Finnland übernimmt Mehrheit an Valmet Automotive

Valmet Automotive hat am Montag (1. September 2025) einen umfassenden Strategiewechsel verkündet. Der Auftragsfertiger will sein Know-how in industrieller Serienproduktion künftig auch außerhalb der Automobilindustrie anbieten – ausdrücklich auch für die Fertigung von Rüstungsgütern.
Parallel veräußert das Unternehmen seine Batteriesparte IONCOR an ein Investorenkonsortium um die staatliche Finnish Minerals Group, und der finnische Staat übernimmt die Mehrheit an Valmet Automotive.
Begründet wird die Neuausrichtung mit einem anhaltend schwachen europäischen Automarkt und einer langsamer als erwartet voranschreitenden Elektrifizierung. Das Unternehmen will seine über Jahrzehnte aufgebaute Serienfertigungs-Technik in weitere Industrien übertragen, darunter die Auftragsfertigung für den Verteidigungssektor. CEO Pasi Rannus sagte: "Wir gehen in der sechzigjährigen Geschichte von Valmet Automotive einen völlig neuen Schritt, indem wir das Geschäft über die Automobilfertigung hinaus ausweiten."
Staat steigt ein, CATL steigt aus
Im Zuge der Transaktion erwirbt der finnische Staat gemeinsam mit der Pontos Group den zuvor von CATL gehaltenen Anteil von 20,6 Prozent. Nach Abschluss der Finanzierungsrunde hält der Staat 79 Prozent der Anteile, Pontos 21 Prozent. Zusätzlich fließen rund 37,5 Millionen Euro neues Kapital in Valmet Automotive; die Beteiligung wechselt aus dem Portfolio der staatlichen Beteiligungsgesellschaft Tesi in direktes Staatseigentum.
Die Batteriesystem-Tochter IONCOR geht mehrheitlich an die vollständig staatliche Finnish Minerals Group. Nach der Neuordnung verteilen sich die Anteile auf Finnish Minerals Group mit 70 Prozent, Varma Mutual Pension Insurance Company mit 16 Prozent und Pontos mit 14 Prozent. Der Staat stellt zudem rund 20 Millionen Euro frisches Kapital für IONCOR bereit. Ziel ist die Stärkung der heimischen Batteriewertschöpfungskette.
Unternehmensstruktur und Personal
Unberührt bleibt die RKS-Sparte (Roof & Kinematic Systems) mit Standorten in Polen und Deutschland. Pasi Rannus führt Valmet Automotive weiterhin als CEO; als Berater der Transaktion waren Aventum Partners und Hannes Snellman tätig. Auf der Automotive-Fertigung verweist das Unternehmen auf eine Produktionshistorie von 1,9 Millionen Fahrzeugen seit 1968 am Standort Uusikaupunki.
Die stärkere staatliche Kontrolle und die Eingliederung von IONCOR in die öffentliche Batteriewertschöpfung stehen im Zeichen geopolitischer Risiken und der Versorgungssicherheit. Der Rückzug von CATL aus der Beteiligung an Valmet Automotive fällt zeitlich zusammen mit einem schwierigen Marktumfeld für Elektrofahrzeuge in Europa und politischen Maßnahmen zur Absicherung hiesiger Lieferketten.
Stimmen aus dem Unternehmen
Kari Heinistö, Aufsichtsratsvorsitzender von Valmet Automotive, bewertete die Neuordnung positiv: "Wir sind mit der nun getroffenen Eigentums- und Finanzierungsvereinbarung sehr zufrieden. Die strategische Expansion von Valmet Automotive ist damit möglich, und IONCOR hat mit den neuen Eigentümern hervorragende Voraussetzungen, sein Geschäft in der finnischen Batteriewertschöpfung weiterzuentwickeln."
Mit der Mehrheitsbeteiligung des Staates und der Fokussierung von IONCOR auf die nationale Batteriekette setzt Finnland auf industrielle Resilienz. Für Valmet Automotive eröffnet die Öffnung in Richtung Verteidigungsaufträge zusätzliche Kapazitätsauslastung und neue Umsatzquellen, während RKS und die Fahrzeugauftragsfertigung fortgeführt werden sollen. Wie schnell neue Projekte außerhalb des Kerngeschäfts anlaufen, hängt von Markt- und Beschaffungslagen ab.