Französisches Mittelmeerflair in Camargue

Zwischen Montpellier und Arles ist natürlich nicht mehr alles so nostalgisch schön und still wie früher. Trotzdem steckt dieser Landstrich immer noch voller Charme, Licht und Lebenslust. Und er klingt auch einfach gut …
Das kleine Weingut Mas du Notaire in Vauvert in der Camargue haben wir zufällig entdeckt. Zunächst hatte uns ein Tante-Emma-Laden in dem Örtchen zum Anhalten animiert – dort wollten wir Getränke kaufen und endlich einmal Stiersalami probieren. Gegenüber gab’s eine Bar, in der auf angenehme Art und Weise die Zeit seit den 1980er Jahren stehen geblieben zu sein schien. Dort tranken wir zwei kleine Schwarze, holten anschließend noch Pains au Chocolat in der Bäckerei. Nun stehen wir vor dem Tor des Weinguts, das malerisch in einem schattigen Garten liegt.
Noch mehr Camargue-Tipps gibt es hier in unserer neuen Reportage: Drei Volltreffer in der Camargue
Es ist später Vormittag, die Luft beginnt zu flirren, wie ein zu warmer Mantel legt sich die Mittagshitze über diesen wilden Landstrich, den ich so richtig erst hier in Vauvert wiedererkenne: Das ist mein Urlaubsland von früher – mit kleinen Läden, spartanischen Bars und staubigen, ab 12 Uhr wie leergefegten Gassen. Immer ein bisschen ruppig, fast immer herzlich dabei. Auch hier, auf dem Weingut: Man lädt uns gleich zu einer Dégustation an kleinen Weinfässer-Tischchen ein. So haben wir nun endlich auch den für eine Südfrankreich-Tour obligatorischen Rosé an Bord, als wir weiter in Richtung Les Saintes-Maries-de-la-Mer fahren. Im Radio läuft "Face à la Mer" der französischen Band Les Negresses Vertes – retro pur also. Passt.
Die Region im Wandel der Zeit
Mit dem Reisemobil erkunden wir die Region zwischen Arles und Agde, besuchen die Camargue, Marseillan und Montpellier – und da ich hier schon vor 25 Jahren war, legen sich auf seltsame Weise die Bilder übereinander, wechseln Wiedererkennen und Staunen ab. In Vauvert habe ich mich wieder wie einst gefühlt. Als wir am frühen Abend vom Stellplatz in Saintes-Maries-de-la-Mer in Richtung Kirche radeln, fremdle ich wieder ein wenig. Hier war früher einmal fast nichts – außer einem weiten, wilden, wunderschönen Rhône-Flussdelta – dem größten Europas übrigens – und einem verschlafenen Nest mit vielen Sinti und Roma, die einem gegen ein paar Francs die Zukunft voraussagten (je mehr man gab, desto positiver vermutlich).
Ein Bekannter bat uns herauszufinden, ob man in der Camargue noch wie früher frei übernachten kann mit dem Mobil – etwa an der legendären Plage Piémanson. Das geht dort nicht mehr und sonst auch nirgends, stellen wir schnell fest – es gibt jetzt viele Verbotsschilder. Den Gemeinden wurde das verständlicherweise irgendwann zu bunt.
Aber eines ist geblieben in Saintes-Maries – man kann der Kirche Notre-Dame-de-la-Mer noch immer aufs Dach steigen. Unten in einem kleinen Raum steht die berühmte Schwarze Sara, eine von den Sinti und Roma sehr verehrte Heiligenfigur. Von hier oben hat man einen unvergesslichen Blick – auf die umliegenden Ziegeldächer, die Landschaft und das Meer. Und als wir recht spät wieder zum Mobil zurückkehren, liegt auch wieder dieses einzigartige Licht über der Camargue: intensiv, fast geheimnisvoll.
Über 300 Vogelarten, darunter Flamingos und Reiher, leben in dieser weiten Schwemmlandebene, dazu unter anderem die typischen weißen Camargue-Pferde und schwarze Stiere. Bei Ausritten oder Wanderungen kann man die wilde Camargue immer noch am besten erleben.
Stellplätze mit Blick aufs Meer
Uns zieht es weiter, über Le Grau-du-Roi mit seinem langgezogenen, flussartigen Fischereihafen zu den feinsandigen, kilometerlangen Stränden auf der schmalen Landzunge zwischen La Grande-Motte und Marseillan. Wo auch immer wir haltmachen: Es empfängt uns Grillenzirpen. Wir genießen den Südfrankreich-Sound am liebsten bei einem Glas Rosé. Meist steuern wir Campingplätze an, um uns sicherer zu fühlen. Aber auch gut besuchte Stellplätze gibt es direkt am Wasser – und selbst in der Hauptsaison kommt man fast überall unter. Von unseren wechselnden Standpunkten geht’s mit den Rädern auf Erkundungstour, erstaunlich oft auf dafür vorgesehenen Wegen, wie etwa zwischen dem Campingplatz Le Floréal in Lattes und Montpellier. Erst an der Stadtmauer machen wir die Räder fest und bummeln: zur Kathedrale, durch die Gassen mit ihren Cafés voller Studenten bis zur Place de la Comédie und dem Kunstmuseum Fabre.
Wieder legen sich die Bilder im Kopf übereinander: Montpellier gehört zu jenen französischen Städten, die zauberhaft wie eh und je sind. Manchmal rau, immer charmant, sehr lebendig und lässig entspannt dabei. Oder wie singen Les Negresses Vertes so schön (mal ziemlich frei übersetzt): Man ist in den schönen Ecken dieses Landstrichs öfter mal "betrunken vom Leben und vom Licht". Das ist immer noch so.
+++ Alle Stellplatz-Tipps für Camargue finden Sie am Ende des Artikels. +++
Flamingos und andere seltene Vögel
Sandstrände, Schilfgürtel, seltene Vögel: Die Camargue, das riesige Mündungsdelta der Rhône, ist eine faszinierende Landschaft und ein einzigartiges Vogelparadies. Nur hier nisten in Frankreich rosa Flamingos. Weitere seltene Vogelarten sind zum Beispiel Zwergohreulen, Dünnschnabelmöwen und Stelzenläufer. Der Regionalnaturpark Camargue liegt zwischen den beiden Mündungsarmen der Rhône. In seinem Herzen, im Parc Ornithologique de Pont de Gau, kann man unter anderem rosa Flamingos erleben (im Sommer täglich von 9 bis 19 Uhr geöffnet). Weiterer Tipp für die Vogelbeobachtung: das Schutzgebiet von Le Scamandre in Vauvert.
Informationen
Reiseplanung: Die Französische Zentrale für Tourismus hat eine deutsche Website, auf der auch die Region Okzitanien/Occitanie vorgestellt wird. Die Region selbst informiert im Internet nur auf Französisch. https://de.france.fr, www.laregion.fr
Sicherheit: Wie sicher sind Stellplätze?
Das Auswärtige Amt in Berlin empfiehlt Südfrankreich-Reisenden seit längerem, "mit Wohnmobilen und Campingwagen nur bewachte Campingplätze anzusteuern". Und weiter: "Von Übernachtungen auf Rastplätzen, insbesondere entlang der Autobahnen in der Nord-Süd-Richtung nach Südfrankreich (...)und im gesamten Süden Frankreichs, wird wegen Aktivitäten organisierter Banden dringend abgeraten." Unsere Erfahrung: Viele Campingplätze haben mittlerweile sogar Wachdienste am Eingang. Aber auch unbewachte Stellplätze werden von Reisemobilisten gut frequentiert, man steht dort zumindest nicht alleine.