Dacia Duster dCi 85 4x2 im Test
Mit dem Dacia Duster zieht nun auch Dacia rund 70 Jahre nach dem Ur-Jeep ins Gelände. Der robuste und enorm günstige Allrad bleibt den Markenwerten treu - mit ihm hat die sonst so prestigebewusste Klasse der SUV einen neuen Antihelden.
Was zum Dacia Duster schon mal gar nicht passt, ist ständiges Rumgewedele mit Schaumbürsten und Münzstaubsaugern. Dacias neuer Offroader will keines dieser Autos sein, die gleich durchgefeudelt werden, nur weil drei Krümel im Auto herumfahren. Er ist einer für das echte Leben, keiner für schicken Lifestyle. Zuerst sieht seine Lebensplanung den Aufenthalt in Gegenden vor, in denen der Münzstaubsauger als solcher von eher untergeordneter Bedeutung ist – russische Steppen, afrikanische Savannen, brasilianische Schotterpisten. Zu uns, dem größten Markt für Dacia, kommt der dacia Duster, weil er hier preislich keinen Konkurrenten hat. Ein Kompakt-SUV zum Kleinwagenpreis – das ist keine Nische, das ist eine Prärie.
Der Dacia Duster basiert auf der Logan-Plattform
Hier soll der Dacia Duster Käufer ansprechen, die sich sonst keinen SUV leisten könnten, oder Pragmatiker, die früher als Schüler oder Studenten einen Fünfthand-R4 runterritten und heute wieder ein praktisches, anspruchsloses und günstiges Auto suchen.
Um diesen Preis zu erreichen, nutzt der Dacia Duster das bekannte Dacia-Rezept, ist wie seine Brüder Logan und Sandero kein Technologieträger, sondern ein Technik-Aufträger. Er basiert auf der – verstärkten – Logan-Plattform, die wiederum auf den letzten Renault Clio zurückgreift. So erklären sich auch die Verbundlenker-Hinterache (beim 4x2) und die Trommelbremsen am Test-Wagen hinten.
Der Test zeigt: Der Dacia Duster wirkt eigenständig
Äußerlich verhüllt der Dacia Duster die 57 Prozent Gleichteile zu den anderen Dacia clever. Die übersichtliche Karosserie wirkt im Test eigenständig, keineswegs billig und ist durch die unlackierten Kunststoff-Stoßfänger und -Schwellerkanten rempelresistent. Innen trägt er dagegen die typisch nüchterne Mode der Marke auf. Das Cockpit stammt fast komplett aus dem Dacia Sandero, ist also übersichtlich gestaltet, leicht bedienbar und mit großem Vertrauen auf die Qualität der Torx-Schraube resolut zusammengezimmert. Nichts für Armaturenbrettstreichler also; für alle, die Platz brauchen, aber schon. Vorn ähnelt das Raumangebot dem der anderen Dacia-Modelle, Pilot und Co. hocken unbeengt, aber zu hoch – Lenkrad- und Sitzhöhenverstellung links sowie die geteilt umklappbare Rückbank kosten für die Linie Ambiance im Paket 300 Euro.
Der Dacia Duster Kofferraum fasst viel Gepäck
Auf der kaum ausgeformten Rücksitzbank kommen im Test drei Erwachsene unter, mit viel Luft vor den Knien und über dem Kopf. In den gut geschnittenen Kofferraum passt selbst der Reisebedarf von Familien, die schon für Wochenendausflüge packen, als seien sie ein Wanderzirkus. Die große, gemütliche Reise kann der Dacia Duster gut. Mit ihrer weichen Abstimmung steckt die Federung selbst grobe Verwerfungen weg. Weil sie für rumpelige Schotterpisten gedacht ist, können ihr die paar Schlaglöcher auf unseren Straßen wenig anhaben. Eher schon Kurven. Wegen seines Mangels an erwähnenswerter Dynamik quält er sich wogig durch den Slalom.
Der 86 PS-Diesel kommt mit dem Dacia Duster gut zurecht
In Biegungen neigt er sich stark zur Seite, reagiert auf Lastwechsel mit Eindrehen des Hecks. Das schaukelige Fahrverhalten sollte unbedingt durch ESP abgesichert werden, schon weil die träge, unpräzise Lenkung bei schnellen Richtungswechseln verhärtet und präzise Korrekturen erschwert. Doch der elektronische Schleuderschutz ist – vollkommen unzeitgemäß – für den Dacia Duster dCi 85 auch gegen Aufpreis nicht zu haben. Auch stärkere Bremsen würden dem Dacia guttun.Ebensowenig wie ESP oder Allradantrieb gibt es einen Rußfilter für den 86-PS-Diesel.
Ansonsten kommt das Triebwerk mit dem 1,3-Tonner gut zurecht. In Kombination mit dem hakeligen, aber gut gestuften Fünfganggetriebe treibt der Common-Railer den Dacia Duster fast ohne Anfahrschwächen durchzugskräftig und sparsam an.
Dacia Duster: er zeigt, wie wenig es für vollwertiges Autofahren braucht
Wobei sich die Gefahr von Tempoüberschreitung wegen des milden Temperaments in engen Grenzen hält. Im Gegensatz zur Geräuschentwicklung: Die Botschaft des 1.500ers, zur Gattung der Explosionsmaschinen zu zählen, dröhnt kernig durch den dünn lärmisolierten Innenraum. Es bleibt nicht der einzige Beweis für die extrem kostensensible Machart. Sie zeigt sich auch in einer labberigen Kofferraummatte, den dünnen, elastischen Kunststoffen der Ablagen oder der leicht verkratzbaren Ladekante. Doch das sind alles Kleinigkeiten, die höchstens premiumbetörte Käufer stören, aber nichts am robusten Wesen des Duster ändern. Wie alle anderen Dacia-Modelle zeigt er zudem, wie wenig es für vollwertiges Autofahren braucht.
Der SUV schottert auch als Frontantrieb durch leichtes Gelände
Man hatte ja fast vergessen, dass sich Außenspiegel ohne Gesundheitsrisiko manuell einstellen lassen und dass es durchaus möglich und zumutbar ist, ohne Sensoren zu erkennen, wann Scheibenwischer oder Scheinwerfer aktiviert werden sollten. Der Dacia Duster ist also ein Auto, das sich aufs Wesentliche konzentriert, ein SUV, der selbst als Fronttriebler locker durch leichtes Gelände schottert. Vor allem aber ist er ein Billigauto, das nicht billig wirkt, das erste, nach dem man sich nach dem Parken noch mal stolz umdreht. Und sich überlegt, ob man ihm nicht doch die Heißwachswäsche gönnen soll – auch wenn er wohl lieber im Frühlingsregen duschen würde.