Günstiger Camper mit hohen Zusatzkosten

Bürstner steigt in den Markt der kleinen Campingbusse ein. Für unter 40.000 Euro. Und verspricht dabei die markentypische "Wohnfühlgarantie". Ob das beim ersten Versuch gleich gelingt? Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem neuen Preisknaller.
Fangen wir gleich mit dem Preis an. Bereits ab 39.990 Euro ist der Copa also erhältlich. Wie ist das möglich? Hauptgrund ist sein Pakete-Konzept. Zum Grundpreis fehlen dem Copa hinten jegliche Sitzgelegenheiten. Zwei Einzelsitze oder alternativ die Schlafsitzbank kommen erst mit den Paketen an Bord – ohne das eine oder das andere geht es also nicht. Immerhin das Aufstelldach ist schon drauf, serienmäßig in Weiß wie das ganze Fahrzeug. Auch der 130-PS-Motor der Transit-Custom-Basis kostet nichts extra. Dennoch kommt der Testwagen auf 56.025 Euro.
Die Bürstner-Paketpolitik ist für das Campingbus-Segment eher ungewöhnlich. Für die sogenannte Bus-Version mit den beiden Einzelsitzen müssen immerhin 4090 Euro extra berappt werden. Die Holiday-Version mit der Schlafsitzbank fordert gar stolze 6490 Euro Aufpreis, hat dafür aber noch eine Schlafauflage für die Bank und eine zusätzliche Stauschublade im Heck. Neben einer 41-Liter-Kompressorkühlbox gehören jeweils auch noch die Verdunkelungen für Fahrerhaus und Wohnraum dazu. Dabei handelt es sich allerdings um simple Isoliermatten mit Gummisaugnäpfen. Bei beiden Versionen kann man optional auch noch ein oder zwei zusätzliche Einzelsitze einsetzen – das Schnierle-Bodenschienensystem erlaubt das. Dann wird der Copa zum Sechssitzer.
Schienensystem mit Makel
Der Testwagen hat das Holiday-Paket an Bord, also mit der Schlafsitzbank und der Schublade im Heck. Die sorgt für eine ganz spezielle Überraschung. Da dieser Schubladenkasten in den gleichen Schienen fixiert ist, in denen die Sitzbank läuft, blockiert er deren Verschiebeweg. Die Bank kann deshalb für die Schlafstellung nicht bis zur Heckklappe zurückgeschoben werden, es bleibt ein etwa 50 Zentimeter breiter Spalt am Kopfende. Platz, der vorne zwischen Bettfläche und gedrehten Vordersitzen fehlt. Denn da bewegt man sich, wenn das Bett gebaut ist, zieht sich an, sitzt auf dem Bett, kocht schon mal einen Kaffee – das geht hier kaum.
Die Schublade lässt sich immerhin mit wenigen Handgriffen ausbauen. Was viele auch tun werden, um sie eher zu Hause zu lassen. Zur Unterbringung von Kleinzubehör ist sie schon hilfreich, der Heckstauraum wird durch den mittig angeordneten Kasten aber zerklüftet. Besser wäre es, die Schublade separat anzubieten und nicht als Zwangsbestandteil der Holiday-Version.
Die Sitzbank selbst ist prima, lässt sich gut umklappen und verschieben. Im Copa bietet sie zwei Fahrsitzplätze, sogar mit Isofixösen. Rund ein Meter Breite ist allerdings wenig, um daraus ein Doppelbett zu bauen. Die Bank verschenkt links und rechts einiges an Platz. Ein Zusatzpolster verbreitert rechts das Bett zwar stellenweise, kann aber das grundsätzliche Dilemma nicht auflösen. Es bleibt schmal und auch nicht gerade sehr einladend mit den seitlichen Spalten und dem offenen Blick in den Gepäckraum am Kopfende.
