Audi S3 2.0 TFSI gegen BMW M135i x-Drive
Jetzt wird es richtig dynamisch in der Audi A3-Familie. Der
300 PS starke, frisch vorgestellte S3 darf sich mit seinem
bayerischen Gegner BMW M135i x-Drive herumbalgen. Welcher
Sportkompakte macht mehr Spaß?
Es ist Frühling im Jahr 1990 – ein ziemlich warmer übrigens –, und bei auto motor und sport geht’s heiß her. Zwei Sportwagen-Träume jagen über Curbs und um Pylonen: Ferrari 348 tb mit neuem V8-Motor und 300 PS sowie der Porsche 911 Carrera 2 mit 250-PS-Boxer und – damals erwähnenswert seit neuestem Servolenkung. Autor Werner Schruf lobt das hohe Maß an Fahrdynamik und die außergewöhnlich schnellen Kurvengeschwindigkeiten der zusammen 280.000 Mark teuren Boliden. Die Könige der Landstraße und Autobahn schmücken als Poster so manches Kinderzimmer.
Es ist Frühling im Jahr 2013 – ein verdammt kalter übrigens –, und bei auto motor und sport fahren zwei sportliche Kompaktwagen für zusammen 83.650 Euro (163.605 Mark) die Reifen heiß. Das Kinderzimmer, in dem sie als Poster hängen, muss erst noch gefunden werden, doch um die beiden alten Helden führen der neue Audi S3 und der BMW M135i x-Drive Kreise. Nüchtern betrachtet mag es hier nur um die dynamischeren Ausgaben von braven Großserien-Produkten gehen. Aber schon rein physikalisch zerren sie mit mindestens 300 PS eine Spurt-Grimasse in die Gesichtszüge. Emotional erwartet die Piloten sowieso eine automobile Springbreak-Party, wenn auch sehr individuell.
Audi S3-Vierzylinder agiert sparsamer
Ein Reihen-Sechszylinder ist ein Reihen-Sechszylinder ist ein Reihen-Sechszylinder, obwohl der ganze Schmus von wegen unerreichter Laufruhe aufgrund des idealen Massenausgleichs heute mehr eine Phrase als ein wirklicher Vorsprung ist. Dafür dreht der längs eingebaute Dreiliter-Turbo des 1er locker bis 7.000 und schmettert eine Sport-Fanfare so ehrlich und tief, dass die Knie weich wie Obatzter werden. Gegen diese kultig-emotionale Übermacht richtet ein Vierzylinder-Turbo wenig aus, selbst wenn er so klasse gemacht ist wie die Zweiliter-Maschine im Audi S3.
Mit einem Soundaktuator an der Schottwand und Auspuffklappen erspielt sich das quer bauende Aggregat im Audi S3 gaswechselgrollend und röhrend zumindest akustisch Respekt für vier Töpfe. Wer mal entspannt reisen will, darf sich im Audi S3 zudem grundsätzlich über einige Dezibel weniger als im BMW freuen – und über ein zart besseres Ansprechverhalten. Mit hohem konstruktivem Aufwand (Direkt-/Saugrohr-Einspritzung, vollvariable Ventilsteuerung und in den Zylinderkopf integriertem, gekühltem Krümmer) hängt der mit 1,2 bar aufgeladene Audi S3-Motor williger am Gas, geht genauso mächtig aus dem Tourenkeller und verbraucht vor allem erheblich weniger: 9,6 L Super Plus statt 10,8 L Super/100 km.
BMW 135i fahrdynamisch einen Hauch schneller
Mit dem optionalen Allradantrieb (elektromechanische Lamellen-Mittenkupplung) ist der M135i einfach zu moppelig. Auf über 1,6 Tonnen schnellt die Waage, 134 Kilogramm mehr als beim Audi S3. Erst seine 20 Mehr-PS bringen das Leistungsgewicht wieder auf Augenhöhe. Der Dank für den besseren Start geht aber an die Zahnradfabrik Friedrichshafen (ZF), deren serienmäßiger Achtgang-Automat zusammen mit dem Sport plus-Programm die entscheidenden Zehntel rausholt: 4,9 s auf 100 km/h. Sanft und schnell laden die Gänge nach.
Der Audi S3 braucht dazu vier Zehntel länger. Seine Sechsgang-Schaltung lässt die Gänge leicht und vor allem präzise durch die Gassen flutschen. Hätte zum Test das optionale Doppelkupplungsgetriebe (ebenfalls mit Launch Control) zur Verfügung gestanden, wäre es wohl pari ausgegangen. So reißt das dynamische Duo zumindest die 200er-Marke in quasi identischer Zeit.
Die beiden bayerischen Kampfhähne pflegen ihre Charaktere und schenken sich wenig. Mit seinen gripstärkeren Michelin Super-Sport-Pneus holt sich der dynamisch-spitzer ausgelegte 1er kleine Vorteile bei der Fahrdynamik und beim Bremsen. Seine firmere Lenkung lässt sich noch präziser aus der Mittellage dirigieren. Im Pylonen-Parcours bleibt der BMW neutraler und schwingt weniger mit dem Heck. Dafür gibt es auf welligen Straßen leichte bis grobe (in beladenem Zustand) Popo-Massage.
Auch beim Komfort liegt der Audi S3 vorne
Der mit Haldex-Lamellenkupplung antretende Quattro überlässt Extreme lieber dem kommenden RS3 und kurvt mit einer ausgewogenen Mischung aus Agilität und Komfort in die Herzen von Vielfahrern. Etwas gewichtiger dürfte die neue Progressivlenkung – heutzutage erwähnenswert – mit variabler Lenkübersetzung im Audi S3 aber schon wirken. Wollte da Audi eine plakative Leichtbau-Flagge hissen? Über die Konfigurationsmöglichkeiten im serienmäßigen Drive-select-Menü lässt sich der Charakter von Lenkung, Motoransprache und Sound in Grenzen variieren. Im Grenzbereich rubbelt der Audi S3 über alle Viere und drängt beim Lastwechsel spürbar, aber unkritisch mit dem Heck.
Wer die beiden nur mit der Sportbrille betrachtet, eilt mit dem M135i besser ums Eck. Das gelungenere Allround-Auto ist aber der Audi S3: Größeres Raumangebot, bessere Verarbeitung und der niedrigere Preis sprechen für ihn. Doch so nüchtern kaufen in der Klasse wenige. Deshalb schließen wir mit dem Fazit von Werner Schruf aus dem Jahre 1990: "Das macht sie beide zu faszinierenden Spielzeugen, die die Herzen höher schlagen lassen." So ist es auch 2013.