Mercedes GLS im Fahrbericht
Der Mercedes GL heißt nach dem Facelift GLS. Damit schlägt er mehr denn je die Brücke zur S-Klasse. Wie fährt das Oberklasse-SUV mit den vielen Einstellmöglichkeiten fürs Fahrwerk und Sicherheitsfeatures?
Es gab tatsächlich einmal Zeiten, in denen Geländewagen mit Leiterrahmen geräuschvoll voran rumpelten. Dabei war egal, ob man sich auf der Straße oder abseits davon befand, der Fahrkomfort ließ auf jedem Terrain zu wünschen übrig. In der Zeit der SUV ist das weitestgehend Geschichte. Die Mercedes-Modellpalette ist inzwischen prall gefüllt mit mehr oder weniger hochbeinigen, komfortablen Allradlern.
Mercedes GL heißt nach dem Facelift GLS
Dazu gesellt sich nun auch der Mercedes GLS, der in Punkto Komfort noch mal eine Schippe drauf legen soll. Neu ist der gewaltige SUV mit einer Länge von 5,13 Metern allerdings nicht. Es handelt sich um das Facelift des GL. Der GLS basiert also auch weiterhin auf der Plattform des GL, wurde aber optisch und technisch überarbeitet.
Das „S“ in der neuen Modellbezeichnung verrät dabei den Anspruch, den die Schwaben an den GLS stellen. Er soll sich fahren wie eine geländegängige S-Klasse – eine größere, schwerere (über 2,4 Tonnen) Variante der Oberklasse-Limousine. Um das zu erreichen, wurden die Fahrwerkskomponenten im Vergleich zum GL überarbeitet.
Federung im Mercedes GLS fast auf S-Klasse-Niveau
Die Luftfederung Airmatic passt sich beispielsweise den unterschiedlichen Fahrprogrammen an. Der Comfort-Modus passt insgesamt am besten zum Fahrzeugcharakter. Bodenwellen und Erschütterungen werden souverän verdaut, wobei die S-Klasse in dieser Hinsicht noch etwas besser dämpft – aber sie darf ja optional auch mit einer Stereo-Kamera den Untergrund scannen und sich so auf fiese Schlaglöcher beispielsweise vorbereiten (Magic Body Control..
Dafür gibt es im GLS Fahrmodi im Überfluss: Glätte, Offroad und Offroad Plus. Bei Letzterem greifen die Geländeuntersetzungen sowie die Mitteldifferenzialsperre. Über die Luftfederung lässt sich auch die Fahrzeughöhe verändern. Die maximale Bodenfreiheit beträgt dann 30,6 Zentimeter. Bis zu einer Tiefe von 60 Zentimetern kann man sogar durch Wasser fahren. Spätestens da ist die S-Klasse abgehängt. Ob GLS-Kunden so was wirklich tun werden, daran scheint auch Mercedes zu zweifeln. Der GLS wird nämlich mit einem wenig geländetauglichen verchromten Unterfahrschutz angeboten.
GLS mit Wankstabilisierung und Assistenzsystemen
Aber der Mercedes GLS hat auch noch einen Sportmodus am Start. Nach dem Aktivieren sensibilisiert sich die Gaspedalkennlinie, die Lenkunterstützung wird zurückgenommen und das Fahrwerk strafft sich. Mit diesem Modus ist zudem die optionale Wankstabilisierung (3.748,50 Euro) gekoppelt. Durch aktive Querstabilisatoren an Vorder- und Hinterachse verringert sich die Karosserieneigung bei Kurvenfahrten. Vordergründig fühlt sich der GLS damit durchaus sportlicher an; von echter Agilität zu sprechen, wäre bei 2,4 Tonnen Leergewicht aber vermessen: Je höher die Kurvengeschwindigkeiten, desto kräftiger zieht es den schweren SUV Richtung Kurvenaußenrand – dann halt mit weniger Schräglage.
