Welche Strafen drohen bei manipulierten Bremsen?
Ein Mercedes GLE 400 Coupé mit kräftigem V6-Motor, auffälliger Optik und stolzem Preis – eigentlich ein souveräner Auftritt auf der Straße. Doch ein Gebrauchtwagenkäufer entdeckt das Gegenteil von Premium.
Statt echter Bremsbeläge sind an seinem Fahrzeug zugeschnittene Holzplatten montiert – unbrauchbar, potenziell lebensgefährlich. Wie ist ein solcher Fall technisch einzuordnen und wer muss am Ende mit rechtlichen Konsequenzen rechnen?
Bremsbeläge unterliegen im Straßenverkehr extremen thermischen und mechanischen Anforderungen. Bei einer Gefahrenbremsung werden innerhalb weniger Sekunden mehrere Kilowatt an kinetischer Energie in Wärme umgewandelt. In diesem Prozess entstehen Temperaturen von über 300 °C an der Reibfläche. Serienbeläge bestehen aus abgestimmten Verbundstoffen – mit definierten Reibwerten, Temperaturkoeffizienten und Abriebverhalten.
Holz hingegen besitzt keine formstabile Matrix unter Hitzeeinwirkung. Bereits bei 200 °C beginnt es zu verkohlen, verliert Festigkeit und liefert unkontrollierbare Reibwerte. Die Folge: massive Verzögerungsverluste, Ausgasungen, mechanische Instabilität. Selbst bei geringer Belastung ist ein vollständiger Ausfall der Bremswirkung möglich.
Täuschung mit ernsten Folgen
Der Eingriff am betroffenen Mercedes GLE ist eindeutig: Die originalen Bremsbeläge wurden durch ein gänzlich ungeeignetes Material ersetzt. Ob aus Unwissenheit, Kostengründen oder betrügerischer Absicht – die sicherheitsrelevante Baugruppe "Bremse" wurde manipuliert.
Das Fahrzeug wäre selbstverständlich bei jeder Hauptuntersuchung durchgefallen. Dass es überhaupt im Verkehr bewegt wurde, stellt ein erhebliches Risiko dar – nicht nur technisch, sondern auch rechtlich.
Strafrahmen für technische Manipulationen
Die einschlägigen Paragrafen des Strafgesetzbuches setzen klar an: § 315b StGB erfasst den "gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr" – auch durch Veränderungen an technischen Einrichtungen. Wird dadurch Leib oder Leben anderer gefährdet, drohen bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe. Wird der Eingriff mit Eventualvorsatz begangen, kann der Tatbestand sogar erfüllt sein, ohne dass ein Unfall geschieht.
§ 315c StGB ergänzt diesen Bereich: Das bewusste Führen eines Fahrzeugs mit gravierenden Mängeln – etwa funktionsunfähiger Bremse – gilt ebenfalls als Straftat. Auch hier ist eine Gefährdung Dritter ausreichend. Ob der Halter selbst manipuliert hat oder nur in Kauf nahm, dass das Fahrzeug in diesem Zustand bewegt wurde, entscheidet über die Schwere der Sanktion.
Verantwortung von Käufer, Vorbesitzer und Werkstatt
Für Käufer bedeutet ein derartiger Mangel: Sofortige Stilllegung. Die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs erlischt, der Versicherungsschutz kann entfallen. Eine zivilrechtliche Rückabwicklung des Kaufvertrags ist möglich – insbesondere bei Arglist.
Wurde der technische Zustand vom Vorbesitzer verschwiegen, liegt möglicherweise Betrug (§ 263 StGB) vor. Dabei reicht es, wenn dieser wusste, dass das Fahrzeug nicht verkehrssicher war und es trotzdem zum Verkauf anbot.
Eine Werkstatt, die ein solches Fahrzeug wissentlich freigibt oder technische Mängel nicht dokumentiert, riskiert berufsrechtliche Konsequenzen – bis hin zur Haftung im Schadensfall.
