Fiorano-Feuerwerk mit 880 PS
In nur 2,8 Sekunden katapultiert sich der 296 Speciale auf 100 km/h – Adrenalinkick inklusive.
Ferrari nennt ihn "Speciale" – und das ist nicht mal übertrieben. Denn wer diesen V6-Hybriden auf der Fiorano-Rennstrecke erlebt, versteht, dass Maranello noch immer der Maßstab in Sachen Emotion ist. Während andere mit Rundenzeiten prahlen, liefert Ferrari einfach Gänsehaut – und das bei 880 PS Systemleistung.
Tacho 271 km/h, Tiefflug auf der wohl legendärsten Teststrecke aller Teststrecken. Willkommen im neuesten Kunstflieger der Scuderia Ferrari auf der "Pista di Fiorano". Start frei zur Grenzbereich-Akrobatik mit dem neuesten Sondermodell, dem 296 Speciale.
Ferrari-Fahren in Fiorano fühlt sich jedes Mal so an, wie sich ein Trainingsmatch mit Roger Federer auf dem heiligen Rasen von Wimbledon anfühlen muss: Das Gelände und der Partner könnten nicht besser passen. In den zwölf technisch anspruchsvollen Kurven auf der 2,997 Kilometer langen Hauspiste packt dich der 296 Speciale sofort wieder mit dem, was sie bei Ferrari perfekt können: Emotionen.
Rennsport für die Straße
Challenge Stradale, 430 Scuderia, 458 Speciale und 488 Pista – der 296 Speciale ist der neueste Spross in der Familie der legendären Berlinetta-Sondermodelle. Bereits die Lackierung verrät, dass er noch rennstreckenfokussierter als seine Basis 296 GTB an den Start geht. Der Name des neuen, grünen Metallic-Farbtons? Verde Nürburgring.
Dazu gibt’s auf Wunsch weiß einlackierte Rennstreifen und Startnummern, deren Farbname Bianco Cervino wie eine leckere Mischung aus italienischem Dessert und Weißwein klingt. Wer nicht auf die Leichtbauräder aus Sichtcarbon steht, kann dem Speciale optisch passendes Schuhwerk in Form von mattweiß lackierten Rädern verpassen.
Zack, zack, zack – Carbonwippe rechts hinterm Lenkrad immer wieder fix ziehen. Vierter, fünfter, sechster Gang. Spätestens wenn der Speciale eine Fahrstufe seines Achtgang-Doppelkupplungsgetriebes nach der anderen mit verkürzten Schaltzeiten verspeist, wird klar, dass er nicht nur optisch Rennsportgefühle mit Straßenzulassung herbeizaubert.
Ein um 0,2 bar höherer Ladedruck, Titanpleuel, verstärke Kolben und eine leichtere Kurbelwelle – der V6-Biturbo erinnert technisch und mit identischer Nennleistung stark an das Mittelmotor-Triebwerk der Ferrari-Markenpokal-Rennversion 296 Challenge. Mit 700 PS leistet der Dreiliter des Speciale 37 PS mehr als das Basistriebwerk im 296 GTB. Nach dem Motorstart mit lautem Auspuffknallen folgt heiserer Hochdrehzahl-Rock. Klar, das epische V8-Konzert der schrillen Sauger in 430 Scuderia oder 458 Speciale bleibt unerreicht, aber in unseren regulierungswütigen Zeiten darf die V6-Stimme des Speciale ebenfalls als emotional gelten.
In Fiorano tobt der 296 Speciale gerade im Qualify-Modus. Was schwer nach Formel-1-Zeittraining klingt, ist die Bezeichnung des schärfsten der vier Fahrprogramme im sogenannten eManettino, das über die Touchfläche unten links am Lenkrad justiert wird. Anders als die Challenge-Rennversion besitzt der 296 Speciale nämlich weiterhin den bekannten Hybridantriebsstrang.
