Ratgeber
Keine Tankstellen, zu wenig Reichweite, gefährliche Tanks, und dann darf man nicht einmal ins Parkhaus fahren: Einige Irrtümer rund ums Thema Erdgas und Auto halten sich beharrlich.
1. Mythos: Es gibt kaum Tankstelle., an denen man Gas tanken kann
Die größte Angst von Autofahrern: Nachdem man vergessen hat, beizeiten nachzutanken, rollt das Fahrzeug ohne Kraftstoff im Tank am Straßenrand aus – mitten in der Nacht, auf einer einsamen Landstraße. Keine schöne Vorstellung, in der Tat. Aber extrem selten Realität – und dies völlig unabhängig davon, welcher Kraftstoff in den Tank gehört. Die Versorgung mit CNG ist in Deutschland flächendeckend gegeben. Nicht in der Dichte, wie man es mit Benzin und Diesel gewöhnt ist, aber mit rund 900 Tankstelle. doch so, dass man unbesorgt fahren kann. Auch in den Nachbarländern ist die Versorgung gut bis sehr gut: In Italien sind es über 1.200 Gas-Tankstellen, in Österreich fast 200 und in der Schweiz gut 150. Vor allem entlang der Autobahnen muss man keine Angst haben. Über das Navi seines Fahrzeugs findet man die nächstgelegene Tankstelle, oder aber über die Apps der Seiten www.erdgas.info oder gibgas.de – die zeigen übersichtlich an, wo in der aktuellen Umgebung der nächste Gas-Anschluss zu finden ist. Außerdem hat jedes CNG-Auto sein Sicherheitspolster dabei: Der bei den meisten Modellen inzwischen zwar auf knapp zehn Liter geschrumpfte Benzintank, mit dem sich aber das Auto ja auch ohne Gas weit über 100 Kilometer fahren lässt.
2. Mythos: Gastanks sind unsicher
Dass CNG mit einem Druck von 200 bar in den Tanks aus Stahl oder Kohlefaser-Verbundwerkstoff gespeichert wird, beunruhigt viele Autofahrer. Diese 200 bar sind aber nur ein Bruchteil dessen, was die Tanks können – zertifiziert sind sie bis 600 bar. Es ist also eine sehr große Sicherheitsmarge eingebaut. Überdies ist der Tank mit einem Sicherheitsventil ausgerüstet. Sollte das Fahrzeug Feuer fangen, entleert sich der Tank, sodass keine Explosionsgefahr besteht. Auch der verbreitete Irrglauben, bei tiefen Wintertemperaturen könnte CNG gefrieren und damit flüssig werden, ist ein Mythos – dafür müsste die Außentemperatur bei minus 160 Grad Celsius liegen. Wichtig, um die hohen Sicherheitsstandards der CNG-Tanks zu gewährleisten: Speziell nach Auffahrunfällen muss bei den anschließenden Reparaturarbeiten sehr genau darauf geachtet werden, ob die Tanks beim Crash auch wirklich unbeschädigt geblieben sind.
3.Mythos: Parkhäuser sind mit Erdgasautos verboten
Ein Mythos, der sich besonders beharrlich hält. In etlichen Parkhäusern ist – oder war einmal – die Einfahrt für Gasfahrzeuge verboten. Damit waren aber nicht CNG-Fahrzeuge gemeint, sondern Autos mit LPG-Technik. Liquefied Petroleum Gas oder schlicht Flüssiggas ist schwerer als Luft, würde sich nach einem Leck im Tank am Boden der Tiefgarage sammeln und ist im Gegensatz zu CNG leicht entflammbar. Dagegen ist Erdgas leichter als Luft, verflüchtigt sich schnell und wird damit über die Entlüftung aus der Tiefgarage geschafft. Aber selbst für LPG wurden die gesetzlichen Bestimmungen schon vor Jahren weitgehend gelockert, jedoch finden sich noch vereinzelt die alten Verbotsschilder. In Österreich hat der Gesetzgeber ausdrücklich bestimmt, dass CNG-Autos in Parkhäuser einfahren dürfen. Im Zweifelsfall gilt zwar das Hausrecht des Parkhaus-Eigentümers – aber mit CNG-Auto stellen sich diese Parkprobleme nicht.
