Beliebte Verkehrsirrtümer: Lichthupe Reißverschlussverfahren und Co.Irrtum 1: Eine Fahrbahn gilt erst als nass, wenn es in Strömen regnet.
Falsch gedacht. Ein Urteil des Bundesgerichtshofes von 1977
regelt eindeutig, dass eine Fahrbahn als nass gilt, wenn sich eine
erkennbare, auch nur dünne Wasserschicht bildet. Weisen
Verkehrsschilder darauf hin, dass bei Nässe eine
Geschwindigkeitsbegrenzung gilt, müssen Raser mit einem Bußgeld
rechnen, wenn sie sich nicht daran halten.
Zumal der Rutschfaktor durch Regen nicht unterschätzt werden
sollte: Laut Verkehrsunfallstatistik kam es im Vorjahr im
Bundesgebiet allein durch Nässe zu etwa 8.500 Unfällen mit
Verletzten.
Irrtum 2: Auf Autobahnen muss mindestens 60 km/h gefahren
werden.
Nicht ganz richtig. Auf deutschen Straßen gibt es keine
generelle Mindestgeschwindigkeit, an die sich jeder Fahrer halten
muss. Die Regelung besagt nur, dass allein die Fahrzeuge Autobahnen
benutzen dürfen, die schneller als 60 km/h fahren könnten.
"Allerdings verbietet es die Straßenverkehrsordnung, ohne
triftigen Grund so langsam zu fahren, dass es den Verkehr
behindert. Das kann sogar strafbar sein und ein Bußgeld nach sich
ziehen", erklärt Fachanwalt Markus Prehn. Das gilt nicht nur auf
Autobahnen, sondern auch auf allen anderen Straßen.
Irrtum 3: Das Nutzen der Lichthupe beim Überholen ist
Nötigung.
Falsch! Wer außerhalb geschlossener Ortschaften überholen will,
darf das vorher mit der Lichthupe ankündigen. Das stellt noch keine
sogenannte Nötigung dar.
"Erst wenn derjenige, der überholen will, die Lichthupe
dauerhaft einsetzt sowie über mehrere Hundert Meter dicht auffährt,
kann dies als Nötigung eingestuft werden und zur Anzeige führen",
sagt Markus Prehn.
Irrtum 4: Es ist verboten, im Reißverschlussprinzip bis ganz
nach vorn zu fahren.
Das kennt jeder Autofahrer: "Drängler" ordnen sich erst kurz vor
dem Spurwechsel ein und andere Verkehrsteilnehmer versuchen, diesen
das Einscheren zu erschweren. Dabei ist diese Situation klar
geregelt...
"Es ist ausdrücklich vorgeschrieben, beim Reißverschlussprinzip
bis ganz nach vorn zu fahren", sagt Markus Prehn. Verengen sich
zwei Fahrspuren zu einer, soll der Fahrer erst unmittelbar vor der
Verengung von einer auf die nächste Spur wechseln. Er soll
möglichst weit vorfahren, um die Kapazität der Fahrbahn optimal
auszunutzen und Staus zu vermeiden.
Irrtum 5: Nur in der Dunkelheit muss das Licht eingeschaltet
werden.
Die Beleuchtungsanlage des Fahrzeuges muss bereits während der
Dämmerung, bei Dunkelheit oder wenn die Sichtverhältnisse es sonst
erfordern, eingeschaltet werden. „Kommt es zu einem Unfall, weil
der Autofahrer ohne Licht gefahren ist, liegt die Beweislast bei
ihm, dass das fehlende Licht nicht der Grund dafür war“, so Markus
Prehn, Partneranwalt von Roland-Rechtsschutz.
Wenn alles darauf hindeutet, dass der Unfall passiert ist, weil
ohne Licht gefahren wurde, haftet der Unfallverursacher allein für
die entstandenen Schäden. Prehn hat einen guten Tipp zur
Orientierung: "Sind die Umrisse und das Ende des vorfahrenden Autos
auf größere Entfernung nicht mehr deutlich erkennbar, sollte der
Fahrer das Licht einschalten."
Irrtum 6: Nach einem Unfall ist es ausreichend, einen Zettel an
der Windschutzscheibe zu hinterlassen.
