Gericht sieht erhöhtes Risiko bei Touristenfahrten

Das Landgericht Koblenz hat entschieden, dass bei sogenannten Touristenfahrten auf dem Nürburgring eine erhöhte Betriebsgefahr der Fahrzeuge besteht.
Hintergrund war ein Auffahrunfall auf der Nordschleife, an dem ein gestürztes Motorrad, ein BMW M4 und das Fahrzeug des Klägers beteiligt waren (Az. 5 O 123/20, nicht rechtskräftig).
Der Unfallhergang
Der Unfall ereignete sich am 2. Juni 2019 im Bereich des Streckenabschnitts Schwalbenschwanz/Galgenkopf der Nordschleife. Dort war ein Motorradfahrer gestürzt, seine Maschine blieb mitten auf der Fahrbahn liegen. Eine weitere Person hatte ihr Auto angehalten, um Hilfe zu leisten.
Unmittelbar hinter dem Motorrad befand sich ein BMW M4, der wegen des Hindernisses stark abbremsen musste. Dahinter folgte der Kläger mit seinem Pkw. Er war mit rund 135 km/h unterwegs und konnte nicht mehr rechtzeitig reagieren. In der Folge fuhr er auf das Heck des BMW M4 auf.
Der Kläger argumentierte, die Fahrbahn sei durch das gestürzte Motorrad und weitere Fahrzeuge blockiert gewesen. Um Personenschäden zu vermeiden, habe er nur noch eine Notbremsung durchführen können. Die Versicherung des Motorradfahrers entgegnete, der Kläger habe den Unfall durch zu geringen Sicherheitsabstand selbst verursacht.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht stellte klar, dass der Kläger den Auffahrunfall in erster Linie selbst verschuldet hat. Er habe gegen § 4 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) verstoßen. Diese Vorschrift verlangt, dass Fahrer stets so viel Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug halten, dass sie auch dann rechtzeitig bremsen können, wenn dieses plötzlich abbremst.
Im Urteil heißt es: "Der Kläger […] kollidierte aufgrund eines zu geringen Abstandes zum vorausfahrenden Pkw mit diesem." Nach Überzeugung der Richter hätte der Kläger bei angepasstem Abstand den BMW M4 gefahrlos hinter diesem zum Stillstand bringen können.
Dennoch wurde auch das Motorrad in die Haftung einbezogen. Die Richter bewerteten dessen Betriebsgefahr mit zwanzig Prozent, da es nach dem Sturz auf der Strecke liegen geblieben war und die Situation maßgeblich beeinflusste. Zugleich verwies die Kammer auf die Rechtsprechung des OLG Koblenz, wonach die Betriebsgefahr bei Touristenfahrten auf der Nordschleife generell höher anzusetzen ist.
Folgen für ähnliche Fälle
Das Urteil zeigt, dass eine Mithaftung auch dann möglich ist, wenn kein direkter Zusammenstoß mit dem anderen Fahrzeug erfolgt. Die bloße Blockade der Strecke durch das gestürzte Motorrad reichte aus, um eine anteilige Haftung zu begründen. Im Ergebnis trägt der Kläger achtzig Prozent des Schadens, die Versicherung des Motorradfahrers zwanzig Prozent.