Darf man Streu- und Räumfahrzeuge eigentlich überholen?
Aktuell sind wegen der kalten Witterung viele Streu- und Räumfahrzeuge auf den Straßen und Autobahnen unterwegs. Viele Autofahrer fragen sich in diesen Tagen, ob sie solche Fahrzeuge eigentlich überholen dürfen.
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) erlaubt das grundsätzlich – dennoch ist Vorsicht geboten. Doch das Überholen u.a. eines Winterdienstfahrzeugs ist laut § 5 Absatz 3 Nummer 1 StVO untersagt, wenn die Verkehrslage unklar ist oder schlechte Sicht herrscht – etwa durch Schneefall, Nebel oder Schneeverwehungen.
Neben dem rechtlichen Aspekt spielt auch die Sicherheit eine entscheidende Rolle. Die Fahrbahn vor einem Streu- oder Räumfahrzeug ist meist ungeräumt und besonders glatt. Wer dort überholt, riskiert, die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Hinzu kommt, dass aufgewirbeltes Streugut den Lack beschädigen oder die Windschutzscheibe verschmieren kann.
Bußgelder gibt es ebenfalls: Wer bei unklarer Verkehrslage überholt, muss mit 100 Euro und einem Punkt in Flensburg rechnen. Bei einer Gefährdung drohen 250 Euro, zwei Punkte und ein Monat Fahrverbot.
Verhalten auf der Autobahn
Auf Autobahnen gelten dieselben Grundsätze. Auch hier ist das Überholen von Winterdienstfahrzeugen grundsätzlich erlaubt, sollte aber nur erfolgen, wenn die Situation eindeutig sicher ist. Das Überholen auf der rechten Seite ist in der Regel verboten – selbst dann, wenn das Räumfahrzeug auf der linken Spur unterwegs ist.
Fahren mehrere Räumfahrzeuge nebeneinander in Kolonne, um alle Spuren gleichzeitig zu räumen, darf diese Kolonne nicht überholt werden. Der Grund ist einfach: Zwischen den Fahrzeugen bleibt meist kein sicherer Raum, und die ungeräumten Streifen sind stark rutschig.
Räumfahrzeuge dürfen auf Autobahnen außerdem die Rettungsgasse nutzen, wenn dies für die Verkehrssicherheit erforderlich ist. Autofahrer sind verpflichtet, diese Gasse stets freizuhalten. Wer sie blockiert, riskiert 200 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg und ein Fahrverbot von einem Monat.
Abstand halten schützt vor Schäden
Wichtig ist, beim Hinterherfahren ausreichend Abstand zu halten. Der ADAC rät, mindestens 50 Meter zwischen dem eigenen Fahrzeug und dem Räumfahrzeug zu lassen. So wird verhindert, dass Streugut den Lack beschädigt oder in die Windschutzscheibe schlägt. Kommt es dennoch zu Schäden, haftet der Winterdienst in der Regel nicht, da das Streuen Teil seiner öffentlichen Aufgabe ist.
Auch beim Entgegenkommen ist Vorsicht geboten. Schneepflüge sind häufig breiter als die Fahrspur – daher sollte man möglichst weit rechts fahren oder im Zweifel kurz anhalten, um das Fahrzeug sicher passieren zu lassen.
Räum- und Streufahrzeuge haben Sonderrechte
Nach § 35 Absatz 6 der StVO dürfen Räum- und Streufahrzeuge "auf allen Straßen und Straßenteilen und auf jeder Straßenseite in jeder Richtung zu allen Zeiten fahren und halten, soweit ihr Einsatz dies erfordert". Diese Regelung gibt dem Winterdienst die Möglichkeit, flexibel auf Schnee- und Eisglätte zu reagieren. Andere Verkehrsteilnehmer müssen Rücksicht nehmen und dürfen die Arbeit der Fahrzeuge nicht behindern.
Räumfahrzeuge sind meist mit breiten Schneepflügen ausgestattet, die über die Fahrspur hinausragen. Streufahrzeuge verteilen Salz, Splitt oder Sole, um Eisbildung zu verhindern. In vielen Fällen werden beide Funktionen kombiniert – das Fahrzeug räumt und streut in einem Arbeitsgang. Dabei können hohe Schneewälle entstehen, die für nachfolgende Autofahrer gefährlich werden können.
Parken im Winter
Damit der Winterdienst seine Arbeit reibungslos erledigen kann, sollten Fahrzeuge so abgestellt werden, dass auf der Fahrbahn mindestens 3,5 Meter Breite verbleiben. Wer den Winterdienst behindert, muss mit Bußgeldern oder sogar Abschleppkosten rechnen. Schäden durch zu nah abgestellte Fahrzeuge ersetzt der Winterdienst nur bei nachgewiesener Fahrlässigkeit.
