Audi A3 1.8 Ambiente
Unter der Kennziffer drei wagt Audi den Sprung in eine neue
Klasse. Der kompakte
A3 konkurriert direkt mit dem Dreier Compact von BMW – mit
besten Chancen, wie
sich im Test der 125 PS-Variante zeigt.
Autos wie der neue Audi A3 machen es den Marketingleuten schwer. Sie sind weder größer noch stärker als ihre Klassengenossen, noch glänzen sie durch eine besonders luxuriöse Ausstattung. Im günstigsten Fall sind sie ein wenig schöner, aber das ist immer Geschmackssache. Nur in einem Punkt übertreffen sie üblicherweise den Durchschnitt der Konkurrenz: Sie sind teurer. Da zeigt sich, wofür Marketingspezialisten bezahlt werden. Das Stichwort heißt Positionierung. Die übliche Position eines Kompaktwagens wäre in der sogenannten A-Klasse, der Golf-Klasse. Aber ein Audi ist kein VW, auch wenn beide aus dem gleichen Konzern kommen. Audi muss mehr sein. Folglich gehöre der A3, so definieren es die Audi-Verkäufer, nicht in die A-Klasse, sondern in die Premiumklasse, in unmittelbare Nachbarschaft zum Dreier Compact von BMW. Da freut man sich, dass sich der Aufschlag für das Premiumgefährt in Grenzen hält. Der Basispreis liegt bei 30 900 Mark für den A3 1.6 mit 101 PS, ein vergleichbarer Golf ist für 26 490 Mark zu haben. Günstig fällt der Vergleich für die hier getestete 125 PS-Version (A3 1.8) aus, die in der Grundausstattung 33 500 Mark kostet, 1000 Mark weniger als ein Golf GTI mit 115 PS. Dazu kommen noch der 150 PS starke A3 1.8 T (36 100 Mark, lieferbar ab Herbst) und der A3 1.9 TDI (33 200 Mark, 90 PS). Immerhin spricht es für Audi, dass hinter dem A3 mehr steckt als nur eine vordergründige Marketingidee. Schon der bloße Augenschein lässt adäquaten Mehrwert ahnen. Für einen Kompaktwagen sieht der kleine Audi recht stattlich aus, was er den Maßen nach auch ist: Mit 4,15 Meter Länge übertrifft er den Golf um 13 Zentimeter, auch in der Breite hat er sichtbar mehr zu bieten (plus vier Zentimeter). Dem entspricht das großzügiger bemessene Fahrwerk: drei Zentimeter mehr Radstand und der gleiche Zuwachs an Spurweite. Auch die serienmäßigen 15 Zoll-Räder tun dem A3 gut. Gesamteindruck?
Wer sich den A4 Avant als Coupé vorzustellen vermag, liegt richtig. Coupé auch deshalb, weil es den A3 vorläufig ausschließlich als Zweitürer gibt – ein Komfortmangel freilich, der sich dank einer findigen Verstellmimik beider Vordersitze in Grenzen hält. In schönstem Marketingdeutsch spricht Audi von der Easy-Entry-Funktion, was bedeutet, dass der Sitz beim Vorklappen der Lehne automatisch nach vorn rutscht und zwar schneller, leichter und weiter, als man es von derartigen Vorrichtungen gewohnt ist.Der Nachteil: In den Genuss kommen nur die Käufer der beiden teureren der drei Ausstattungsvarianten. Was für Mercedes-Benz recht ist, soll künftig auch für Audi recht, wenn auch nicht billig sein. Analog zu den „lines“ von Mercedes gibt es den A3 in verschiedenen Geschmacksrichtungen: Attraction, Ambition und Ambiente, wobei Attraction auch Basis bedeutet. Am teuersten kommt, wie im Testwagen vorhanden, die Ambiente – Ausstattung. Für 2200 Mark erhält der Kunde neben Kosmetischem, wie Sitze mit Alcantara – Besatz (synthetisches Wildleder), auch Nützliches – geteilte Rücksitze beispielsweise, Fernbedienung für die Zentralverriegelung und eine Mittelarmlehne vorn. Wer das Geld spart und es stattdessen in die empfehlenswerte Klimaautomatik investiert (2400 Mark), macht jedoch keinen Fehler. Schließlich umfasst schon die Grundausstattung alles, was der Mensch braucht, unter anderem Fullsize – Airbags für Fahrer und Beifahrer, Ausstellfenster hinten, elektrische Fensterheber, vier Kopfstützen, ABS, verstellbares Lenkrad und eine elektronische Differentialsperre. Selbst auf die Seitenairbags braucht der A3-Fahrer nicht zu verzichten. Ab Herbst gibt es sie als Extra, ein Novum in dieser Klasse. Audi lässt sich also nicht lumpen. Dabei ist es nicht nur die Anhäufung von Ausstattung, die den A3 ehrt. Seine wahre Glanznummer ist die Qualität des Ganzen. Dem A3 strömt sie aus allen Poren, angefangen bei der makellosen Passform sämtlicher Karosserieteile, über die unerschütterliche Steifigkeit bis hin zu den hochwertigen Kunststoffen im Innenraum. Sein Premiumlabel hat er in dieser Beziehung mehr als verdient. Daran vermag auch das brave Innendesign nicht zu rütteln. Wie schon der äußere Anblick bietet auch das Ambiente im Innern – ob mit oder ohne Ambiente-Ausstattung – keinerlei Überraschungen, zumal wenn alles, wie im Testwagen, in tristem Dunkelgrau versumpft. Was schwerer wiegt, ist die allseits feststellbare Liebe zum Detail, die Vielzahl der Ablagen etwa, die schön großen Hauptinstrumente oder die perfekte Anordnung der Bedienungselemente, zumal sich Audi erstmals zu einem Drehlichtschalter am Armaturenbrett durchringen konnte. Einwandfrei auch die Sitzposition und die Sitzverstellung, während die straffen Sitze für hochgewachsene oder korpulente Insassen etwas großzügiger bemessen sein dürften. Auch hinten fühlt man sich im A3 gut aufgehoben. Das Raumangebot ist mit dem des Golfs vergleichbar, was in der Kompaktklasse guten Durchschnitt bedeutet. Dafür fällt der glattflächige Gepäckraum mit 350 Litern um 20 Liter geräumiger aus. Ein nettes Detail: Metallösen ermöglichen das Verzurren des Ladeguts.