Das Bett auf dem Dach ist da von anderem Kaliber. Das Aufstelldach von Spezialist SCA, lässt sich problemlos mittels der Butterfly-Schlösser entriegeln. Bürstner hat für mehr Wohnlichkeit extra Kunststoffabdeckungen über den Haken angebracht – mittels Klettverschlüssen. Sie fallen aber schnell mal ab. Der Kraftaufwand, um das Dach nach oben zu schubsen, ist überschaubar, und auch das Herunterziehen sollte den meisten gelingen. Die Stärke der Gasdruckfedern ist gut austariert. Das Bett besteht aus einer leichten Matratze, die auf Tellerfedern lagert. Weitere Stärke des Betts ist – wie auch bei anderen Modellen auf dem Transit Custom – die üppige Breite im Aufstelldach.
So komfortabel schläft es sich auf kaum einer anderen Busbasis dieser Klasse. Auch die Kopffreiheit ist hervorragend. Hier kann man sich drehen und wenden – einen Pullover an- und ausziehen geht ohne Verrenkungen. Die Beleuchtung besteht aus zwei Bürstner-typischen Akkulampen. Die schaffen zwar eine gemütliche Atmosphäre, sind zum Lesen im Dachbett aber ungeeignet. Schwanenhalslampen wären hier praktischer.
Unten geben vier LED-Stablampen gutes Licht, Spots sind aber keine vorhanden. Es gibt USB-Dosen zum Nachrüsten an der Decke, hier ließen sich kleine USB-Lampen anbringen. Obwohl ein relativ kleines Fahrzeug, sind die Ansprüche an einen Kompaktcamper hoch. Schließlich spielt man hier in einer Liga von Routiniers mit wie VW, Westfalia und Pössl sowie einigen kleinen Manufakturen, die mit viel handwerklichem Können und Liebe zum Detail punkten können. Die kosten allerdings meist auch mehr als der Copa. Darum muss man wohl ein paar Abstriche beim Möbelbau hinnehmen.
Ausreichend Stauraum in Schränken & Taschen
Die Küchenzeile hat eine Front, die komplett als Schiebetür ausgeführt ist. Das sieht elegant aus und öffnet in einem Zug alle Fächer. Allerdings kann verrutschtes Gepäck im Heckstauraum den Schiebewege schnell mal blockieren. Im Spülenunterschrank gibt es eine riesige Schublade mit einem beeindruckend großen Besteckeinsatz. Hier ist viel Platz für Messer, Löffel und Gabel und den ganzen Kleinkram wie Schnur, Pflaster oder Feuerzeug.
Ganz unten am Boden fällt andererseits die etwas labile Befestigung der Sockelleiste auf, die als Führungsschiene der Schiebetür fungiert. Die Leiste ist lediglich in den Boden geschraubt. So ein Camper soll aber gerne mal zehn bis 20 Jahre – oder länger – halten. Für diese Führungsschiene ist dieser Zeithorizont eher fraglich.
Der hohe Schrank links hinten im Heck ist mit vier Türen bestückt. Die unteren Fächer enthalten Bordtechnik. Links sitzt die Gasflasche, ein guter Platz. Rechts daneben befindet sich der Zugang zum Wassertank. Der lässt sich an dieser Stelle recht gut reinigen.
Die oberen Schränke nehmen die Kleidung auf. Allerdings darf man die Sitzbank nicht zu weit nach hinten schieben, sonst lässt sich die vordere Schranktür nicht mehr öffnen. Und der Zugang zum hinteren Schrank ist praktisch nur vom Deck aus möglich, da die Scharniere nur einen Öffnungswinkel von rund 90 Grad zulassen. So ist der Zugriff etwa auf Klamotten, die in diesem Fach lagern, von der Sitzbank aus deutlich erschwert.
Viele Bus-Ausbauer verwenden darum hier andere Türmechanismen. Zum Beispiel nach unten versenkbare Frontblenden oder Lamellentüren, die nach hinten verschwinden, sodass die Schränke von allen Seiten gut zugänglich sind. Auch wenn es als Kleinigkeit erscheint, entscheiden solche Lösungen über Ärger oder Wohlbefinden im Vanlife.
