Jeep Wrangler TJ Fahrbericht
Das Gute daran ist das Gute darunter. Der klassische Jeep bekam ein leichtes Facelift und erstmals ein wirklich neues Fahrwerk mit mehr Komfort zu seinem 55. Geburtstag.
Moab in Utah, der Wallfahrtsort aller amerikanischen Jeeper, widmet dem neuen Wrangler und seinen frühen Vorfahren ein T-Shirt mit der Parole: Real Jeeps have round headlights. Denn zur hellen Freude seiner Fan-Gemeinde hat die jüngste Generation des einstmals kriegerischen Klassikers zurückgefunden zu den einzig wahren runden Scheinwerfern. Daß außerdem alle weiteren Karosserieteile geändert wurden, bleibt sehr diskret im Hintergrund. Denn die Karosserie- Designer arbeiteten hart an der Aufgabe, viel Fortschritt in einem Jeep zu verinnerlichen, der äußerlich fast ganz der alte bleibt.
Die Konstrukteure gaben dem mild modifizierten Gehäuse jene 30 % mehr Verwindungsfestigkeit, die neue Karosserien gern so an sich haben. Sie ebneten die hinteren Radkästen ein, um im Fond mehr Sitzbreite zu schaffen. Sie schafften es, das Hardtop leichter und das Cabrioverdeck praktischer zu machen. Sie wagten es, das Armaturenbrett übersichtlicher und bürgerlicher zu gestalten sowie mit zwei Airbags zu bestücken. Und sie schreckten nicht einmal davor zurück, die weiterhin umklappbare Windschutzscheibe stärker zu neigen, ihren Rahmen zu verrunden und – potz Blitz – den Luftwiderstand um zehn Prozent zu senken. Trotz solcher Zugeständnisse an eine Zeit der Sparsamkeit bleibt der Jeep in sicherer Distanz zum stromlinierten Zeitgeist, und er rühmt sich sehr zur Freude seiner Fans, daß geräumigere Radhäuser nun größeren Reifen Tür und Tor öffnen.
Die Company macht davon selbst Gebrauch und bietet als Extra rollendes Gut im amerikanischen 30 Zoll-Format (Außendurchmesser 762 mm) an. Auf der Antriebsseite wahrt auch der neue Wrangler schwere gußeiserne Tradition. Sowohl der 2,5 Liter-Vierzylinder mit 121 PS (89 kW) als auch der 4,0 Liter-Sechszylinder mit 184 PS (135 kW) bleiben im Guß frei von Leichtmetallen. Sie behalten auch ihre simple antike Ventilsteuerung mit einer tief im Block liegenden Nockenwelle, mit Stößeln, Stoßstangen und Kipphebeln zum Betätigen der zwei Ventile pro Zylinder. Mit Sprit versorgt werden beide Maschinen ganz fortschrittlich im Stil der Zeit durch eine elektronische Multipoint- Einspritzung. Und auch um den Zündfunken zur rechten Zeit kümmert sich der Computer. Bei der Kraftübertragung kommt wenig Neues aus dem Westen.
Das bewährte Fünfganggetriebe bleibt, und auch die Dreigangautomatik wird aus Platzgründen nicht durch eine den Aufgaben besser angemessene Vierstufen-Transmission ersetzt. Eine gute Botschaft bringt der neue Wrangler mit seinem erweiterten Angebot in der Sparte 4u4. Neben dem klassischen zuschaltbaren Allradantrieb namens Command-Trac wird es als Mehrausstattung das Zwischengetriebe Select- Trac aus dem Cherokee geben, das über ein Zentraldifferential verfügt und permanenten Allradantrieb erlaubt. Grundsätzlich ist auch der Wrangler TJ wieder mit einem Sperrdifferential (Trac-Lock) an der Hinterachse zu haben, aber diese Option wird es nicht in Verbindung mit Select-Trac und/oder ABS geben.
