Auch genug Zuladung mit Aufstelldach für vier?
Bürstner holt die Fertigung im Kastenwagen-Segment zurück ins eigene Werk an die deutsch-französische Grenze. Mit Aufstelldach bietet der neue Campeo vier Schlafplätze. Was bedeutet das für die Zuladung, grenzenlos oder grenzwertig?
Der City-Car konnte bislang nicht so wirklich überzeugen. Deshalb kommt nun der Campeo hinzu, mit dem Bürstner in Zukunft Marktführer Pössl deutlich forscher angreifen möchte. Dazu holt das an der deutsch-französischen Grenze ansässige Unternehmen die Produktion zurück ins Stammwerk nach Kehl – zuvor ließ man den City-Car mal bei Hymer, mal bei Laika in Italien fertigen. Die Möbel stammen aus dem eigenen Zweigwerk in Wissembourg in Frankreich.
Bei den Grundrissen greift der Hersteller auf Bewährtes zurück: Der 540 und 600 bekommen ein Querbett im Heck, der 640 Einzelbetten. Zum Test schickt Bürstner die 600-Variante – in Schwarz. Während der Campeo-Grundriss – Halbdinette, Küche mit gegenüberliegendem Bad und Querbett – ganz gewöhnlich daherkommt, lässt Bürstner seinen Kunden gerade unter optischen Gesichtspunkten viel Spielraum für Finessen. Alleine elf Lackvarianten stehen zur Auswahl. In Serie hüllt sich der knapp sechs Meter lange Campeo in ein weißes Gewand. Das gilt auch für das 3790 Euro teure, optionale Aufstelldach, das auf die Karosserie – und den 39.900 Euro teuren Basispreis – obendrauf kommt.
In Wagenfarbe lackiert, müssen Käufer für das zusätzliche Dachbett mit weiteren 900 Euro rechnen. Mit einer zusammensteckbaren Leiter geht es durch einen Dachausschnitt nach oben. Letzterer sorgt mit seiner Öffnung für jede Menge Stehhöhe an der Sitzgruppe. Außerdem verzichtet Bürstner auf das Ablagefach oberhalb des Fahrerhauses. So entsteht gerade im vorderen Bereich ein relativ großzügiges Raumgefühl.
Vier Schlafplätze, aber wenig Zuladung
Eher eng geht es dagegen an der Halbdinette – serienmäßig mit einem Isofix-gesicherten Platz für Kindersitze – mit den beiden drehbaren Fahrerhaussitzen und der erweiterbaren Tischplatte unten zu. Zumindest im Quartett. Das gilt übrigens auch für die Zuladungsreserven. Dank Aufstelldach mit einer Liegefläche von 195 x 135 Zentimeter und dem 193 x 145–156 Zentimeter großen Querbett mit Kaltschaummatratzen im Heck bietet der Campeo zwar vier vollwertige Schlafplätze.
Mit dem 3,3-Tonnen-Serienchassis stoßen Urlauber in der Praxis jedoch schnell an die Zuladungsgrenze. Mit der optionalen Auflastung auf 3,5-Tonnen, die auch der Testwagen mitbringt, sind immerhin 485 Kilogramm drin. Zu zweit geht das in Ordnung, bei vier Personen wird es dagegen eng. Das liegt aber auch daran, dass der Test-Campeo bereits vollgepackt mit gewichtigen Extras wie einer Markise vorfuhr.
Generell müssen Interessenten mit einigen Zusatzkosten für teils unverzichtbare Extras rechnen. Die bündelt Bürstner in sieben Ausstattungspaketen. Als Pflichtoption ist hier das Chassispaket unter anderem mit Beifahrerairbag für mindestens 3190 Euro zu nennen sowie das Campeo-Paket samt Fliegenschutzplissee für die Schiebetür für mindestens 890 Euro. Wer Wert auf einen sportlichen Look legt, sollte einen Blick auf das Active-Paket werfen. Neben 16-Zoll-Alufelgen und Rahmenfenstern bekommt man eine besondere Außengrafik und eine Polsterung mit Steppung im Innern mit dazu – très chic!