Der zwischen Verbrennungsmotor und DKG platzierte Elektromotor steuert im Qualify-Modus einen Extraboost von bis zu 132 kW (180 PS) bei – ein Plus von bis zu 9 kW (13 PS) zum 296 GTB. Die zusätzliche Leistung steht zur Verfügung, wenn sich der Verbrenner im Drehzahlbereich zwischen 6000 und 8500/min bewegt. Gesamtergebnis: eine mit maximal 880 PS um bis zu 50 PS höhere Systemleistung als beim 296 GTB.
50 PS mehr, 60 kg leichter
Die Mehrleistung trifft auf weniger Gewicht: Der Einsatz von Kohlefaser- und Titanbauteilen senkt das Fahrzeuggewicht im Vergleich zum 296 GTB um 60 Kilogramm. Wo die Pfunde geschmolzen sind? Sitze minus 10 kg, Motor minus 9 kg, Interieur minus 10 kg, Karosserie und Fahrwerk minus 30 kg.
In nur sieben Sekunden, und damit drei Zehntel schneller als der GTB, soll der Speciale von 0 auf 200 km/h sprinten. Doch die Spezialversion hat nicht nur Längsdynamiktalent. Neben der Gewichtsreduktion standen auch Fahrwerk und Aerodynamik im Fokus der Entwickler.
Zwei neue Seitenflügel, dazwischen die bereits vom GTB bekannte aktiv ausfahrende Abrisskante und ein neuer Diffusor prägen das Heck. An der Front trägt der Speciale eine modifizierte Frontschürze, und auf der Haube finden sich jetzt je drei seitliche Luftöffnungen. Diese Louvers dienen zur Radhausentlüftung. Das auffälligste Aero-Detail ist jedoch der von Ferrari als "Aero-Dämpfer" bezeichnete Luftkanal, der Luft vom Unterboden durch den neuen mittigen Auslass in der Fronthaube leitet. Ergebnis aller Aero-Maßnahmen: Mit 435 kg bei 250 km/h soll der Abtrieb laut Ferrari 20 Prozent höher sein als beim 296 GTB.
Manettino und eManettino
Fahrwerksseitig geht der Speciale heute nicht mit den optional erhältlichen Adaptivdämpfern, sondern den manuell einstellbaren Multimatic-Dämpfern und Titanfedern auf Ideallinienjagd. Die Feder-Dämpfer-Abstimmung wurde modifiziert und die Fahrhöhe im Vergleich zum 296 GTB um fünf Millimeter abgesenkt.
Während die Lenkung im Vorgänger 488 Pista mit Direktheit, aber gleichzeitig sehr leichtgängigem Handmoment Eingewöhnungszeit im Grenzbereich erforderte, präsentiert der 296 Speciale eine gute Mischung aus präziser Rückmeldung und Lenkkräften. Passend zur hohen Lenkpräzision am Limit: die gute Dosierbarkeit der serienmäßigen Carbon-Keramik-Bremsanlage.
Neben dem eManettino zum Touchen gibt’s noch den originalen Manettino – den legendären Drehregler rechts unten am Lenkrad, dessen fünf Fahrprogramme unterschiedliche Kennlinien bieten. Jetzt: Kurvenjagd im Modus CT off. Hinter dem Kürzel versteckt sich auch beim Speciale eine gut abgestimmte Traktionskontrolle.
Mit 1.19 Minuten ist der Speciale in Fiorano 2,5 Sekunden schneller als sein Vorgänger 488 Pista, allerdings nur mit dem optionalen Hardcore-Semislick Michelin Pilot Sport Cup 2 R. Anstelle von slickähnlichem Grip heißt es heute Powerslides gen Kurvenausgang. Mit den serienmäßigen Cup 2 ohne R-Kürzel gehört Leistungsübersteuern zum Querdynamik-Menü. Fahrspaß pur – typisch Ferrari eben.