4. Mythos: Gasautos sind eher schwach motorisiert
Zugegeben: In Vor-Turbo-Zeiten galten Erdgasautos nicht als Ausbund an Temperament. Möglichst sparsamer Antrieb mit Saugmotor, das ergab entsprechend behäbige Fahrzeuge mit überschaubarer Leistung und vor allem wenig Drehmoment. In Zeiten des Downsizing mit kleinen, aber kräftigen Turbos hat sich das geändert. Der 1,5-Liter-Direkteinspritzer im Kompaktklassemodell Leon leistet mit CNG als Kraftstoff 130 PS und hat ein maximales Drehmoment von 200 Newtonmeter, das auch über ein recht breites Drehzahlband zur Verfügung steht. Damit kann man auch auf deutschen Autobahnen mehr als nur mitschwimmen.
5. Mythos: Die Gasanlage erfordert hohen Wartungsaufwand
Nein, die Zündkerzen eines CNG-Autos müssen nicht alle paar Tausend Kilometer bei der Inspektion gewechselt werden, und auch die Filter setzen sich nicht schneller zu als bei einem Diesel oder Benziner. Einen kleinen Unterschied gibt es aber dennoch: Die Dichtheit der Gasanlage muss vor jeder Hauptuntersuchung geprüft werden. In Form einer Sichtprüfung nimmt eine Fachwerkstatt den Zustand der Tanks unter die Lupe. Die Prüfintervalle entsprechen denen der HU: Beim ersten Mal drei Jahre nach Erstzulassung, danach alle zwei Jahre. Der TÜV Nord stellt dafür 26,18 Euro in Rechnung, zusätzlich zu den normalen Prüfgebühren.
6. Mythos: Erdgasautos sind viel zu teuer und lohnen sich nicht
Ob Erdgasautos teurer sind oder nicht, kommt auf den Standpunkt an – und auf die infrage kommenden Alternativen. Im Vergleich zu einem gleich motorisierten Benziner sind sie etwas teurer. Deshalb bieten die Hersteller häufig im Rahmen von Umwelt- oder Förderprämien einen CNG-Bonus. So gleicht etwa SEAT bis Ende Juni den Preisunterschied von rund 1,000 Euro zwischen TSI und TGI aus. Vergleicht man ein CNG-Modell mit einem entsprechenden Diesel, liegt das Gasauto beim Kaufpreis deutlich günstiger. Bei den Versicherungskosten ergeben sich keine markanten Unterschiede, bei der Kfz-Steuer haben Gasautos wegen ihres niedrigeren CO2-Ausstoßes die Nase leicht vorn. Der entscheidende Unterschied ergibt sich an der Tankstelle. Beim Treibstoff spart man grob gerechnet bis zu 40 Prozent an Kosten im Vergleich zum Diesel und an die 50 Prozent zum Benziner. Mit einem SEAT Leon TGI kommt man mit 10 Euro rund 250 Kilometer weit. Mit einem vergleichbaren Benziner reicht dieses Tankgeld für gut 100 Kilometer weniger.
7. Mythos: Die Reichweite von Gasautos ist nicht alltagstauglich
Eines stimmt: Die Reichweite von CNG-Fahrzeugen hat auf dem Papier abgenommen. Das hat aber weniger mit neuen Verbrauchsnormen zu tun als vielmehr damit, dass in der neuesten Fahrzeuggeneration nur noch sehr kleine Benzintanks eingebaut sind, während in den Vorgängern oft noch die ursprünglichen Kraftstoffbehälter mit 50 und mehr Litern verbaut waren. Somit kamen die Fahrzeuge auf eine Reichweite von weit mehr als 1.000 Kilometern. Wobei die Benzintanks meist nur durch die Gegend gefahren wurden, denn Besitzer von Gasautos „wollen so viel wie möglich mit Gas fahren und die Kosten- und Umweltvorteile auch ausspielen“, sagt Andrew Shepherd, Leiter der Abteilung CNG-Produkte in der SEAT-Zentrale in Martorell. Die neuesten Modelle haben somit nur noch einen Mini-Benzintank mit knapp neun Litern Volumen. Wenig genug, um sie leicht neben den Gastanks unterzubringen, aber genug, um eine ausreichende Reserve für Kaltstarts oder bei einem leer gefahrenen Gastank zu haben. Mit 17,3 Kilogramm Gas im Tank kommt der Leon fast 450 Kilometer weit.