Der nächste GTI-Rivale verschwindet
Im Werk Saarlouis wurde der letzte Ford Focus ST gebaut. Wir blicken zurück auf die Karriere eines sehr renommierten Kompaktsportlers.
Die Produktion des Ford Focus endet zwar erst im November, doch schon vor einigen Tagen fiel der Vorhang für das sportliche Topmodell: Wie Reddit-User "u/tbazsi95" mit zwei auf der Community-Website "Reddit" veröffentlichten Bildern dokumentierte, wurde am vergangenen Freitag (26. September 2025) im Werk Saarlouis das "allerletzte" Exemplar des Ford Focus ST produziert. Es handelt sich dabei um einen roten Ford Focus ST X Turnier, in dessen Windschutzscheibe etwas lapidar ein DIN-A4-Zettel hängt, der auf den Sonderstatus des Autos hinweist.
Damit endet nach gut 23 Jahren endgültig die Ära der sportlichen Focus-Version. Die fünfte und letzte Generation setzte auf einen 2,3-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner, der 280 PS und ein maximales Drehmoment von 420 Newtonmetern auf die Vorderräder übertrug. Es gab ihn bis zuletzt als fünftürige Kompaktlimousine und in der Kombiversion Turnier sowie mit zwei Getriebe-Optionen (Sechsgang-Handschaltung und Sieben-Gang-Automatik). Im letzten sport auto-Supertest bezeichnete Autor Christian Gebhardt den Focus ST dank "seiner gelungenen Fahrwerksabstimmung" als "Landstraßen-Held par excellence". Ein Auto mit "wirklich guten Anlagen", das es künftig leider nur noch als Gebrauchtwagen gibt.
1. Generation: Ford Focus ST170
Die Karriere des Ford Focus ST begann 2002, wobei er damals noch die Modellbezeichnung "ST170" trug. Er kam dreieinhalb Jahre nach der Premiere des Escort-Nachfolgers auf den Markt und verfügte über einen Zweiliter-Vierzylinder-Benziner. Der Saugmotor leistete 173 PS und übertrug maximal 196 Newtonmeter auf die Vorderräder. Die Fahrleistungen (8,2 Sekunden von Null auf Hundert, 216 km/h Topspeed) wirken aus heutiger Sicht zwar zahm. Dennoch bereitete der erste ST den Boden für den etwas später erscheinenden, noch sportlicheren und schnelleren Focus RS, der als einzige Benzinervariante der Baureihe über einen Turbomotor verfügte.
2. Generation: Ford Focus ST von 2005
Als 2005 der Nachfolger auf den Markt kam, wies dieser eine Besonderheit auf: Er nutzte einen Fünfzylinder-Motor mit Turboaufladung, der aus dem Portfolio der damaligen Ford-Tochter Volvo stammte. Die Schweden steuerten neben dem 2,5-Liter-Triebwerk noch weitere Komponenten wie die Bremsanlage bei. Wegen des vergleichsweise schweren Motors wurde dem zweiten Ford Focus ST zwar eine gewisse Kopflastigkeit attestiert, doch die Fahrleistungen sprachen für ihn: 6,8 Sekunden für den Standardsprint und eine Höchstgeschwindigkeit von 241 km/h. Und er genoss für eine lange Zeit den Status der sportlichen Speerspitze: Erst zum Jahresbeginn 2009 folgte eine noch schärfere RS-Version.
3. Generation: Ford Focus ST von 2012
In der dritten Focus-Generation wurde beim ST zurückgerüstet und auch bei ihm dem damals angesagten Downsizing-Prinzip gefrönt. Fortan arbeitete wieder ein Zweiliter-Vierzylinder-Turbo im Bug und übertrug seine Kraft auf die Vorderräder. In Sachen Power wirkte sich der Verlust eines Zylinders und von einem Fünftel des Hubraums nicht negativ aus. Im Gegenteil: Ab 2012 standen 250 PS und maximal 360 Newtonmeter (Vorgänger: 225 PS und höchstens 320 Nm) im Datenblatt. Dafür wuchs der Abstand zum RS etwas: Dessen 2,3-Liter-Vierzylinder-Turbo kam auf 350 PS und verteilte seine Kraft auf alle vier Räder.
4. Generation: Ford Focus ST von 2019
Und es gab den ST erstmals mit Turbodiesel. Mit 185 PS und bis zu 400 Newtonmetern war er aber eher ein dynamischer Kilometerfresser auf der Autobahn als ein Landstraßen-Held. Diese Triebwerks-Parallelität zeichnete eine Zeit lang auch die 2019 eingeführte vierte Generation des Focus ST aus. Die Leistung des Selbstzünders wuchs leicht auf 190 PS, doch in der Post-Dieselskandal-Ära hatte es das Motorenkonzept beim Publikum zunehmend schwer – erst recht bei Modellen mit sportlichem Anspruch. Also stellte Ford Ende 2021 die Dieselversion ein.
Damals war noch nicht absehbar, dass nur vier Jahre später das Aus für die gesamte Baureihe bevorsteht und Ford vorerst keinen Nachfolger auflegt. Und nicht nur das: Das Werk in Saarlouis wird komplett dichtgemacht, eine Nachfolgeperspektive gibt es derzeit nicht. Immerhin legte Ford als krönenden Abschluss 2024 noch die Edition-Sonderserie auf, die zwar über einen unveränderten Motor verfügt, aber immerhin ein nachgeschärftes Fahrwerk ihr Eigen nennt. Damit aus dem Landstraßen- sogar ein Rennstrecken-Held wird.
