BMW 535i und Mercedes E350 CGI im Test
Weil er ganz neu ist, beansprucht der BMW 5er die Spitzenposition in der oberen Mittelklasse. Gelingt es ihm, an der E-Klasse von Mercedes vorbeizuziehen? Im Test die leistungsstarken Sechszylinder BMW 535i und Mercedes E 350 CGI.
Wo sie sind, ist oben. Natürlich residieren obendrüber noch Vorstand und Aufsichtsrat im siebten Himmel oder der Mercedes S-Klasse, doch die wahren Macher fahren BMW 5er und Mercedes E-Klasse. Speziell mit den stärksten Sechszylinder-Benzinern sind sie die Klassiker des gehobenen Managements, die Visitenkarten für Seriosität, Leistungsbereitschaft und Erfolg bis ins private Umfeld. Eine stil- und geschmackssichere Entscheidung, obwohl es durchaus reizvolle Alternativen gibt: Rund 50 Jahre Erfahrung in diesem anspruchsvollen Segment lassen sich eben nicht leicht übertrumpfen.
Im Test fällt auf: Der 5er schließt beim Raumangebot zur E-Klasse auf
Und schon gar nicht übersehen. BMW ist nach Jahren kontrovers diskutierter Formensprache wieder zu einer klareren Linie zurückgekehrt. Der BMW 5er sieht auf Anhieb dynamisch und markentypisch aus, schließt sowohl im Stil wie in den Dimensionen zum BMW 7er auf. An Länge (plus sechs Zentimeter) und Radstand (plus acht) hat er beim Modellwechsel sogar deutlich mehr zugelegt als die Mercedes E-Klasse und damit einen bisherigen Nachteil - das eingeschränkte Raumangebot - aus der Welt geräumt.
Rein äußerlich zeigt der Mercedes mehr aufgesetzte Design-Gags wie die hinteren Kotflügel, die mit der stolzen Firmen-Historie spielen. Auch das Interieur wirkt so bodenständig und solide wie ein Eichenholz-Schreibtisch, und der Automatik-Wählhebel sitzt wie in den fünfziger Jahren an der Lenksäule. Wenn sich dann noch, wie beim Testwagen, braune Farbtöne hineinmischen, wird überdeutlich: Das ist kein Auto für jung gebliebene Dynamiker. Die fühlen sich wohler im moderner, cooler gestalteten BMW-Cockpit.
Der Mercedes E350 hat den größeren Kofferraum und bietet mehr Zuladung./strong>
Mit der Funktionalität hat das nichts zu tun. Die Bedienungsergonomie, einst eine klassische Mercedes-Hochburg, hat bei der jüngsten i-Drive-Generation von BMW ein ähnlich hohes Niveau erreicht. Das Platzangebot ist bei beiden reichlich, und nicht zuletzt die Qualität von Materialien und Verarbeitung zeigt dem Besitzer deutlich, wo das viele Geld steckt. Der BMW 5er punktet mit etwas generöseren Innenmaßen und einer bequemeren Rücksitzbank, der Mercedes mit dem größeren Kofferraum und mehr Zuladung. Am Ende kommt bei den Karosserie-Details nahezu Gleichstand heraus. Dieses Feld ist nicht das, auf dem ein Premium-Konkurrent den anderen schlagen kann.
Im Test fühlen sich BMW 5er und Mercedes E-Klasse unterschiedlich an
Aber vielleicht die Fahreigenschaften? Der BMW tritt zum Test mit zahlreichen teuren Technik-Extras an: adaptives Fahrwerk mit Stoßdämpfer-Regelung, geschwindigkeitsabhängige Aktivlenkung, mitlenkende Hinterachse. Der Mercedes glaubt, dem Vergleich mit dem Standard-Fahrwerk gewachsen zu sein. Wer die Messwerte der Fahrdynamik-Prüfungen betrachtet, wird sagen: Ist er auch. Doch obwohl die Differenzen marginal sind, fühlen sich die beiden höchst unterschiedlich an.
