Was bedeuten die Abgasfarben
Egal, ob Sie unterwegs hinter einem "Stinker" herfahren, oder Ihr eigenes Auto ein Problem hat – wir erklären, was die verschiedenen Arten von Auspuffqualm zu bedeuten haben.
Es gibt Dinge, die nimmt man als Autofahrer für eine Art Selbstverständlichkeit hin, ohne sich je wirklich Gedanken darüber zu machen. Und wenn, dann häufig erst, wenn es bereits zu spät ist. Auspuffqualm zum Beispiel. Spätestens seit der Erfindung von Katalysator und Rußpartikelfilter, sind wir es gewohnt, dass in den allermeisten Lebenslagen keine sichtbaren Verbrennungsrückstände aus dem Endrohr quellen.
Moderne Pkw stoßen durch ihre Auspuffanlagen vor allem Kohlendioxid (CO₂), Stickstoff (N₂), Wasser (H₂O, als Wasserdampf), Stickoxide (NOₓ), Kohlenmonoxid (CO) und unverbrannte Kohlenwasserstoffe (HC) aus. Der CO₂-Ausstoß ist ein direktes Produkt der Verbrennung von Kraftstoffen mit Kohlenstoffanteil, während NOₓ durch die hohen Verbrennungstemperaturen entsteht, die die Bindung von Stickstoff und Sauerstoff aus der Luft fördern. Kohlenmonoxid sowie unverbrannte Kohlenwasserstoffe sind Folge unvollständiger Verbrennungsvorgänge.
Dank moderner Abgasnachbehandlungssysteme wie Katalysatoren und Partikelfiltern (übrigens auch schon weit über 20 Jahre alt) sind jedoch die Konzentrationen gesundheitsschädlicher Emissionen stark reduziert worden, sodass der Ausstoß von Feinstaub und Kohlenmonoxid auf ein Minimum gesenkt werden konnte. Das ist die kurze Antwort darauf, warum wir heutzutage ohne Chemielabor vom Abgas kaum noch etwas wahrnehmen können. Aber was, wenn doch? Was, wenn mein Auto plötzlich außergewöhnlich qualmt, rußt oder dampft? Warum stinkt mein Vordermann am Berg plötzlich so? Diese Fragen beantworten wir heute.
Blauer Qualm – das bedeutet Ölverbrennung
Wir beginnen mit einem der kritischeren Probleme. Aus dem Auspuff kommen vereinzelt blaue Wölkchen, oder eine dauerhafte bläuliche Fahne. Das deutet darauf hin, dass in den Zylindern eine gewisse Menge an Öl verbrannt wird. Das Resultat kennt jeder, der mal mit Zweitaktern zu tun hatte. Hier wird das zur Schmierung notwendige Öl dem Kraftstoff beigemischt und somit verbrannt. Das erzeugt den charakteristischen Ölgeruch und den blauen Qualm.
Beim Viertakter, also praktisch bei allen modernen Pkw der letzten 50 Jahre, ist dieser effekt absolut unerwünscht, weil eine saubere Verbrennung nicht nur besser für die Umwelt ist, sondern auch die Effizienz und somit die Leistung eines Motors optimiert. Daher sind die Brennräume gegen Öleintrag abgedichtet. Von oben durch die Ventilschaftdichtungen (damit kein an den Ventilen vorbeiläuft) und von unten durch Ölabstreifringe und Kolbenringe (damit die Schmierung von Kurbelwelle und Zylinderlaufbahnen nicht zum Brennraum durchdringt). Beides muss hohen Belastungen standhalten, sodass Verschleiß dich darin äußert, dass eben doch Motoröl verbrannt wird. Vor vielen Jahren war das ein Indiz für einen Motor der in die Jahre kommt und zumindest teilweise überholt gehört. BMW- oder auch Alfa-Fahrer in den 70er- und 80er-Jahren kannten kleine blaue Wölkchen, die beim Gaswegnehmen vereinzelt im Rückspiegel zu sehen waren, weil die Ventilschaftdichtungen mal wieder nicht ganz perfekt arbeiteten. Heute ist das angesichts moderner gehärteter Werkstoffe im Normalfall kein Problem mehr. Wenn doch, deutet das auf einen schlecht behandelten und vor allem nicht ausreichend gewarteten Motor hin.
Ein Sonderfall besteht hier noch bei starker blauer Rauchentwicklung bei Motoren mit Turbolader. Auch letzterer ist nämlich am Ölkreislauf des Motors angeschlossen. Segnet dieser das Zeitliche, zerstört sich meist das Lager der Turbine, sodass im Extremfall größere Mengen Motoröl in den Ansaugtrakt gelangen könnten. In diesem Fall ist auch schwarzer Rauch möglich, wenn Öl in der Abgasseite des Laders austritt. Beides bedeutet einen ernst zu nehmenden Schaden und verlangt einen sofortigen Werkstattbesuch, ehe Motor oder Katalysator Schaden nimmt. Letzterer kostet aufgrund der enthaltenen Edelmetalle im Austausch viele hundert Euro.
