Droht Alfa Romeo Verkauf? Stellantis widerspricht.
Die Stückzahlen von Alfa Romeo sind marginal, und die geringe Nachfrage nach dem Tonale zwingt Stellantis zu Produktionspausen. Es kursieren Spekulationen über einen möglichen Verkauf von Alfa Romeo an einen chinesischen Hersteller. Stellantis widerspricht jedoch und stellt klar.
Im ersten Halbjahr 2025 wuchs Alfa Romeo global betrachtet um satte 20 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2024. Aber in absoluten Zahlen bleibt Alfa Romeo mit 33.020 verkauften Autos weltweit ein Zwerg. Bei geringen absoluten Absatzzahlen sind große Steigerungsraten möglich: In Europa legten die Italiener in der ersten Jahreshälfte um 33,3 Prozent auf 31.332 Autos zu, wobei besonders auf den Märkten Frankreich (+51 %), Großbritannien (+50 %), Italien (+35 %) und den Niederlanden (+200 %) ein starkes Wachstum zu verzeichnen war. Stärkster Markt für Alfa bleibt Italien. In der Heimat fanden in den ersten sechs Monaten des Jahres insgesamt 16.838 Alfa Romeos einen Käufer. Aber mit dem Herbst scheint sich die Kauflaune einzutrüben. Wie unter anderem Bloomberg meldet, wird Stellantis die Produktion in seinen Werken in Italien und Frankreich vorübergehend einstellen. Grund sei eine sehr schwache Nachfrage nach Modellen wie dem SUV Alfa Romeo Tonale, so das Unternehmen. Die Produktion des Tonale und des Fiat Panda im italienischen Pomigliano sollen ab dem 29. September stehen. Das teilte der Konzern am 23. September mit. Die Maßnahme ziele darauf ab, die Produktionskapazität an die tatsächliche Nachfrage anzupassen.
Dazu passen Gerüchte, denen zufolge Stellantis angeblich über den Verkauf seiner Marke Alfa Romeo nachdenkt. Der im Januar 2021 gegründete Konzern vereint unter seinem Dach 14 Marken – einige davon verkaufen nur mehr geringe Stückzahlen – wie Alfa, trotz der kräftigen prozentualen Zuwächse im vergangenen Halbjahr. Stellantis-Chef Antonio Filosa muss den viertgrößten Autokonzern der Welt zukunftsfähig machen. Das heißt: Auch Traditionsmarken müssen rentabel sein. Bei einem Jahresabsatz, der weit unter der Sechsstelligkeit bleibt, könnte das sogar dann schwer werden, wenn die Technik weitgehend mit der anderer Konzernmarken übereinstimmt. Andererseits besitzt die Marke Alfa Romeo nach wie vor enorme Strahlkraft, die sich vielleicht gut versilbern ließe.
Rückstand trotz medialer Aufmerksamkeit
Über Jahre ist Alfa weit hinter den wirtschaftlichen Erwartungen seiner Konzernmütter zurückgeblieben. Neue Modelle fanden zwar medial große Beachtung – aber zu wenige Käufer. Als Lancia nur noch den Ypsilon auf dem Markt hatte und diesen Kleinwagen zudem ausschließlich in Italien anbot, hat Lancia mehrere Jahre hintereinander mehr Autos verkauft als Alfa Romeo weltweit. Ein Verkauf von Alfa und der ebenso hinter den wirtschaftlichen Hoffnungen zurückbleibenden Marke Maserati (260 Millionen Euro Verlust im Jahr 2024) scheint nicht mehr ausgeschlossen. Ferrari wäre der naheliegendste Käufer.