Mit der Auflastung für 980 Euro, dem optionalen Schlafdach und dem empfehlenswerten 140-PS-Motor kommen somit schnell 10.000 Euro für Extras zusammen. Der Endpreis des Testwagensliegt gar bei 58.598 Euro, lässt in Bezug auf die Ausstattung aber auch keine Wünsche mehr offen. Das gilt im Übrigen auch für die Dichtheitsgarantie, die Bürstner großzügig mit zehn Jahren beziffert – eine jährliche Kontrolle vorausgesetzt.
An Stauraum mangelt es im Campeo indessen nicht: Durch den Umbau des Heckbetts eröffnet sich eine große Durchladefläche mit Platz für sperriges Gepäck, das an den vier Zurrösen sicher abgespannt werden kann. Der Umbau gestaltet sich jedoch aufwendiger als bei anderen Modellen, da zuerst das Bettgestell, bestehend aus fünf Rost- und Matratzenteilen, auf der linken Möbelzeile gestapelt und gesichert werden muss. Dabei wird zudem der Zugang zu einem relativ großen Staufach darunter versperrt. Bei der Zeile gegenüber sieht das anders aus. Darin erstreckt sich über die ganze Länge der 100-Liter-Frischwassertank. Zwei Weithalsöffnungen erleichtern die Reinigung sehr. Der für 550 Euro extra beheizte, unterflur hängende Abwassertank fasst 90 Liter und erlaubt damit auch Ausflüge zur kälteren Jahreszeit.
Für Wärme im Innenraum sorgt die Truma-Combi-4-Heizung unter der Sitzbank, die sich aus den zwei Elf-Kilo-Gasflaschen im Heck bedient.
Avec finesse: Der Kleiderschrank – mit Zugriff vom Gang – ist in den Waschtisch des Bads integriert. Darüber ist noch Platz für eine offene Ablage mit zwei USB-Anschlüssen. Die eher kleinen Hängeschränke mit massiven Scharnieren im Heck sowie die beiden Podestfächer an der Sitzgruppe rundendas Stauraumkonzept insgesamtzufriedenstellend ab.
Genügend Platz bekommt auch der Küchenblock zugesprochen. Dessen Ähnlichkeit zu Modellen der verwandten Marken Carado und Sunlight ist kaum zu leugnen – alle drei gehören schließlich zur Erwin-Hymer-Group. Statt einem Unterschrank weiß der Campeo jedoch mit drei großen Schubladen zu überzeugen. Darüber kommt ein Zweiflammkocher mit integrierter Spüle und ausreichend Arbeitsfläche zum Einsatz. Der serienmäßige 90-Liter-Kühlschrank an der Stirnseite des Küchenblocks ist bei geöffneter Schiebetür auch von außen zu erreichen. Die 230-Volt-Steckdosen am anderen Ende der Zeile sind bequem vom Bett aus zu nutzen und können als Stromquelle für den Fön verwendet werden. Eine dritte gibt es an der Sitzgruppe.
Das Haaretrocknen selbst ist im Sanitärraum möglich, platzbedingt verbringt man aber – wie in den meisten Kastenwagen – nur die nötigste Zeit in der Nasszelle mit drehbarem Kassetten-Klosett und integrierter Dusche samt aus dem Wasserhahn herausziehbarem Brausekopf. Da der Raum unter dem Waschbecken für den Kleiderschrank herhalten muss, versuchten die Campeo-Entwickler mit vielen offenen Ablagen noch das Beste aus dem Restplatz herauszuholen. Auf eine Dachhaube müssen Käufer bei der Wahl des Aufstelldachs logischerweise verzichten, stattdessen sorgen ein Fenster und zwei LED-Spots für das nötige Licht.
Apropos Licht: Die dimmbaren LED-Streifen an den Hängeschränken im Heck und der Küche lassen sich unkompliziert über die auch vom Bett erreichbaren Schalter am Küchenblock steuern. Die verschiebbaren Lesespots sind beliebig positionierbar.
Stichwort positionieren: Mit dem Campeo möchte sich Bürstner künftig vom wachsenden Kastenwagensegment eine größere Scheibe abschneiden. Alleine aufgrund seines günstigen Einstiegspreises von 39.900 Euro wird das auch gelingen.
Technische Daten: Bürstner Campeo 600 (2020)
Gurte/Schlafplätze: 4/2-4Zul. Gesamtgewicht: ab 3300 kgLänge/Breite/Höhe: 5,99/2,05/2,65 MeterGrundpreis ab: 39.900 EuroTestwagenpreis: 58.598 Euro
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