Bernhard Robertson, Chefkonstrukteur der Jeep-Division im Hause Chrysler, vertritt dazu die Ansicht: „Die Vorzüge des neuen Fahrwerks machen ein Trac-Lock an der Hinterachse weit weniger erforderlich als bisher.“ Bei der ersten grundsätzlichen Neugestaltung des Chassis seit 1941 haben die Techniker nun wirklich in die vollen gegriffen. Auf einen Schlag flogen alle vier Blattfedern hinaus und wurden durch Schraubenfedern ersetzt, denen Längslenker und Panhardstäbe für die Achsführung zur Seite stehen. Diese technische Trendwende begründet Robertson ganz offen: „Unser Grand Cherokee war durch diese Art der Radaufhängung zum geländetauglichsten Auto im Programm geworden. Aber diese Leader-Funktion kommt traditionell dem Urtyp, also dem Wrangler zu.“
In der Praxis hinterläßt die neue Konstruktion schon auf der Straße einen guten Eindruck von vollzogenem Fortschritt. In Verbindung mit den Einrohr-Gasdruck-Stoßdämpfern von Sachs kommt ein für ein Geländeauto bemerkenswerter Federungskomfort auf. In den Kurven allerdings kopiert dieser Wrangler – was übrigens Zureiter heißt – den wiegenden Gang des Cowboys. Diese von kräftigen Stabilisatoren in Grenzen gehaltene Seitenneigung bleibt ohne Einfluß auf ein braves, grundsätzlich neutrales Eigenlenkverhalten. Das größte Risiko kommt hier allein vom rechten Fuß des Fahrers, der in Partnerschaft mit dem Vierlitermotor und dem Zweiradantrieb zur Hinterachse mit festem Tritt einen Powerslide in ganzer Wagenbreite hinlegen kann. Wer aber artig und sensibel fährt, merkt augenblicklich, daß er es hier mit einer nun sehr viel einfühlsameren Servolenkung zu tun hat und daß das neue Fahrwerk den Geradeauslauf sehr erfolgreich streckt. Das in der Praxis eher milde Temperament des 2,5 Liter- Motors stellt dieses Fahrwerk kaum vor ernsthafte Aufgaben.
Aber auch mit der recht dynamischen Vierlitermaschine, die mit 184 PS 1975 Kilogramm Leergewicht gehörig in Schwung hält, sind die Sicherheitsreserven nicht wirklich ausgereizt. Forsche Gangart allerdings setzt beim starken Sechszylinder regen Umgang mit dem Schalthebel voraus, denn eine extrem lange Antriebsübersetzung soll bei allen Wrangler appetitzügelnd wirken. Tatsächlich aber steigt der Verbrauch eines solchen Jeep nur im Hochgeschwindigkeits-Bereich über das Maß der guten Sitten, das normalerweise bei zwölf Litern auf 100 Kilometer liegt. Eine umfangreiche akustische Zähmung macht einen neuen Wrangler, der sein Hardtop trägt, bis 140 km/h zu einem kommoden Reisewagen, in dem die Verkehrsmeldungen aus dem Radio nicht im Getöse untergehen.
Da ist unter der rauhen Schale eine fast unverhoffte Begabung zum Erstwagen für Hardliner gereift. Aber diese kernigen Kunden fragen eher nach den Folgen der Verweichlichung im natürlichen Lebensraum eines Wrangler im Gelände. Die beruhigende Antwort gab der Wrangler auf heimischem Boden zwischen Arizona und Utah ganz im Sinne des Commitments von Bernie Robertson. Er folgte 100 Jahre alten Maultierspuren auf den Trails zu verlassenen Minen im Gebirge. Die weichere Abstimmung und die fast ein Drittel größeren Federwege lassen diesen Wrangler auch auf groben Buckelpisten an stark verschränkten Achsen alle vier Räder fest am Boden halten. So bleibt die Lage der Traktion auch dort noch ausgezeichnet, wo oft der Mut bereits in seinem Grenzbereich versinkt. Und die alte Sehnsucht nach der Sperre am Differential der Hinterachse kommt somit allenfalls bei Teufelskerlen auf.
Zu guter Letzt trügt der Schein der Karosserie. Es ist eben doch nicht alles beim alten geblieben – mit der besonders erfreulichen Ausnahme: Der Preis in Deutschland soll etwa gleich bleiben, also zwischen 36.000 und 39.000 DM liegen.