eCall fällt aus – wer trägt das Risiko?

Die Abschaltung des 2G‑Netzes rückt näher – und mit ihr die Sorge um ein zentrales Sicherheitssystem: den automatischen Notruf eCall. Millionen Fahrzeuge könnten bald keinen Notruf mehr absetzen. Doch wer ist verantwortlich, wenn Hilfe ausbleibt?
Seit 2018 schreibt die EU für Neuwagen ein automatisches Notrufsystem vor. eCall erkennt über Sensoren einen schweren Unfall, wählt die 112 und überträgt Standort- und Fahrzeugdaten. In vielen Fahrzeugen läuft dieser Dienst über das 2G‑Netz. Das Problem: Telekom und Vodafone planen, dieses Netz bis spätestens Ende 2028 abzuschalten. Damit droht Millionen Fahrzeugen der Verlust ihrer Notruffunktion – ohne dass eine einfache technische Nachrüstung möglich wäre.
Besonders betroffen sind Modelle, die nur die gesetzlich vorgeschriebene Basisversion des eCall-Systems nutzen – ohne zusätzliche Datenverbindungen oder Telematikdienste. Für diese Fahrzeuge wäre der Ausfall total: kein Notruf, keine Ortung, kein Hinweis für Rettungskräfte.
Zwischen technischer Abschaltung und rechtlicher Grauzone
Die Netzbetreiber argumentieren, dass der Betrieb veralteter Standards nicht mehr wirtschaftlich sei – zumal nur noch wenige Anwendungen auf 2G angewiesen seien. Gleichzeitig sehen sich die Hersteller mit der Frage konfrontiert, ob sie Nachrüstlösungen anbieten müssen. Doch bei vielen Fahrzeugen wäre ein technisches Retrofit nur mit hohem Aufwand möglich – und vielfach gar nicht vorgesehen.
Noch komplizierter wird es bei der Haftungsfrage: Wenn ein sicherheitsrelevantes System durch eine Netzabschaltung unbrauchbar wird – wer trägt dann die Verantwortung? Die Fahrzeughalter? Die Hersteller? Die Mobilfunkanbieter? Oder letztlich der Gesetzgeber, der die Pflicht zum eCall eingeführt hat, aber dessen langfristige Funktionsfähigkeit nicht absichert?
TÜV-Bewertung: Sicherheitsmangel, oder nicht?
Ein weiteres Problem: Wie soll der TÜV mit einem ausgefallenen eCall umgehen? Als sicherheitsrelevante Einrichtung könnte der Ausfall bei der Hauptuntersuchung als "erheblicher Mangel" eingestuft werden – was zur Verweigerung der Plakette führt. Der TÜV-Verband plädiert deshalb dafür, den Ausfall nicht als Mangel zu werten, da Fahrzeughalter keine Schuld trifft. Eine gesetzliche Klarstellung ist bisher aber nicht erfolgt.