Ferrari winkt anscheinend ab – China im Gespräch
Denn Ferrari gehört nicht zum Stellantis-Konzern, ist aber italienisch und die von der italienischen Unternehmerfamilie Agnelli kontrollierte Holding Exor hält wichtige Anteile an beiden Unternehmen (Stellantis: 14,9 Prozent, Ferrari: 22,9 Prozent). Zudem ist der italienische Manager und Spross der Agnelli-Familie John Elkann Aufsichtsratsvorsitzender beider Unternehmen. Einen Namen mit Strahlkraft hat der Sportwagenbauer allerdings selbst. Im April 2025 berichtete Bloomberg mit Verweis auf Insider, dass Stellantis die Unternehmensberatung McKinsey mit einer strategischen Beratung hinsichtlich Alfa und Maserati beauftragt hatte. Ferrari hat anscheinend kein Interesse, sich mit wirtschaftlich problematischen Marken zu belasten. Das heißt nicht, dass die beiden Marken unverkäuflich sind – angeblich haben chinesische Hersteller Interesse.
Chinesisches Interesse an italienischen Marken
Chinesische Firmen schätzen traditionsreiche europäische Markennamen – das gilt natürlich auch für italienische Marken. So gehört der legendäre Motorradhersteller Benelli bereits seit 2005 zum chinesischen Motorradhersteller Qianjiang, der seinerseits wiederum zu Geely gehört. Geely hat unter anderem Volvo, Polestar, Lynk & Co sowie Lotus gekauft, an Smart ist der Hersteller im Rahmen eines Joint Ventures mit Mercedes zu 50 Prozent beteiligt. Und der italienische Motorradhersteller Moto Morini ist seit 2018 Teil der Zhongneng Vehicle Group. Direkte Übernahmen von Autoherstellern sind allerdings politisch sensibel, weshalb sie meistens nur zustande kommen, wenn die Beteiligten entsprechend vorsichtig agieren.
Stellantis' schlafende Marken
Einfacher ist ein Übergang bei nicht mehr aktiven Marken. So ist das britische Traditionslabel MG seit 2005 chinesisch. Im Juli 2024 hat die italienische Regierung chinesischen Herstellern die Wiederbelebung von sogenannten schlafenden Marken wie Innocenti und Autobianchi nahegelegt, die ebenfalls Stellantis gehören. Innocenti gehört zu Fiat und ist seit den späten 1990er-Jahren nicht mehr in Verwendung, während Autobianchi zu Lancia gehört und seit Mitte der 1990er-Jahre nicht mehr aktiv ist. Bisher haben die Chinesen bei diesem Angebot nicht angebissen – bei einer noch aktiven Marke wie Alfa Romeo, die zudem mit dem Junior ein neues Modell auf dem Markt hat, könnte dies anders sein.
Stellantis eng mit Leapmotor verbunden
Interessant ist in diesem Zusammenhang Stellantis‘ strategische Partnerschaft mit dem chinesischen Elektroautohersteller Leapmotor. Am gemeinsamen Joint Venture "Leapmotor International" hält Stellantis 51 Prozent. Leapmotor bietet in Europa den elektrischen Kleinstwagen T03 an und beginnt im dritten Quartal 2026 mit der Produktion eigener Modelle im Stellantis-Werk im spanischen Saragossa. Was kaufen europäische Kunden lieber? Ein Modell der Marke Leapmotor oder ein Modell von Leapmotor, das unter der Marke Alfa Romeo firmiert? Auch wenn das fast eine rhetorische Frage ist: Sämtliche Überlegungen in diese Richtung sind reine Spekulation.
Alfa mit positiven Signalen
Stellantis selbst betont aktuell gestiegene Alfa-Verkäufe aufgrund der Einführung des elektrischen SUV Junior (siehe Bildergalerie), das technisch eng mit den Modellen Fiat 600, Jeep Avenger und Opel Mokka B verwandt ist. Demgegenüber stehen die jüngsten Produktionspausen im Zusammenhang mit der Absatzschwäche des größeren Tonale und das heraufziehende Produktionsende mutmaßlich renditestärkerer Modelle wie Giulia und Stelvio.
Ein Stellantis-Unternehmenssprecher hat uns gegenüber inzwischen jedoch klargestellt, dass "Alfa Romeo nicht zum Verkauf steht." Das Unternehmen widerspricht damit den derzeit kursierenden Gerüchten über einen möglichen Verkaufsprozess.