Dass Audi bei der Entwicklung des A3 wesentliche Elemente des neuen, im Herbst 1997 serienreifen VW Golf IV vorwegnehmen durfte, ist ein offenes Geheimnis. Die Bodengruppe mitsamt den modifizierten Achsen sind weitgehend baugleich. Vorn bleibt es bei der McPherson-Achse, ähnlich jener der aktuellen Golf GTI und VR6-Modelle, aber mit Fahrschemel, hinten bei der Verbundlenkerachse, allerdings mit getrennt angeordneten Federn und Dämpfern. Das Golf-Konzept bedingt auch die Abkehr vom auditypischen Längsmotor. Der aus dem A4 bekannte Fünfventilmotor steht im A3 quer, was ein um 30 Millimeter schmaleres Motorgehäuse notwendig machte. Gleichzeitig entfällt die bisher zum Antrieb der Nebenaggregate benötigte Zwischenwelle, und den Zündverteiler ersetzt eine statische Hochspannungszündverteilung. Leistung und Drehmoment entsprechen dem Audi A4 1.8. Dem Identitätsverlust durch die technische Gleichschaltung mit dem zukünftigen Golf begegnet Audi mit einer hauseigenen Abstimmung. Der A3, so die Losung, soll sich eine Nummer größer anfühlen, vergleichbar mit dem A4, denn „einem A3 fehlt die Länge nicht, sondern sie glänzt durch Abwesenheit“ (O-Ton Audi). Da ist was dran. Gerade im Komfort wirkt der A3 spürbar erwachsener als der Golf. Seine gut gedämpfte Federung verarbeitet lange wie kurze Bodenwellen souverän, wobei das Schluckvermögen bei schneller Fahrt auf schlechten Straßen ganz besonders beeindruckt. Auch die Eindämmung von Abroll – und Fahrwerksgeräuschen verdient Respekt. Stören könnte allenfalls eine leichte Neigung zum Stuckern auf kurzen Unebenheiten.
Von einer sauberen Fahrwerksabstimmung zeugen auch die Fahreigenschaften. Der A3 beantwortet selbst hektische Fahrmanöver mit Gleichmut, bleibt jederzeit berechenbar und läuft auch auf unebener Fahrbahn tadellos geradeaus. In Kurven beschränkt er sich auf leichtes Untersteuern. Trotz leichtgängiger, exakter Servolenkung ist er dabei jedoch nicht der Handlichste. Ein Golf GTI etwa wirkt in den Lenkreaktionen agiler und direkter. Verlass ist auch auf die Bremsen. Der A3 verfügt serienmäßig über Scheiben vorn (innenbelüftet) und hinten, die ausgezeichnete Verzögerungswerte garantieren, auch bei extremer Beanspruchung. Da können die Qualitäten des Antriebs nicht ganz mithalten. Klar, dass der A3 bei 125 PS und einem Gewicht von 1204 Kilogramm kein Temperamentsbolzen sein kann. Gleichwohl wäre mehr Durchzugskraft bei niedrigen Drehzahlen zu begrüßen, denn es muss fleißig geschaltet und gedreht werden. Das ist zwar mit der leichtgängigen, nur beim schnellen Gangwechsel etwas hakeligen Schaltung kein Problem, aber es wirft ein Schlaglicht auf eine andere Schwäche des Fünfventilmotors: Ab 5000/min wird er reichlich laut. Das Geräuschproblem wird verschärft durch die Getriebeauslegung. Um ihr auf die Sprünge zu helfen, wurde dem A3 1.8 eine kurze Antriebsübersetzung verpasst, so dass er auch im fünften Gang leicht die Drehzahlgrenze erreicht und ab 180 km/h in den Dröhnbereich vorstößt. Außerdem scheint sich die hochdrehende Auslegung auch auf den Verbrauch negativ auszuwirken. Mit durchschnittlich 10,0 L/100 km schluckt der A3 mehr, als in dieser Leistungsklasse heute üblich ist. Bleibt noch die entscheidende Frage: Ist der A3 1.8 denn nun premium? Er ist es, abgesehen vom Antrieb. Der ist nur medium.