Schnellere Einführung gefordert
Der Biokraftstoff E20 soll früher als geplant in den Markt kommen. Dafür machen sich drei CDU-Europaabgeordnete stark.
Norbert Lins, Peter Liese und Jens Gieseke haben EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in einem Schreiben aufgefordert, die rechtlichen Grundlagen für E20 zügig zu schaffen.
Wörtlich heißt es in dem Brief, der auto-motor-und-sport.de vorliegt:
"Anfang 2025 sind weiterhin überwiegend Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf europäischen Straßen unterwegs, allein in Deutschland knapp 30 Millionen Benziner und 14 Millionen Diesel-Fahrzeuge. Der Hochlauf der Elektromobilität verläuft deutlich langsamer als ursprünglich angenommen. Dies macht den Einsatz alternativer Kraftstoffe umso wichtiger, um auch im Bestand schnell CO₂-Einsparungen zu realisieren." Und weiter: "Eine beschleunigte Normierung und Markteinführung von E20 wäre ein wichtiges Signal an die Bürgerinnen und Bürger, dass die EU nicht nur ambitionierte Klimaziele setzt, sondern auch praktikable und sozialverträgliche Lösungen anbietet."
Das Schreiben betont die Notwendigkeit einer kurzfristig wirksamen Lösung – ohne flächendeckende Umrüstung oder Wartezeiten auf neue Antriebsformen. E20 könne genau diese Lücke schließen.
Was E20 genau ist – und was es bewirken soll
E20 ist ein Ottokraftstoff, der aus 80 Prozent herkömmlichem Benzin und 20 Prozent Bioethanol besteht. Der höhere Anteil an biogenem Ethanol senkt die CO₂-Bilanz gegenüber klassischem Superbenzin. E20 gilt als Weiterentwicklung von E10, ist aber bislang noch nicht frei erhältlich.
Nach derzeitigen Berechnungen liegt das CO₂-Einsparpotenzial bei rund 16 Prozent im Vergleich zu rein fossilem Benzin. Weitere Beimischungen wie Bio-Naphtha (Biobenzinkomponente) könnten diesen Wert auf bis zu 40 Prozent steigern. Auch wirtschaftlich könnte sich E20 lohnen: Der Bioethanol-Anteil unterliegt nicht der CO₂-Bepreisung, was zu stabileren oder niedrigeren Preisen führen könnte – trotz leicht steigendem Verbrauch.
Was Autofahrer beachten müssen
Der Einsatz von E20 ist nicht für alle Fahrzeuge geeignet. Ethanol wirkt korrosiv und stellt erhöhte Anforderungen an Materialien wie Leitungen, Dichtungen oder Pumpen. Deshalb ist eine Herstellerfreigabe Voraussetzung.
- Viele moderne Fahrzeuge – u. a. von VW, BMW, Audi, Seat und Skoda – werden derzeit auf E20 getestet
- VW plant eine Rückfreigabe bis Baujahr 2015
- BMW hat für erste Modellreihen bereits Freigaben angekündigt
- Rund 50 % der aktuell zugelassenen Benziner könnten E20 nutzen
- Die Freigabe ist meist im Handbuch oder am Tankdeckel vermerkt
- Fahrzeuge mit Problemen bei E10 sollten E20 nicht tanken
Eine verbindliche Gesamtfreigabeliste gibt es bisher nicht. Die Tests laufen im Rahmen herstellerinterner Prüfprogramme, die auch durch die Politik unterstützt werden.
Verbrauch, Preis und technischer Hintergrund
Da Ethanol einen geringeren Energiegehalt als Benzin hat, steigt der Verbrauch mit E20 im Schnitt um etwa drei Prozent. Der Kraftstoff bietet jedoch eine hohe Oktanzahl von mindestens 98 – was klopffeste, effizientere Verbrennung bei modernen Motoren begünstigen kann.
Der Preis für E20 ist aktuell noch nicht festgelegt, da er bislang nur in Flottenversuchen eingesetzt wird. Fachleute rechnen damit, dass der Literpreis zwischen E5 und E10 liegen wird – möglicherweise darunter, wenn der steuerliche Vorteil des Bioanteils greift.
Erste Tankstelle im Testbetrieb
In Mannheim wurde im Oktober 2023 die erste E20-Tankstelle eröffnet. Der Kraftstoff wird dort in einem Pilotprojekt an ausgewählte Flottenfahrzeuge abgegeben, begleitet von technischen Messungen und Langzeittests. Der freie Verkauf an private Verbraucher ist aktuell nicht erlaubt.
Die Normierung (DIN EN 228) sowie der EU-Rechtsrahmen sind noch in Arbeit. Mit einer breiten Markteinführung wird frühestens ab 2028 gerechnet.
Kritik aus Umwelt- und Verbraucherverbänden
Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) und andere Organisationen kritisieren den verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen. Der Anbau von Energiepflanzen könne in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion treten, zudem sei die CO₂-Bilanz vieler Biokomponenten – etwa bei Importware – umstritten.
Der VCD bezeichnet E20 als "Wolkenkuckucksheim", das von den strukturellen Problemen im Verkehrssektor ablenke. Die Autoindustrie und der ADAC sehen in E20 dagegen eine pragmatische Möglichkeit, kurzfristig CO₂-Emissionen im Bestand zu senken – ohne Umbauten oder Wartezeiten auf Infrastruktur.
FAQ: E20 – Was Autofahrer jetzt wissen sollten
Was ist E20?
E20 ist ein Ottokraftstoff mit 20 % Bioethanol und 80 % herkömmlichem Benzin. Er soll CO₂-Emissionen im Verkehr senken.
Ist E20 bereits an Tankstellen erhältlich?
Nein. Aktuell läuft in Mannheim ein Flottenversuch. Der freie Verkauf ist nicht erlaubt. Eine Markteinführung ist frühestens ab 2028 möglich.
Wie unterscheidet sich E20 von E10?
Der Bioethanol-Anteil ist doppelt so hoch. Das verbessert die CO₂-Bilanz, erhöht aber leicht den Verbrauch.
Verträgt mein Auto E20?
Das hängt vom Modell und Baujahr ab. Hersteller wie VW und BMW prüfen Freigaben. Ohne ausdrückliche Freigabe sollte E20 nicht getankt werden.
Wie wirkt sich E20 auf den Verbrauch aus?
Der Verbrauch steigt im Schnitt um etwa 3 %, da Ethanol weniger Energie enthält als Benzin.
Wird E20 teurer sein als E10?
Voraussichtlich nicht. Der Bioanteil ist von der CO₂-Bepreisung ausgenommen, was den Preis dämpfen könnte.