Dem S-Klasse-Anspruch wäre aber nicht genüge getan, wenn man nur das Fahrwerk überarbeiten würde. Im Mercedes GLS gibt es auch jede Menge Sicherheitssysteme serienmäßig. Darunter: Collision Prevention Assist, Seitenwindassistent, Attention Assist, Bremsassistent und der Lenkassistent Steer Control. Ebenfalls an Bord: Die neuste Generation des Comand-Systems, wobei der Bildschirm inzwischen nicht mehr in der Mittelkonsole integriert, sondern aufgesetzt ist.
Mercedes GLS mit Platz zum Liegen
Damit wären wir beim Thema Innenraum. Hier fühlt man sich sofort an die S-Klasse erinnert, deutlich hochwertiger als beim GL geht es hier zu. Auf das AMG-Line-Interieur (1.130,50 – 3.272,50 Euro) kann man aber verzichten. Die hohen Sitzwangen bieten zwar genug Seitenhalt für eine Nordschleifenrunde, erschweren das Aus- und Einsteigen jedoch unnötig. Noch auffälliger als die gute Verarbeitung ist das Platzangebot. Selbst in der serienmäßigen dritten Sitzreihe wird es nicht eng. Trotz des Luxusanspruchs hat der Mercedes GLS eine praktische Seite. Das Kofferraumvolumen lässt sich durch das Umklappen der Sitze von 680 auf 2.300 Liter erweitern. Die Laderaumtiefe beträgt dann 2,12 Meter und es können bis 815 Kilo zugeladen werden. Wer also eine Harley mit in den Urlaub nehmen möchte, braucht nicht mal einen Anhänger.
Der V6-Benziner passt am besten zum Mercedes GLS
Bei den Motoren stehen zwei V6- und zwei V8-Aggregate zur Verfügung – alle mit serienmäßigem Allradantrieb. Mit Ausnahme des GLS 63 AMG sind alle Antriebe mit der sanft schaltenden 9G-Tronic gekoppelt. Der AMG schaltet per Siebengangautomatik. Die Einstiegsmotorisierung ist der 350d (ab 74.791,50 Euro) mit 258 PS und 620 Newtonmeter.. Für einen Diesel gibt sich der Motor klanglich dezent und verfügt besonders unten herum über ordentlich Durchzugskraft. Bei höheren Geschwindigkeiten lässt die Vehemenz etwas nach, der Verbrauch steigt dagegen. Bei zügiger Fahrt schon mal auf 15 Liter anstelle der 7,1 (NEFZ) Liter Durchschnittsverbrauch. Auf dem deutschen Markt sollte der Diesel voraussichtlich die am meisten gewählte Motorvariante werden.
Schade eigentlich, denn der V6-Benziner des Mercedes GLS 400 (ab 76.665,75 Euro) passt am stimmigsten unter die breite Haube. Der Dreilitermotor leistet 333 PS und 480 Newtonmeter. Die Leistungsentfaltung ist konstant und das Brummen der sechs Zylinder selbst unter Volllast nicht zu laut. Von Null auf 100 km/h geht es in 6,6 Sekunden – 1,2 Sekunden schneller als beim Diesel. Man ist also keineswegs langsam unterwegs. Gleichzeitig entsteht nicht der Eindruck, die Leistung könnte das Fahrwerk oder die Bremsen überfordern.
Es gibt auch so etwas wie zu viel Leistung
Beim Mercedes GLS 500 (ab 97.104 Euro) sieht das ein bisschen anders aus. Dank 455-V8-PS und 700 Newtonmeter. sind die 100 km/h in 5,3 Sekunden erreicht. Mit dieser Beschleunigung können die Bremsen nicht ganz mithalten. Sie bleiben zwar standfest, leisten aber Schwerstarbeit, um die rapide beschleunigten 2,4 Tonnen wieder einzufangen. 455 PS sind also irgendwie zu viel. Es gibt aber immer Kunden, denen zu viel noch zu wenig ist. Die bekommen mit dem AMG GLS 63 (ab 135.065 Euro) 585 PS und gewaltige 760 Newtonmeter. Das Top-Modell probieren wir aber wann anders aus.