Schwarzer Rauch – hier wird zu viel Kraftstoff verbrannt
Wenn ein alter Diesel rußt, geht's ihm gut. So zumindest die alte Binsenweisheit. Weil sie Selbstzünder sind, benötigen Dieselmotoren für ihre Laststeuerung (also das Gasgeben) keine Drosselklappe wie beim Benziner, weil nicht das Luftvolumen zur Steuerung dient, sondern allein die eingespritzte Kraftstoffmenge. Beim Ansaugen gelangt einfach ausgedrückt immer die Maximalmenge Luft in die Brennräume, wo sie sich nur durch die hohe Verdichtung so stark erhitzt, dass Winzige Mengen an Kraftstoff, die im genau richtigen Moment eingespritzt werden, die Verbrennung auslösen. Mehr Kraftstoff, bedeutet also eine stärkere Verbrennung, also eine höhere Motorleistung. Übersteigt diese Menge das richtige Verhältnis zur Ansaugluft, kann der Kraftstoff nicht mehr vollständig verbrennen, und gelangt als rußig-öliger Reststoff ins Abgas. Aus demselben Grund sind übrigens Turbodiesel so beliebt und effizient: wenn ich die eingespritzte Kraftstoffmenge nicht erhöhen kann, dann erhöhe ich eben die Luftmenge. Eine im Verhältnis zu geringe Kraftstoffmenge wird als mageres Gemisch bezeichnet und produziert eine besonders heiße Verbrennung. Zu viel Kraftstoff kühlt die Verbrennung ab und produziert eine zu fette Verbrennung.
Mit den Jahren sind die Einspritzmengen immer feiner steuerbar geworden, sodass die rußigen Überschüsse immer weiter gesunken sind. Was übrigbleibt, sammelt sich im Rußpartikelfilter und wird dort kontrolliert verbrannt – normalerweise. Qualmt ein moderner Diesel trotzdem schwarz, ist das ein Zeichen für ein Problem mit der Gemischbildung. Die Ursache kann vom völlig verstopften Luftfilter (keine Luft führt zu einem viel zu großen Kraftstoffanteil, dessen Einspritzmenge nicht mehr weiter reduziert werden kann) hin zu defekter Sensorik vielfältig sein. Auf lange Sicht zieht sie einen übersättigten oder defekten Rußpartikelfilter nach sich, weshalb ein solches Problem umgehend behoben werden muss. Weil auch Benziner heute meist eine Direkteinspritzung nutzen, kann es auch hier zu einem erhöhten Kraftstoffanteil und so zur Rußbildung kommen.
Noch ein Sonderfall bezieht sich auf das eben bereits erwähnte Szenario: Schaden im Turbo mit Öleintrag in der Ansaugung. Hier tritt beim Diesel ein hochgefährlicher Effekt ein, der gern als "Runaway" bezeichnet wird. Austretendes Öl wird vom Motor angesaugt und verbrannt. Dadurch schnellt die Drehzahl unkontrolliert nach oben, sodass immer mehr Öl angesaugt wird. Eine wilde Kettenreaktion, die in einer heftigen Explosion endet, wenn der Motor nicht rechtzeitig mechanisch abgewürgt, oder ihm die Luftzufuhr abgeschnitten wird.
Weißer Qualm – Wasser ist im Spiel
Vielleicht haben Sie sich schon gefragt, aus welchem Grund ein Verbrenner beim Kaltstart, oder einfach im winterlichen Stadtverkehr, immer ein farbloses weiß-transparentes Wölkchen erzeugt. Das ist völlig normal und bis hierhin die unbedenklichste Möglichkeit von Auspuffqualm. Hier verdampft Wasser. Das gelangt ganz einfach mit der Luftfeuchtigkeit in die Brennräume. Ist die Luft sehr kalt, überleben ihre Wasserbestandteile den ganzen Weg durch die Ansaugung des Motors bis in den Brennraum, wo sie dann völlig harmlos verdampfen. Noch deutlicher ist der Effekt beim Verdampfen des Kondenswassers in der Auspuffanlage. Kühlt letztere z.B. über Nacht ganz aus, schlägt sich die abkühlende Luft auf dem erkaltenden Metall nieder. Deshalb tropft nach dem Kaltstart auch häufig Wasser aus dem Endrohr. Hat alles seine Betriebstemperatur erreicht, ist der Dampf dann verschwunden.
