Werksteam hinter Kundenauto
Mercedes hat es nicht geschafft, am zweiten Spielberg-Wochenende den Rückstand auf Red Bull zu verkürzen. Dafür fuhr Lando Norris den Silberpfeilen in die Parade. Der GP Österreich könnte auf Schadensbegrenzung hinauslaufen.
Eigentlich wollte Mercedes den Abstand zu Max Verstappen verkürzen. Das zweite Wochenende auf der gleichen Strecke sollte helfen, mit den Lehren aus dem ersten die Lücke zum WM-Spitzenreiter zu schließen. Stattdessen wuchs der Abstand zur Pole Position von 0,194 auf 0,294 Sekunden an. Und es stehen noch zwei Autos zwischen den beiden Mercedes und Pole-Mann Max Verstappen.
Dass sich darunter auch Verstappens Teamkollege Sergio Perez befindet, ist aus taktischer Sicht ärgerlich. Der Mexikaner kann jetzt den perfekten Manndecker für Verstappen spielen. Und er selbst wird schwer zu überholen sein, weil die Red Bull.Honda wieder schnell auf den Geraden sind, und weil Perez schon letzte Woche bewiesen hat, dass er mit seinen Reifen genauso haushalten kann wie Lewis Hamilton und Valtteri Bottas.
Hamilton stellte nüchtern fest: "Uns steht eine noch größere Herausforderung bevor, als es das vergangene Rennwochenende schon gewesen ist. Es scheint weiterhin der Speed zu fehlen. Wir haben alles versucht, um mehr aus dem Auto herauszuholen, aber es reicht momentan einfach nicht." Valtteri Bottas bedauerte: "Ich hatte gehofft, heute um die Pole zu kämpfen, aber die lag außer Reichweite. Es sieht so aus, dass uns vielleicht ein oder zwei Zehntel auf die Rundenzeit fehlten, die wir hätten erreichen sollen."
Soft-Reifen bremsen Mercedes
Der schnellste Mercedes in Spielberg war ein Kundenauto. Lando Norris stahl den Mercedes-Stars im McLaren die Show. Teamchef Toto Wolff sah dafür nur eine Erklärung: "Wir sind mit dem C5-Reifen nicht so gut zurechtgekommen wie die anderen. Es gibt keine spezielle Stelle, wo wir besonders viel Zeit verloren hätten. Der Verlust verteilt sich über die gesamte Runde."
Chefingenieur Andrew Shovlin bringt noch die höheren Asphalttemperaturen ins Spiel. Die waren im Vergleich zum Vortag um 20 Grad gestiegen. "Wir müssen uns hinterfragen, ob wir die Soft-Reifen ins richtige Fenster gebracht haben. Die meisten Fahrer konnten sich im Q3 steigern. Wir nicht. Und dann bezahlst du auf einer Strecke, auf der die Abstände so gering sind." Das unterschreibt auch Hamilton: "In der Hitze schien Red Bull heute Fortschritte zu machen, während es bei uns Rückschritte waren."
Das Defizit auf Red Bull und McLaren auf den Geraden veränderte sich gegenüber dem GP Steiermark nicht. Im Vergleich zur Vorwoche büßten die Mercedes am meisten im ersten Sektor ein. Aber wir reden da über Verluste von 0,052 bis 0,090 Sekunden auf sich selbst. Auch Verstappen war im ersten Streckenabschnitt nicht so gut wie eine Woche davor. Nur Lando Norris gewann in allen drei Sektoren im Vergleich zum ersten Wochenende in der Steiermark.
Dafür fand Mercedes im Mittelsektor die meiste Zeit, während Red Bull noch stärker in den letzten Kurven der Strecke war. Aus keiner der Analysen lässt sich jedoch ableiten, wo Mercedes etwas falsch oder die Gegner etwas richtig gemacht hätten. Im Vergleich zu McLaren lässt es sich vielleicht so erklären: Von der weichsten Gummimischung profitieren immer die Autos am meisten, die weniger Abtrieb haben.
Bottas für Rennen optimistisch
Für Mercedes geht es im neunten Rennen des Jahres hauptsächlich um Schadensbegrenzung. Die Longruns vom Freitag lassen hoffen, dass die Silberpfeile über die Distanz zumindest dem McLaren überlegen sind. Selbst Lando Norris schien zu zweifeln, dass er die Autos hinter sich lange aufhalten kann. Auch weil der McLaren im Rennen seinen Topspeed-Vorteil meistens verliert. Sein Geheminis ist, dass er mit offenem DRS mehr Zeit auf die Gegner gewinnt.
Bottas macht sich Hoffnung, dass es im Rennen besser läuft: "Mit Blick auf das Renntempo sollten wir etwas besser aussehen, da alle unsere Arbeiten am Fahrzeugsetup ein bisschen mehr auf das Rennen abzielten. Ich erwarte immer noch einen Kampf gegen Red Bull." So angriffslustig erlebt man den Finnen selten. Für ihn gibt es nach der Vertragsverlängerung von Hamilton nur noch den Weg nach vorne.
Es müssen schon ein paar Siege her, um Mercedes davon abzuhalten, George Russell 2022 in das zweite Auto zu stecken. Mit dieser Möglichkeit will sich Bottas jetzt noch nicht beschäftigen. "Das ist etwas für nächste Woche und später. Im Augenblick zählt nur die Vorbereitung auf das Rennen." Die Gerüchteküche weiß auch schon, wo der Finne nach Ablauf seiner fünf Jahre bei Mercedes landen könnte. Bei Williams oder bei Alfa Sauber.