Das sind die verheerenden Auswirkungen
Eine Modellstudie des ADAC zeigt, welche massiven Auswirkungen eine plötzliche Sperrung einer maroden Brücke für die anderen wichtigen Verkehrsadern hätten.
Als im Dezember 2021 die Rahmedetalbrücke auf der A45 bei Lüdenscheid aus Sicherheitsgründen plötzlich gesperrt werden musste, zeigte sich auf dramatische Weise, welche Folgen der schlechte Zustand vieler deutscher Brücken haben kann. Der Verkehr auf einer der wichtigsten Nord-Süd-Achsen kam über Jahre nahezu zum Erliegen, die Region wurde durch Staus, Lärm und wirtschaftliche Schäden erheblich belastet. Auch die plötzliche Sperrung und der Abriss der maroden Berliner Ringbahnbrücke (A100) in Berlin sorgt aktuell für ein andauerndes Verkehrschaos.
Folgen-Studie anhand von 5 Brücken-Sperrungen
Rund 8.000 Bauwerke im deutschen Autobahnnetz gelten laut ADAC als dringend sanierungsbedürftig. Viele stammen aus den 1960er- und 1970er-Jahren und sind für die heutigen Verkehrslasten nicht ausgelegt. Der Club ließ deshalb durch das Ingenieurbüro PTV Transport Consult GmbH modellieren, welche Folgen eine spontane Vollsperrung von fünf ausgewählten Brücken an Autobahnen und Bundesstraßen hätte.
Fünf Fallbeispiele mit gravierenden Auswirkungen
Untersucht wurden die Norderelbbrücke an der A1 in Hamburg, die Friedrich-Ebert-Brücke auf der A565 in Bonn, die Donaubrücke Sinzing an der A3 bei Regensburg, die Böllinger Talbrücke an der A6 bei Heilbronn und die Agra-Brücke auf der B2 in Leipzig. Die Ergebnisse zeigen, dass ungeplante Sperrungen nicht nur zu enormen Verkehrsproblemen führen, sondern auch hohe volkswirtschaftliche Kosten verursachen.
- Norderelbbrücke (A1, Hamburg)
Täglich rund 125.000 Fahrzeuge. Eine plötzliche Sperrung würde 150 Millionen zusätzliche Fahrzeugkilometer pro Jahr verursachen, 14 Millionen Stunden an zusätzlicher Fahrzeit und einen volkswirtschaftlichen Schaden von etwa 334 Millionen Euro jährlich. - Friedrich-Ebert-Brücke (A565, Bonn)
120.000 Fahrzeuge pro Tag. Zusätzliche Umwege von 55,5 Millionen Kilometern jährlich, Schaden von über 170 Millionen Euro. - Donaubrücke Sinzing (A3, Regensburg)
Umleitungen über die A93 und A6, Schaden von rund 75 Millionen Euro jährlich. - Böllinger Talbrücke (A6, Heilbronn)
Umwegverkehre bis auf A8 und A5, Schaden etwa 172 Millionen Euro pro Jahr. - Agra-Brücke (B2, Leipzig)
Vergleichsweise geringere volkswirtschaftliche Kosten von etwa 14 Millionen Euro, jedoch hohe Belastung der Anwohner durch Umleitungsverkehre im Stadtgebiet.
Die ADAC-Studie verdeutlicht, dass Sperrungen meist mehrere Jahre dauern, da Planung, Genehmigung und Bau einer Ersatzbrücke erhebliche Zeit in Anspruch nehmen.
Zusätzliche Staus, steigender Kraftstoffverbrauch, erhöhte CO₂-Emissionen und Lärmbelastung sind laut ADAC typische Begleiterscheinungen, wenn tragende Bauwerke unerwartet ausfallen. Besonders Ballungsräume wie Hamburg, Bonn oder Leipzig wären durch Umleitungsverkehre stark betroffen. Die volkswirtschaftlichen Schäden summieren sich allein bei den untersuchten fünf Fällen auf über 760 Millionen Euro pro Jahr – hinzu kommen indirekte Kosten, etwa durch Produktionsverzögerungen und Lieferengpässe.
Steigende Risiken durch Sanierungsstau
ADAC-Verkehrspräsident Gerhard Hillebrand forderte angesichts der Ergebnisse eine deutliche Beschleunigung der Sanierungsprogramme: "Mit jedem weiteren Jahr, das bei der Erneuerung einer Brücke ungenutzt verstreicht, steigen die Risiken für Folgeschäden und damit für starke Belastungen von Autofahrern, Anwohnern und der Volkswirtschaft erheblich."
Der ADAC weist darauf hin, dass die erforderlichen finanziellen Mittel aus dem Bundes-Sondervermögen zügig eingesetzt und künftig weiter erhöht werden müssen. Ohne konsequente Investitionen drohen ähnliche Szenarien wie in Lüdenscheid, wo sich die Belastungen über Jahre fortsetzen.
Hintergrund
In Deutschland müssen nach ADAC-Angaben bis 2040 rund 8.000 Brückenbauwerke auf Autobahnen erneuert oder saniert werden. Viele von ihnen liegen in den westlichen Bundesländern und stammen aus der Phase des rasanten Straßenbaus in den 1960er- und 1970er-Jahren. Zahlreiche Brücken, darunter auch die , mussten in den vergangenen Jahren kurzfristig gesperrt werden, weil sie den Verkehrslasten nicht mehr standhielten.