Und was wenn nicht? Dann handelt es sich um Wasser, das im Brennraum wirklich gar nichts verloren hat: nämlich um Kühlmittel. Das kann passieren, wenn die Zylinderkopfdichtung defekt ist. Diese Dichtung ist ein empfindliches Bauteil, welches den Zylinderkopf (also praktisch den Deckel des Brennraums) zum Motorblock hin abdichtet. Für jeden Zylinder hat diese Dichtung logischerweise ein Loch, aber eben auch für Öl- und Kühlmittelkanäle, die für die Versorgung des komplexen Zylinderkopfs benötigt werden. Die Abgrenzungen dieser Kanäle zu den Zylindern und auch untereinander sind oft nur sehr schmal. So kann ein kleiner Schaden, etwa durch eine zu hohe Verbrennungstemperatur, oder eine leichte Verwindung des Zylinderkopfes, ausreichen, um Luft, Kühlmittel und Öl auf unerwünschte Weise zu vermischen. Das Kühlmittel verdampft dann im Brennraum und produziert weißen Qualm, der übrigens je nach schwere des Schadens immer dichter und deutlicher wird. Deshalb ist es auch kein riesiges Problem, mit einem sich anbahnenden Kopfdichtungsschaden noch in die Werkstatt zu fahren. Weitere Indizien für eine defekte Zylinderkopfdichtung ist das "Überkochen" des Kühlwassers, weil Verbrennungsdruck in den Wasserkreislauf gerät. Das ist auch an knallhart aufgeblähten Kühlerschläuchen zu erkennen. Ist Öl ins Kühlmittel geraten (oder umgekehrt) hinterlässt es Spuren in seinem neuen Zuhause: ölige Schlieren auf dem Kühlwasser, bzw. aufgeschäumter "Milchshake" im Öl (weil hier eine Emulsion stattfindet, dasselbe wie bei der Mayonnaise... Sind Physik und Chemie nicht toll?)
Grau-Weißer Rauch mit Hitze und Gestank – Regeneration läuft
Die letzte mögliche Qualmfarbe ist heute gar nicht so selten. Sie entsteht kontrolliert, wenn sich der Rußpartikelfilter gerade in der Regeneration befindet. Motor nach Möglichkeit nicht abstellen! Partikelfilter besitzen eine Wabenstruktur, die mit einer metallischen Beschichtung versehen ist, die es erlaubt, die relativ groben Verbrennungsrückstände (Ruß) aus dem Abgas zu filtern. Nur: Wohin damit? Ist der Filter nicht irgendwann voll? Ja. Das erkennt die Motorsoftware und regelt Luft- und Einspritzmenge im richtigen Moment (z.B. auf der Autobahn oder nach längerer Landstraßenfahrt) in ein besonders mageres Gemisch, dass ganz bewusst extrem heißes Abgas produziert wird. Dieses lässt die Partikel im Filter dann verbrennen. Wenn Sie zufällig in diesem Moment anhalten und aussteigen, bemerken Sie, dass unter dem Wagenboden und am Endrohr sehr viel Hitze hervortritt und das Abgas ungewohnt riecht. In Extremfällen wird die Verbrennung der Partikel sogar in Form von gräulichem Rauch sichtbar. Fahren Sie eine Weile mit gleichbleibendem Tempo weiter, bis sich der Vorgang automatisch abschließt. Wer den Motor vorher ausstellt, setzt ihn einer hohen thermischen Belastung aus, und bewirkt, dass die Verbrennung nicht abgeschlossen werden kann, sodass beim nächsten Motorlauf mit größeren Restmengen gekämpft werden muss.
Zusammenfassung: Was ist was?
Okay, von Alfa bis Mayo haben wir Ihre Konzentration doch recht stark beansprucht. Hier also nochmal in aller Kürze und zum Mitschreiben:
- Blauer Qualm: Öl wird verbrannt, in der Regel aufgrund von starkem innermotorischem Verschleiß, bis hin zum Motorschaden.
- So schnell wie möglich Motor abstellen und zur Werkstatt
- Schwarzer Rauch: Zuviel Kraftstoff wird eingespritzt. Hier liegt eine Störung in der Motorsteuerung vor.
- So schnell wie möglich zur Werkstatt
- Weißer Dampf: Wasser verdampft; bei Kaltstart okay, auf Dauer wahrscheinlich die Zylinderkopfdichtung.
- Dampf im Blick behalten; bei Dauernebel zur Werkstatt
- Grauer Nebel mit Hitze und Geruch: Hier rekuperiert gerade der Rußpartikelfilter.
- Unproblematisch. Motor weiter laufen lassen, am besten eine Weile Autobahn fahren