Chinas Verkaufszahlen manipuliert, Märkte voll
In China greifen Autobauer offenbar zu fragwürdigen Tricks, um zu überleben. Dabei geht es um manipulierte Absatzzahlen und extremen Verkaufsdruck.
Dass die zahlreichen chinesischen Autohersteller unter gewaltigem Konkurrenzdruck stehen, ist nicht neu. Auf dem absatzstärksten Automarkt der Welt kämpfen mehr als 150 Automarken um die Gunst der Käufer und ums Überleben. Allerdings sind die Mittel offenbar nicht immer legal, wie chinesische Behörden reklamieren.
Zu viele Eigenzulassungen für die Politik
Sogar das chinesische Handelsministerium hat sich bereits eingeschaltet und sich mit Industrieverbänden und Automobilherstellern – darunter BYD und Dongfeng – getroffen. Den Herstellern wird vorgeworfen, die Verkaufszahlen durch Eigenzulassungen im großen Stil zu verzerren. Rund 3.000 bis 4.000 Händler bieten auf den chinesischen Gebrauchtwagenseiten nun neue Fahrzeuge an, die nie gefahren wurden.
Diese sogenannten "Zero-Mileage"-Gebrauchtwagen bleiben häufig auf Halde, werden aber bereits in der Bilanz als Umsatz verbucht. Grund für solche Maßnahmen ist der extreme Druck, im härter werdenden Wettbewerb zu bestehen. In der Automobilbranche ist es zwar nicht unüblich, dass Fahrzeuge zuerst als Händlerzulassung in die Statistik eingehen – das geschieht auch in Europa. Doch die Dimension und Systematik, mit der diese Praxis derzeit in China betrieben wird, hat eine neue Dimension erreicht.
Chinesische Märkte überschwemmt
Zusätzlich zur Manipulation der Verkaufsstatistiken wächst der Unmut bei den chinesischen Autohändlern. Immer mehr Händler klagen darüber, dass Hersteller sie mit übermäßigen Fahrzeugkontingenten überhäufen – ein weiteres Mittel, um die Verkaufszahlen aufzublähen. Dieses "Inventory Dumping" hat teils drastische Folgen: In Shandong etwa musste ein großer BYD-Händler schließen; rund 20 seiner Verkaufsstellen wurden aufgegeben.
Im Jahr 2024 stiegen die Autoverkäufe in China laut dem Pkw-Verband um 5,5 % auf 22,9 Millionen Fahrzeuge – zu wenig, um die gewaltigen Produktionskapazitäten auszulasten. Nur etwa die Hälfte dieser Kapazitäten wird tatsächlich genutzt. Die Konsequenz: ein brutaler Preiskrieg. Über 220 Automodelle wurden 2024 im Preis gesenkt, bei vielen Herstellern sind die Margen auf unter fünf Prozent geschrumpft – ein Tiefstwert im internationalen Vergleich.
Auch deutsche Marken betroffen
Die anhaltende Marktverzerrung und die aggressive Expansion chinesischer Marken setzen vor allem westliche Autohersteller unter enormen Druck. Einst dominierende Marken wie Volkswagen, General Motors und Toyota haben massiv Marktanteile eingebüßt. Besonders VW, jahrzehntelang Marktführer in China, wird zunehmend von einheimischen Marken wie BYD, Geely und Chery verdrängt – vor allem im schnell wachsenden Segment der Elektrofahrzeuge.
Der Marktanteil ausländischer Marken schrumpfte zuletzt deutlich: Nur noch rund 39 % der verkauften Fahrzeuge in China stammen von internationalen Herstellern – ein historischer Tiefstand. Während Tesla sich mit innovativen Produkten und Preisanpassungen relativ gut behaupten kann (rund 662.000 verkaufte Fahrzeuge in China im letzten Jahr), hinkt die Konkurrenz hinterher. GM etwa musste zwischen 2018 und 2024 einen Absatzeinbruch von über 50 % in seinen China-Joint-Ventures verkraften.
Was Volkswagen in China vorhat, sehen Sie in der Bildergalerie.
Viele Marken werden verschwinden
Schon jetzt ist klar: Viele Marken werden die Absatzkrise nicht überleben. Viele kleinere Produzenten, besonders solche ohne Exporte, stehen bereits jetzt vor dem Aus. Dagegen dürften nur die stärksten Unternehmen – wie BYD, Geely, Chery oder Neulinge wie Xpeng oder Xiaomi – bestehen. Ein interner Brief von He Xiaopeng, CEO des E-Auto-Herstellers XPeng, bezeichnete die Jahre 2025 bis 2027 als "Ausscheidungsrunde" der Branche. Die Konsolidierung ist bereits im Gange: 23 Marken verschwanden allein 2024 vom Markt oder wurden übernommen.
Die aktuelle Lage ist kein Zufall, sondern Teil einer langfristigen Strategie der chinesischen Regierung: Zunächst wurden Hersteller massiv subventioniert – sowohl bei Forschung und Entwicklung als auch mit Kaufanreizen für Kunden. Sobald der Markt groß genug war, ließ man den Wettbewerb eskalieren – ein darwinistisches Aussiebverfahren ähnlich wie zuvor bei Solarzellen oder Windturbinen.