez ist zwar 1,2 Kilometer lang, doch das macht das Überholen nicht einfacher. Weil der Hintermann nur immer ganz kurz dicht aufschließen kann. "Alle drei Runden musst du Abstand nehmen und eine Verschnaufpause einlegen, damit die Temperaturen der Reifen, der Bremsen und des Motors wieder runterkommen", erklärt Newey.
Hamilton betreibt Schadensbegrenzung
Verstappens neunter Saisonsieg vergrößerte den Vorsprung gegenüber Hamilton auf 19 Punkte. Horner will trotzdem nicht von einer Vorentscheidung sprechen: "Es liegen in den letzten vier Rennen noch 107 Punkte auf dem Tisch. Da ist noch gar nichts entschieden." Kollege Wolff sieht es ähnlich: "Ich hätte zwar lieber 19 Punkte Vorsprung als Rückstand, aber es gibt noch vier Mal die Chance zu gewinnen und genauso vier Mal die Chance auszufallen."
Der Österreicher feierte Hamiltons 2. Platz wie einen Sieg. "Unser Auto war heute nur gut für einen dritten Platz. Deshalb ist der zweite Rang ein gutes Ergebnis für uns." Ein kleiner Trost war auch, dass Bottas dem WM-Gegner noch den Extra-Punkt für die schnellste Runde abjagen konnte, auch wenn er ihn selbst nicht bekam, weil er nicht in den Top Ten die Zielflagge sah. "Jeder Punkt zählt", atmete Wolff auf.
Bottas brauchte zwei Anläufe für die schnellste Runde. Die Strategen holten ihn mit Bedacht schon acht Runden vor Schluss für einen Satz weiche Reifen an die Box. "Es bestand keine Gefahr, dass einer uns kontert. Da wollte wir Valtteri lieber zwei Chancen geben für den Fall, dass der erste Anlauf nicht funktioniert." Wie befürchtet ging der erste Versuch schief. "Es war unheimlich schwer einen freien Platz im Verkehr zu finden", berichtete Bottas.
Prompt stand ihm Verstappen im Weg. Nicht ganz unabsichtlich. Er wusste, was Mercedes mit Bottas vorhatte. "Gerissen, aber erlaubt", urteilten beide Parteien. Vier Runden später holte sich Bottas die zweite Garnitur Soft ab. Diesmal spendete sein Nachfolger George Russell auch noch Windschatten.
Red Bulls Trumpfkarte war das Auto
Das Rennen in der dünnen Luft von Mexico-City war wie erwartet der Killer für Mercedes. "Red Bull hatte klar das schnellere Auto. Wir konnten nur auf Schadensbegrenzung aus sein", stellte Wolff sachlich fest.
Der Sieg am Samstag war ein Ausreißer. Mercedes hatte das Reifenfenster optimal getroffen, Red Bull hatte es grandios verfehlt. "Die gestiegenen Temperaturen könnten ein Grund gewesen sein", blickte Newey auf den Samstag zurück. Verstappen brachte auch die Aufwärmrunden ins Spiel. Am Sonntag fanden die Favoriten wieder zurück zu ihrer Normalform.
Der Motor spielte im Gegensatz zu allen Prognosen praktisch keine Rolle für Red Bulls Dominanz. "Unsere Motorleute haben einen tollen Job gemacht und eine Kalibrierung gefunden, die uns in der Höhe keinen Nachteil mehr brachte", hieß es im Weltmeister-Team.
Red Bulls Trumpfkarte war das Auto. Wenn maximaler Abtrieb gefragt ist, hat der RB16B einen Vorteil. Mercedes muss dann auch noch tief und steif fahren, damit die Aerodynamik einigermaßen funktioniert. Das kostet Zeit über die Randsteine. Was in Monte Carlo nicht funktionierte, ging auch in Mexiko nicht besser.
Hamilton mit dem Rücken zur Wand
Über eine Renndistanz machten sich die Defizite von Mercedes noch deutlicher bemerkbar. Weil die Reifen schneller nachlassen. Dafür steht auch das Duell Hamilton gegen Perez. Nachdem Red Bull den frühen Stopp von Hamilton nicht kontern konnte, zögerte man den Boxenstopp des Mexikaners so lange wie möglich heraus. Mit einem Reifendelta von elf Runden zu seinen Gunsten hatte Perez 30 Runden Zeit 9,5 Sekunden Rückstand auf Hamilton aufzuholen. Nur 20 Runden später hing der Lokalheld dem Mercedes im DRS-Bereich.
Es war im Prinzip die gleiche Konstellation wie 14 Tage zuvor in Austin, wo Hamilton mit einem Reifenvorteil Jagd auf Verstappen machte. Verstappen ließ seinen Gegner absichtlich näherkommen, um die Reifen für das Finale zu schonen. Diesen Luxus hatte Hamilton diesmal nicht.
"Wir standen mit dem Rücken zur Wand. Lewis ist vielleicht ein Zehntel langsamer gefahren als er konnte, um die Reifen nicht zu überfordern. Max hat in Austin sechs Zehntel pro Runde nachgelassen. Weil er auch da das bessere Auto hatte."
Nach zwei Red Bull-Strecken hofft Mercedes in Brasilien wieder auf ein Duell auf Augenhöhe. "Ich bin optimistisch. Die Strecke hat uns in der Vergangenheit immer gelegen. Sie passt vom Layout besser zu unserem Auto, und wir haben auch keinen Motornachteil mehr", hofft Wolff. Er macht Hamilton sogar Hoffnung, dass er um einen fünften Motor herumkommt. "Wir scheinen das Motorenproblem unter Kontrolle zu haben. Zuletzt gab es keine Alarmzeichen mehr."