Wohnmobil-Tour in Oberitalien

Seit Urzeiten ein Traumziel für Reisende aus dem Norden, hat sich der Gardasee auch als Dorado für Windsurfer einen Namen gemacht. Wer dagegen Ruhe sucht, kein Problem: Man ist schnell in den Bergen.
Die Sonne kämpft sich hinter der Spitze des 2.000 Meter hohen Monte Baldo hervor, während der Duft von frischem Kaffee über den Stellplatz zieht. Noch ist Hektik hier Fehlanzeige, doch spätestens um elf Uhr wird es mit der Ruhe vorbei sein. Zuverlässig bläst dann der Wind, verstärkt noch durch den "Düseneffekt" zwischen den hohen Bergen im Norden des Gardasees – ein Grund dafür, dass Torbole zu den beliebtesten Revieren für Windsurfer in ganz Europa zählt.
Während es andernorts an dem 52 Kilometer langen und bis zu 346 Meter tiefen See außerhalb der Sommerferien etwas ruhiger zugeht, sind die Campingplätze rund um Torbole ausgebucht. Dicht an dicht stehen Camper und Caravans beieinander. Was für Ruhesuchende nicht unbedingt einladend ist, gilt Windsurfern als Traumurlaub. Können sie so doch nach beendeter Surf-Session direkt mit dem Nachbarn bequem über das gemeinsame Hobby fachsimpeln, von Markise zu Markise sozusagen – vorausgesetzt, der Platz reicht, um diese überhaupt auszufahren.
Gardasee: Wer's ruhiger mag, fährt ins Hinterland
Seit jeher gilt der Gardasee als Traumziel für Reisende aus dem Norden, auch und gerade wegen der schönen Landschaft rundum. Wer es etwas ruhiger mag, der fährt weiter in die Berge. Hier, wo statt der vielbefahrenen Uferstraße das Plätschern von Fluss und Bach und das Meckern der Ziegen zu hören ist und wo sich die Weinreben unter der Last praller Trauben biegen, sind die Wanderer, Kletterer und Mountainbiker zu Hause. Rund um den Ort Arco etwa ist es besonders schön. Das alte Kurstädtchen mit pittoreskem Burgfels samt hochgewachsenen Zypressen hoch über dem Ort ist ein idealer Ausgangspunkt zum Wandern und Radeln.
Südöstlich davon liegt das Weinanbaugebiet Terra dei Forti, die "Erde der Burgen und Festungen", wo der Name in Anbetracht der vielen Schlösser und Wehranlagen eindeutig Programm ist. Diese Region zwischen Avio und Rivoli Veronese ist bekannt für ihre knorrigen Enantio-Rebstöcke, aus deren Trauben ein dunkelroter, kräftiger Wein entsteht. Im Weingut La Prebenda in Brentino Belluno zum Beispiel kann man – wie in vielen der umliegenden Güter auch – spontan für eine Verkostung vorbeischauen und die würzigen Aromen der guten Tropfen genießen. Klar, dass die Heckgarage im Reisemobil da schnell zu einem kleinen Weinkeller wird.
Nach einer ausgiebigen Verkostung des guten Weins können wir gleich auf dem Platz vor der Kirche unser Quartier für die Nacht beziehen. Es ist auch angenehm, einmal nicht auf einem der oft engen, terrassenförmig in den Hang gebauten Stell- oder Campingplätze der Ostküste manövrieren zu müssen. Dort haben wir uns angewöhnt, zunächst einmal einen Rundgang zur Lagebesichtigung über den Platz zu machen, bevor wir die Zufahrt passieren. Das Rangieren kann hier mitunter schwierig sein, da einige Auffahrten extrem sportlich und somit nicht für jedes Reisemobil leicht zu passieren sind.
Die Klassiker rund um den Gardasee mit dem Wohnmobil entdecken
Auch wer gerne abseits der klassischen Routen auf Entdeckungsreise geht, sollte den ganz im Süden des Gardasees gelegenen Ort Sirmione auf keinen Fall verpassen. Wenn man hoch oben von der Wasserburg auf die verwinkelten Gässchen hinabschaut, mag man sich in alte Zeiten zurückversetzt fühlen. Empfehlenswert ist auch eine Sightseeing-Bootsfahrt um die Halbinsel. Allerdings braucht man etwas Geduld, um bis in die Altstadt zu gelangen: Selbst in der Nebensaison bilden sich entlang des vier Kilometer langen Damms zu den Zentrums-Parkplätzen lange Autoschlangen. Daher empfiehlt es sich, einen der Parkplätze vor dem Damm zu wählen und den Weg per Fahrrad fortzusetzen – oder man reist ganz bequem per Schiff an, beispielsweise von Desenzano.
Weiter geht es in Richtung Nordwestküste, waghalsig in den Berg gehauen schlängelt sich die Uferstraße Gardesana Occidentale durch viele Tunnels am See entlang. Es ist ein lauer Sommerabend, Stopp am Ufer beim zauberhaften Ort Gargnano. Unser leuchtend oranger, süßlich herber Spritz strahlt mit den rot gefärbten Wolken um die Wette. Kleine Wellen würfeln die vielen Kieselsteinchen immer wieder aufs Neue durcheinander. Im Schein der Kerzen filetieren wir die saftigen, nach Rosmarin und Limone duftenden Lachsforellen – eine Spezialität hier am See – und genießen unseren letzten Abend. Der Lago di Garda hat uns mit seiner Mischung aus Alpen-Romantik, mediterraner Strandstimmung und pittoresken Orten samt ihren verwinkelten Gassen verzaubert. Kein Wunder, dass die meisten Reisenden immer wieder herkommen.