Doppeltest VW Golf 2.0 16 V GTI gegen VW Golf 1.9 TDI GT

Genau 20 Jahre lang hat das Kennzeichen GTI den Ruf des sportlichen VW Golf geprägt. Ausgerechnet im Jubiläumsjahr droht der annähernd gleich starke TDI dem Jubiläumsmodell den Rang abzulaufen.
Kann es geschehen, daß ein echter GTI-Fan in einen Golf Diesel steigt und sich mit Genuß einem Fahrerlebnis hingibt, das bislang nur der Benziner bot? Die Versuchung ist groß, seit VW im 20. Baujahr des GTI einen 110 PS starken TDI direkt neben dem klassischen 115 PS-GTI im Programm plaziert hat. Das Jubiläumsmodell des 115 PS starken GTI steht seither für 36 000 Mark in der Preisliste, nahezu komplett ausgestattet von den Sportsitzen bis zu den BBS-Kreuzspeichenrädern.
Der neue Turbodiesel kostet in vergleichbarer GT-Ausstattung 1050 Mark mehr. Freilich bleibt diese Version nicht das einzige Angebot für den neuen TDI mit 110 PS: In der Basisausführung des Golf wird der starke Dieselmotor ab 30 700 Mark angeboten, darüber rangieren die beiden Sondermodelle Europe (34 600 Mark) und Bon Jovi (34 020 Mark). Zum Test stand ein Golf GT Special zur Verfügung, der sich rein äußerlich vom GTI nur durch die geringfügig kleinere Rad-Reifen-Kombination (185/60 u 14 statt 205/50 u 15) unterscheidet – und natürlich durch das Typzeichen TDI. Dort wird der Hang zum Understatement schon dadurch unterstrichen, daß das I als dezenten Hinweis auf den starken 110 PS-Motor einen rot eingefärbten Schatten trägt.
Ein Quadratzentimeter rote Farbe macht den Unterschied – welch eine krasse Abwendung von der GTI-Mode, die 20 Jahre lang mit roten Streifen am Kühlergrill, Frontspoiler, Golfball- Schaltknauf und Nenndrehzahlen jenseits von 6000/min unübersehbare Zeichen setzte. Die Talente des neuen TDIMotors liegen im Vergleich zum Zweiliter-GTI mit 115 PS auf ganz anderen Gebieten, doch sie beeindrucken nachhaltig: Der Turbodiesel kennt überhaupt kein Turboloch, sondern schiebt mit einer so verblüffenden Drehmomentgewalt an, daß man spontan auf einen gut abgestimmten Dreilitermotor unter der Haube tippt. Der Gipfel seiner Drehmomentkurve liegt mit 235 Newtonmeter bei 1900/min auf ungewohnt niedrigem Drehzahlniveau, wie der Vergleich mit dem GTI-Motor offenbart.
Obwohl auch dieses Triebwerk als elastisch und durchzugsstark gilt, wirkt es mit seinen 166 Newtonmetern bei 3600/min neben dem neuen Powerdiesel geradezu schwachbrüstig. Der Direkteinspritzer mit variabler Ladergeometrie und maximal 0,95 bar Ladedruck – nur 0,05 bar mehr als beim weiterhin angebotenen TDI mit 90 PS – geht so kräftig zur Sache, daß extra das Getriebe umkonstruiert werden mußte, um dem hohen Drehmoment standzuhalten.