Auf keinen Fall! Wer beispielsweise beim Ein- oder Ausparken ein
anderes Fahrzeug beschädigt, sollte niemals nur einen Zettel mit
Namen und Telefonnummer hinterlassen. Denn wer den Unfallort dann
einfach verlässt, riskiert nicht nur ein Ermittlungsverfahren wegen
Unfallflucht oder sogar den Verlust seines Führerscheins. Auch die
Kasko- und Haftpflichtversicherer können jegliche Zahlungen
verweigern, wenn eine Unfallflucht rechtskräftig festgestellt
wird.
"Am besten wird immer sofort die Polizei gerufen, da eine
Wartefrist gesetzlich nicht eindeutig definiert ist", rät Markus
Prehn. Zudem denken viele Autofahrer, dass sie nach einem Unfall
mit zwei oder mehr Fahrzeugen, die Autos immer stehen lassen
müssen, bis die Polizei eintrifft. Richtig ist aber vielmehr, dass
unverzüglich zu halten, der Verkehr zu sichern und die Autos bei
kleineren Schäden bis 600 Euro zudem direkt bei Seite zu fahren
sind. „Nur bei größeren Schäden haben die Beteiligten das Recht,
den Unfall sowie Zeugenaussagen durch die Polizei dokumentieren zu
lassen“, so Prehn.
Irrtum 7: Rechts überholen ist verboten.
Nicht immer. "Grundsätzlich gilt es, immer links zu überholen.
Doch in bestimmten Fällen schreibt die Straßenverkehrsordnung sogar
vor, dass rechts überholt werden muss“, sagt Fachanwalt Prehn.
Ordnet sich beispielsweise jemand zum Abbiegen nach links ein, darf
er nicht links überholt werden.
Darüber hinaus darf rechts schneller gefahren werden, wenn der
Verkehr so dicht ist, dass sich auf den Fahrstreifen für eine
Richtung eine Fahrzeugschlange bildet. Nur wer bei seinen
Überholvorgängen andere Verkehrsteilnehmer gefährdet, riskiert dann
ein Bußgeld. Daher sollte immer rechtzeitig den Blinker betätigt
werden, um einen Fahrstreifenwechsel anzukündigen – nicht nur in
Ausnahmefällen oder nach Gutdünken.
Irrtum 8: Wer auffährt, ist immer Schuld.
Der Schein trügt. Nicht immer stimmt der erste Verdacht, dass
der Hinterherfahrende nicht den notwendigen Sicherheitsabstand
eingehalten hat oder unaufmerksam war. Wenn beispielsweise ein
Überholender sein Fahrzeug absichtlich direkt hinter dem Einscheren
abbremst, um den überholten Autofahrer zu verkehrsgerechtem
Verhalten zu zwingen, haftet er in vollem Umfang für den Schaden,
weil der nachfolgende Fahrer nicht mehr rechtzeitig bremsen kann
und auffährt.
Der Vorausfahrende darf auch nicht ohne zwingenden Grund einfach
bremsen – auch nicht für ein Kleintier, das über die Straße läuft.
"Passiert aus diesem Grund ein Auffahrunfall, ist mit einem
Alleinverschulden oder zumindest mit einem überwiegendem
Verschulden des Vorausfahrenden zu rechnen", klärt Markus Prehn
auf.
Irrtum 9: Wer alkoholisiert Fahrrad fährt, muss nicht um seinen
Führerschein fürchten.
Schön wär’s. Wer nicht auf sein Bierchen verzichten will, sollte
lieber auch sein Fahrrad zuhause lassen. Wird er im Straßenverkehr
betrunken auf seinem Fahrrad erwischt, riskiert er seinen
Führerschein – nicht genug, dass er eine Gefahr für andere
darstellt. Eine absolute Fahruntüchtigkeit wird bei einem Radfahrer
ab 1,6 Promille angenommen, dann macht er sich wegen einer
Trunkenheitsfahrt strafbar.
Der Strafrichter muss dies auch der Führerscheinbehörde
mitteilen. Ab 1,6 Promille ordnet diese eine Eignungsprüfung an und
holt ein Medizinisch Psychologisches Gutachten ein. Oftmals endet
ein solches Verfahren mit dem Entzug der Fahrerlaubnis.