Der BMW 5er gibt sich im Test sportlicher als die Mercedes E-Klasse
Der BMW beweist für ein Auto dieser Größe und dieses Gewichts ein überraschend sportliches und flinkes Handling. Er mag Kurven, und er will sie nicht nur umrunden, sondern hindurchflitzen. Der BMW 5er ist richtig für aktive Piloten, die Spaß am Fahren haben und sich gern mit ihrem Auto auseinandersetzen. Das extrem spontane, bei Geradeausfahrt schon eine Spur nervös wirkende Ansprechen der Lenkung werden sie als Bestandteil der Dynamik willkommen heißen - ebenso wie die Möglichkeiten der individuellen Abstimmung. Sport, Normal oder Komfort gibt es zu wählen. Im Sportmodus wird das Ansprechverhalten des Motors geradezu bissig, und die Achtgangautomatik zeigt mit ständigen Schaltvorgängen, wie viele Übersetzungen ihr zur Verfügung stehen. In Normal oder Komfort beruhigt sich das merklich, wobei die Komfort-Position auch nicht rundum glücklich macht.
BMW konnte die Komfortlücke zu Mercedes fast schließen
Damit wirkt der BMW auf schlechten Straßen klar unterdämpft, es kommt zu schwingenden Vertikalbewegungen, die wenig mit Komfort, wohl aber mit protestierenden Mägen der Fondpassagiere zu tun haben. Insgesamt erweist sich die Stellung Normal als der beste Kompromiss, mit dem der BMW 5er zeigt, dass es ihm in der jüngsten Generation gelungen ist, die Komfort-Lücke zum Mercedes weitgehend zu schließen.
Die Mercedes E-Klasse glänzt im Test mit hohem Fahrkomfort
Bei diesem muss der Fahrer darauf vertrauen, was der Hersteller als bestmögliche Abstimmung herausgefunden hat. Und das ist gut so. Die Mercedes E-Klasse fährt sich längst nicht so sportlich-dynamisch wie der BMW 5er. Ihre deutlich indirekter übersetzte Lenkung reagiert präzise, aber vergleichsweise träge. Wer damit leben kann, wird mit einem höchst ausgewogenen Federungskomfort entschädigt.
Und weil das alles funktioniert, ohne dass man sein Wunschprogramm einstellt, wird klar: Der Mercedes ist ein Auto, das seinen Fahrer im besten Sinne in Ruhe lässt. Das gilt auch für den Antrieb. In Verbindung mit der serienmäßigen Siebengangautomatik sorgt der 3,5-Liter-V6 für gute Fahrleistungen, ist kultiviert und verbraucht angemessen wenig Benzin. Ende der Durchsage. Im Vergleich zu diesem technisch wenig aufregenden V6 ziehen die Bayerischen Motoren Werke alle Register. Schon die Reihenbauweise ist eine Besonderheit. Dazu kommen noch die drosselklappenfreie Valvetronic und Turboaufladung. Nicht mehr mit zwei Turbos wie früher, sondern jetzt mit nur noch einem, der aber auf der Auspuffseite über zwei Kanäle verfügt (Twin Scroll).
Der BMW-Sechszylinder bietet viel mehr Drehmoment als der Mercedes-V6
Die neue Aufladung zielt dabei weniger auf höchstmögliche Leistung - 306 PS sind für einen Dreiliter-Turbo ja keine Sensation - als auf beste Durchzugskraft. Der BMW 535i entwickelt erheblich mehr Drehmoment als der Mercedes E 350 CGI, und er tut dies auch noch bei geringerer Drehzahl. Ein Triebwerk also, wie sich das für einen BMW gehört, mit Herzblut, ein Leckerbissen für Technik-Freaks. Das Ansprechverhalten ist derart gut, dass man ihm den Turbo zunächst gar nicht glauben möchte. Blitzartig dreht es hoch, vibrationsfrei und mit jenem spezifischen BMW-Sound, den nur völlig unterkühlte Menschen als Geräusch bezeichnen würden.
Im Test punktet der BMW 5er mit Motorvergnügen
Wirkliches Motorvergnügen also, unterstrichen durch die enorm sanft und schnell reagierende Achtstufenautomatik. Dass der BMW 535i im Testmittel auch noch 0,3 Liter/100 km weniger verbraucht, unterstreicht nur seine Überlegenheit in dieser Disziplin. Es sind letztlich dieser Antrieb und die Fahrdynamik, die dem BMW seinen Punktevorsprung sichern. Was den Mercedes-Fahrer aber nicht stören muss. Denn für beide Konkurrenten gilt: Sie verkörpern die klassischen Tugenden beider Marken in nahezu perfekter Form.