Kann überzeugen: Spül-Koch-Kombination
Die Küche bietet eine Spül-Koch-Kombination. Die ist guter Standard, findet sich so auch in großen Kastenwagen. Dank zweier Flammen lassen sich Nudeln und Soße gleichzeitig kochen. Links daneben ist gut versteckt die Kühlbox versenkt. Optisch kaum zu erkennen, ist der Deckel gleichzeitig praktische Abstellfläche. Geöffnet hat der Deckel keine Halterung – darum braucht es immer eine Hand zum Halten. Ein selbstfixierender Aufsteller, der sich beim Anheben wieder löst, oder zur Not ein Riegel würde den Zugriff erleichtern. Neben der Kühlbox finden sich zwei geschickte Ablagefächer. Eines sogar mit Gummibandhaltern, da lassen sich Gewürzstreuer oder Kochlöffel einspannen. Das Fach in der Seitenwandverkleidung ist ebenfalls hilfreich. Hier sitzt auch eine Steckdose. Die gehört zum Elektropaket für 195 Euro, in dem eine USB-Dose und eine 230-Volt-Dose enthalten sind.
Darüber sitzt das Panel, mit dem sich Wasserstand und Batterieladung kontrollieren lassen. Daneben das kleine Bedienteil für die optionale 2-kW-Diesel-Standheizung. Die wiederum ist unterm Beifahrersitz installiert und hat einen Ausströmer, direkt neben der AGM-Batterie mit angemessenen 95 Ah Kapazität.
Wer im Copa essen mag, kann den recht schweren Tisch in die Küchenzeile einhängen. Mit seinen drei Beinen steht er alternativ auch draußen. Allerdings fehlt für die Fahrt ein Aufbewahrungsort. Man muss ihn irgendwie halb auf, halb neben der Stauschublade im Heck ablegen. Um Klappergeräusche zu vermindern, polstert man ihn am besten mit der Tasche mit den Fensterverdunkelungen ab. Dieser große Beutel enthält die Isoliermatten mit den Saugnäpfen und nimmt ungefähr so viel Platz weg wie zwei Schlafsäcke. Auf der Innenseite sind die Blenden ganz angenehm mit einem flauschigen Stoff bezogen. Im Handling sind solche Matten aber umständlicher als Vorhänge oder Plissees. Vorteil im Alltagseinsatz: Da bleibt der Beutel einfach im Keller.
Der Preis des Copa unterbietet sogar den Pössl Campster (42.999 Euro) auf Basis Citroën Spacetourer. Allerdings hat der die Schlafsitzbank schon an Bord. Dessen Erfolg könnte aber ein Fingerzeig für den Bürstner sein – und das bei geräumigerem Basisfahrzeug.
Einengend sind dessen Pakete. Die sollte man noch mal aufschnüren und als Einzelposten wählbar machen. Dann könnten KäuferInnen den Copa noch besser für sich konfigurieren.
Das fiel uns auf
(+) Schöne Lichtleiste, solide Gasdruckfedern und viel Liegebreite locken in das Aufstelldachbett.(-) Der obere Schrank ist nur vom Heck aus gut zugänglich – vom Bett oder der Sitzbank aus schwierig.(-) Die Schublade im Heck ist fester Bestandteil des Holidaypakets, stört aber eigentlich mehr, als sie nutzt.(-) Die Form der Bettverbreiterung verhindert, das Bett bis zur Heckklappe zu schieben.(-) Geschmackssache Verdunklung: Die Matten sind sehr simpel.(-) Die untere Führung der großen Schiebetür ist relativ labil befestigt – hier besteht Bruchgefahr.
Bürstner Copa (2022)
Gurte/Schlafplätze: 2-6/2-4Zul. Gesamtgewicht: 3190 kgLänge/Breite/Höhe: 4,97/1,99/2,09 mGrundpreis ab: 39.990 Euro
Wertung
Maximal 5 Punkte möglich
- Betten: 3,0 Punkte
- Sitzgruppe: 3,0 Punkte
- Küche: 2,5 Punkte
- Möbelbau: 1,5 Punkte