Komfortabel und schwungvoll - zittert der ID.3?

Bereits hier spürt man die komfortorientierte Abstimmung mit einer sanft arbeitenden konventionellen Federung.
Kia zieht durch und platziert mit dem EV4 den nächsten Stromer – mitten ins Herz der Kompaktklasse. So fährt sich der Rivale des VW ID.3, Cupra Born und Opel Astra Electric.
Der Automarkt ähnelt einem Supermarktparkplatz am Samstagmorgen: Er füllt sich, die Lücken werden kleiner, der Elektroanteil höher. Und schon kommt der nächste angestromert. Mit gut 4,40 Metern Länge typisch Kompaktklasse, mit seinem glatten, kantigen Design typisch Kia, wahlweise als klassischer Viertürer oder als Schrägheck mit besonders günstigem cw-Wert von 0,23.
Beide Modelle kommen aus Zilina in der Slowakei und nutzen die E-GMP-Plattform. Wahlmöglichkeiten gibt’s dafür bei der Akkugröße, entweder 58 oder 81 Kilowattstunden. Kurzstreckenfahrer sind mit der kleinen Batterie ordentlich bedient und nehmen den Grundpreis von unter 38.000 Euro mit. Wer mehr Reserven möchte, startet bei 43.240 Euro, kann dafür aber mit einer Reichweite jenseits 600 Kilometer rechnen.
Ansprechender Innenraum
Immer rechnen können EV4 -Fahrer mit einem ansprechend verarbeiteten, übersichtlich gestalteten Innenraum im typischen Kia-Stil. Neben reichlich Ablagen und einer großen induktiven zentralen Smartphone-Ladeschale zählen dazu zwei klar gegliederte 12,3-Zoll-Bildschirme für Fahrinformationen und Infotainment samt Extra-Segment zur Klimabedienung. Hinzu kommt ein Head-up-Display.
Die Sitzposition ist etwas hoch, die Ergonomie passt jedoch. Hinten gibt es ausreichend Platz, jedoch keine Möglichkeit, die Füße unter die Vordersitze zu schieben. Und die Bedienung? Wird niemanden erschrecken, die Kombination aus Tasten, Walzen und Touchscreen ist logisch, die wichtigsten Zugriffe funktionieren problemlos, der Rest ist schnell erlernt. Zumal die Sprachsteuerung im ersten Jahr kostenlos von KI unterstützt wird (danach kostet es extra).
Großzügige Ausstattung
Grundsätzlich immer an Bord ist neben einer großzügigen Ausstattung mit Echtzeit-Navi, Connect-Funktionen, Panorama-Display, smartem Schlüssel und LED-Scheinwerfern ausreichend Platz für vier Personen samt reisetauglichem Kofferraum, der abhängig von der Karosserieform 435 oder 490 Liter sowie maximal 1.435 Liter fasst. Die Varianten mit großem Akku dürfen eine Tonne ziehen, was die 204 PS starke Synchronmaschine mit ihren 283 Newtonmetern hinbekommen dürfte.
Schwungvoller Antrieb
Ohne Last am Haken fährt der EV4 elektrotypisch schwungvoll, beschleunigt in unter acht Sekunden auf 100, wird bei 170 elektronisch eingebremst. Bremse, genau: Das Pedalgefühl könnte transparenter sein, es fehlt am konsistenten Druckpunkt. Wer möchte, kann jedoch weitgehend mit dem Fahrpedal verzögern, entweder im Auto-Modus in einstellbaren Stufen oder mit I-Pedal bis zum Stand. Diese Rekuperation kommt ebenfalls der Reichweite zugute. Genau wie die gute Aerodynamik mit ihrer windschlüpfigen Gesamtform (speziell beim Fastback) samt Details wie beweglichen Flaps an der Front, dem glatten Unterboden und den versenkten Türgriffen und der Wärmepumpe.
Komfortable Federung
Durch die Stadt flitzt der EV4 handlich und übersichtlich. Er profitiert von rundum aufmerksamen Assistenten, der 360-Grad-Kamera sowie seiner Lenkung mit ausgewogenem Handmoment, nicht zu schwer und nicht zu leicht. Bereits hier spürt man die komfortorientierte Abstimmung mit einer sanft arbeitenden konventionellen Federung, die den mit großem Akku 1,9 Tonnen schweren Kia geschmeidig abrollen lässt, ohne in Kurven zu wanken. Auch steht er nach Anregungen sofort wieder ruhig, verkneift sich überdies Poltern, wozu unter anderem spezielle Hydrolager an der Vorderachse beitragen.
Höhere Geschwindigkeiten auf Landstraße und Autobahn sind ebenfalls kein Thema für den leisen, komfortablen Fronttriebler, der das Dunkel mit blendfreiem Fernlicht erhellt. Erst wer sich ambitioniert ein paar flotte Kurven geben möchte, spürt die leicht untersteuernd ausgelegte Abstimmung und das Verlangen nach etwas mehr Rückmeldung in der Lenkung bei der Annäherung an den Grenzbereich. Ein Setup, das aber grundsätzlich zum komfortablen, umgänglichen Charakter des EV4 passt.
Batterie, Laden und Konnektivität
Gehen Fahrt und/oder Stromvorrat zu Ende, lädt der Kia EV4 mit seinem 400-Volt-System mit maximal 128 kW (oder 101 kW), was die Ladezeiten zwar etwas länger gestaltet als bei den 800-Volt-Modellen der zwei Korea-Marken, mit rund 30 Minuten von 10 bis 80 Prozent aber ausreichend flott funktioniert. Für Ungeduldige zahlen sich die optionalen, komfortablen Entspannungssitze oder das buchbare Unterhaltungsprogramm mit Video-Streaming und Spieleangebot aus.
Keine Spielerei: die Fähigkeit, externe Geräte zu laden, den Akku ans Stromnetz zu koppeln oder die Kia-übliche Siebenjahres-Garantie. Womit es wieder ein Stück schwieriger wird, die E-Mobilität wegzuargumentieren. Und sollten die Lücken auf dem Parkplatz zu eng sein: Der EV4 beherrscht ferngesteuertes Rangieren.