Feuerwehr widerlegt Brand-Mythos bei E-Autos
Im Volksglauben wird E-Autos ein besonders hohes Brandrisiko nachgesagt. Außerdem seien sie schwerer zu löschen als ein Verbrenner. Doch stimmen diese Aussagen? Wir forschen nach.
Seit die Elektromobilität wächst und dementsprechend auch Unfälle mit Elektroautos passieren, entflammt ein Mythos immer wieder aufs Neue: E-Autos hätten ein höheres Brandrisiko als Verbrenner. Spektakuläre Medienberichte von brennenden Stromern, die in einem Wasserbecken versenkt werden, um die Flammen zu unterdrücken, befeuern diese Behauptungen zusätzlich. Doch Experten von der Feuerwehr und aus der Batterieforschung stellen im Podcast „Geladen“ klar: E-Autos sind keineswegs brandgefährlicher – im Gegenteil.
Einen zentralen Punkt betont Feuerwehrchef Christian Emrich von der Berufsfeuerwehr Freiburg deutlich: "Die Fahrzeuge brennen nicht häufiger, sondern seltener". Die wissenschaftliche Datenlage belege eindeutig, dass das Brandrisiko bei Elektrofahrzeugen zwischen fünf- und fünfzigmal niedriger ist als bei klassischen Verbrennern. Eine Studie aus Schweden (2023) zeigt, dass ein E-Auto rund zwanzigmal seltener in Flammen aufgeht. Besonders in den USA beweisen Zahlen aus dem Jahr 2020: Bei Verbrennern kam es zu knapp 100 Bränden pro Milliarde gefahrene Kilometer, während bei Elektrofahrzeugen nur drei bis vier Brände pro Milliarde Kilometer auftraten.
"Die Statistiken belegen eindeutig, dass E-Autos kein höheres Brandrisiko darstellen", so Emrich weiter. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft bestätigt zudem, dass in den Statistiken keine Hinweise auf ein höheres Brandrisiko bei Elektrofahrzeugen zu finden sind, so ein Bericht von Merkur.de.
Warum E-Autos weniger brennen
Professor Helmut Ehrenberg vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erklärt im Podcast, dass die Batterieentwicklung bei E-Autos mittlerweile höchste Sicherheitsstandards erfülle: "Sicherheit ist für Hersteller kein Optimierungskriterium, sondern ein Muss. Es gibt nichts Schlimmeres, als als Premium-Hersteller mit einem brennenden Fahrzeug in den Nachrichten zu landen. Das kann Ihre Existenz kosten."
Die Sicherheitsmechanismen in modernen E-Autos sind inzwischen ausgereift und verhindern, dass es zu gefährlichen Bränden kommt. Das beweisen auch die strengen Tests, die Batterien durchlaufen müssen, bevor sie in ein Fahrzeug eingebaut werden. Ein Beispiel hierfür ist der "Nageltest", bei dem ein Metallstück durch eine Zelle getrieben wird. "Maximal darf dabei etwas Qualm entstehen, aber keine Flammen, keine herumspringenden Teile", erklärt Ehrenberg im Podcast. "Wenn eine Batterie diesen Test nicht besteht, kommt sie nicht in ein Elektrofahrzeug."
Kühlung statt Spezialgeräte
Im Falle eines Brandes zeigen sich die Experten einig: Die Feuerwehr muss keine speziellen Löschmethoden wie Container oder Löschlanzen verwenden, um E-Auto-Brände zu bekämpfen. "Wir raten von Löschcontainer, Löschlanzen und Löschdecken ab", warnt Emrich. "Diese Ausrüstung hat in der Feuerwehrwelt nichts zu suchen und ist gefährlich." Insbesondere die Verwendung von Löschcontainern kann zu erheblichen Umweltschäden und unnötigen Kosten führen. Stattdessen genügt es in den meisten Fällen, das Fahrzeug mit einem normalen Strahlrohr zu kühlen – idealerweise von unten. "Im Normalfall reicht das schon aus", erklärt Emrich. Die Feuerwehrleute konzentrieren sich darauf, die Temperatur des Akkus unter 80 Grad zu halten. Das verringert die Reaktion im Akku.
"Es ist nicht schlechter, nicht besser, es ist einfach anders", beschreibt Emrich den Unterschied zu Verbrennern. Während die Löschmethoden bei E-Autos länger dauern können – manchmal bis zu eine oder zwei Stunden –, sind sie ebenso effektiv.
Sicherheitsvorkehrungen für Ersthelfer
Professor Ehrenberg gibt zudem Entwarnung für Ersthelfer: "Die Gefahr eines Stromschlags ist nicht gegeben", erklärt der Wissenschaftler. Bei einem Unfall mit einem E-Auto löst ein Crashsensor aus, der die Verbindung zwischen den Batteriezellen unterbricht – ähnlich wie bei einem Airbag. "Wenn der Airbag ausgelöst hat, hat auch die Unterbrechung zwischen den Zellen stattgefunden und wir haben keine Hochvolt mehr", sagt Ehrenberg.
Ein E-Auto-Akku besteht aus vielen kleinen Zellen, die nur eine Spannung von maximal fünf Volt haben. Erst durch die Reihenschaltung der Zellen entsteht die Hochspannung. Wird diese unterbrochen, bleibt nur die ungefährliche Zellspannung von fünf Volt übrig. "Als Ersthelfer würde ich mich gar nicht davon beeindrucken lassen, dass es ein E-Auto ist", so Ehrenberg.
Feuerwehren sind vorbereitet
Seit 2018 gibt es in Deutschland umfassende Fachinformationen für alle Feuerwehren zum Umgang mit E-Auto-Bränden, die seit 2021 durch eine spezielle Fachempfehlung zur Brandbekämpfung ergänzt wurden. Diese Empfehlungen wurden in Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen, Werkfeuerwehren der Hersteller und dem Automobil- sowie Elektrofachverband entwickelt. "Die Aussagen haben sich nicht verändert", sagt Emrich.
Trotz der umfangreichen Schulungen und der wissenschaftlich fundierten Empfehlungen halten sich immer noch viele Mythen. Laut Emrich liegt das auch an der föderalen Struktur: "Über eine Million Feuerwehrleute müssen kontinuierlich weitergebildet werden. Es ist eine riesige Herausforderung, durch die Rollenwechsel und den Einsatz neuer Kräfte, die häufig auch Quereinsteiger sind, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben." Zusätzlich üben politische Entscheidungsträger oft Druck auf die Feuerwehren aus, um etwa Löschcontainer zu beschaffen, basierend auf falschen Annahmen.
Obwohl sich der Mythos hartnäckig hält, zeigt die Realität, dass Elektroautos in Sachen Brände nicht gefährlicher sind als Verbrenner.
