Opel Astra GTC im Test
Der neue Opel Astra GTC könnte die Coupés der Kompaktklasse bald zittern lassen. Er lockt schließlich nicht nur mit scharfer Hülle, sondern auch mit feiner Technik. Test des 165 PS starken Diesel.
Was macht ein gutes Coupé aus? Eine appetitliche Optik – klar. Aber es muss auch korrekt motorisiert sein und agil ums Eck huschen können, sonst ists eben nur etwas Sportschminke auf einer Limousine. Der neue Zweitürer des Opel Astra wird von den Fans hungrig erwartet. Schließlich hat Opel eine lange Coupé-Tradition. Und bislang bewiesen die Rüsselsheimer ein gutes Händchen in dieser Kategorie: Voller Liebe und Ehrfurcht blicken wir vor allem auf GT, Manta, Commodore und Calibra zurück – allesamt großartig und erfolgreich in ihrer Zeit. Ob der neue Opel Astra GTC dieses Erbe antreten kann?
Als Stilmittel setzt Opel ein geschmackvoll geschwungenes Dach ein, das sich fließend mit den C-Säulen und dem Heck verbindet. Wer diesen breiten Rücken nicht bestaunt, fährt vermutlich nur S-Bahn. Autofans fällt der neue Opel Astra GTC sofort auf, zumindest von hinten. Von vorn unterschätzen ihn jedoch selbst Opelaner – vor allem wegen des niedlichen Chrombärtchens vorm Kühler.
Opel Astra GTC wirkt auch mit 20-Zöllern nicht übertrieben
Andererseits: Understatement hat auch etwas. So erkennt erst der zweite, längere Blick, dass sich der Opel Astra GTC ein paar Zentimeter breiter macht als der Viertürer, sich flacher duckt und auf deutlich größeren Rädern steht. Aus den 17-Zoll-Alus der Basisversion werden je nach Ausstattung ab 1.200 Euro Aufpreis sogar 20 Zöller. Und selbst die wirken nicht übertrieben – die Radhäuser sind groß wie Bärenhöhlen. Nein, der Opel Astra GTC ist kein Dorfdisco-Poser, er soll mindestens genauso scharf um Kehren schlüpfen, wie er aussieht.
Bevor wir uns davon überzeugen, schauen wir dem Opel Astra GTC erst mal auf die geschwungenen Aufhängungen der McPherson-Federbeine vorne. Opel nennt sie „HiPerStrut“, was so viel wie Hochleistungsfederbein heißt und keine Silbe zu viel verspricht. Durch neue Dreh- und Befestigungspunkte der Dämpferelemente ändert sich der Sturz der Vorderräder beim Einlenken fast gar nicht – damit können die vorderen Pneus in Kurven deutlich mehr Kraft übertragen.
Apropos Kraft: Opel hält derzeit vier Benziner (100 bis 180 PS) und drei Diesel (110 bis 165 PS) für den Opel Astra GTC bereit. Der stärkste Ottomotor hat im Fahrbericht noch Platz nach oben gelassen; mal sehen, wie saftig der große Diesel am Gas hängt. Kaltstart ist schon mal nicht sein Ding, vibrierend knurrt er in den Morgen – und leider auch in den Innenraum. Fängt ja gut an. Aufheiternd sind die bequemen Sportsitze und das griffige Lenkrad. Das Heer an Tasten in der Mittelkonsole schreckt dagegen noch immer ab, obwohl es aus der Limousine bekannt ist. Irgendwann hat man zwar alle Positionen und Funktionen der vielen Knöpfe abgespeichert, doch ergonomisch gibts dafür keine Bestnoten.
Drehmomentloch unterhalb 1.500 Touren
Bei den Rundinstrumenten kann es Opel doch auch: Die beiden Uhren liegen gut im Blick des Fahrers und werden je nach Position des optionalen elektronischen Sportfahrwerks Flex-Ride weiß (Modi Tour und Standard) oder rot (Sport) angeleuchtet. Nette Show? Mehr: Das Fahrwerk des Opel Astra GTC strafft sich, Lenkung und Gasannahme werden direkter. Zeit, den Zündschlüssel zu drehen. Dann den ersten Gang einlegen, auskuppeln ... Anfahrschwäche abwarten ..., und der bullige Schwung des 165 PS starken Selbstzünders setzt ein. Seine 350 Newtonmeter arbeiten sich rasch durch den ersten Gang und verlangen zügig nach dem zweiten, dem dritten, dem vierten. Die Wechsel an der Sechsgangbox funktionieren gut, könnten mit kürzerem Schalthebel und kürzeren Gassen aber direkter sein. Das Drehmomentloch unterhalb 1.500 Touren zaubern sie genauso wenig weg, wie der Diesel nach Sportwagen klingen mag. Zwar nagelt er mit warmem Motoröl nur noch verhalten, doch sein grummeliger Sound passt einfach nicht zum feurigen Charakter des Opel Astra GTC, der gerade leichtfüßig über Land rennt.
Opel hat nicht zu viel versprochen: Die Sache mit den Hochleistungsfederbeinen funktioniert erstklassig. Der Opel Astra GTC saugt sich förmlich durch Kurven, zerrt dabei nicht in der Lenkung und verlässt seinen vorgegebenen Kurs nur, wenn man es absichtlich übertreibt.
Während sich die Lenkung im Tour-Modus passend direkt anfühlt, arbeitet sie in Stellung Sport etwas zu nervös. Gleiches gilt für die Dämpfer, denen der Fahrkomfort im Sport-Modus völlig egal ist. Das wäre soweit auch okay, wenn das Fahrwerk in „Tour“ dafür auf sanft umschalten würde. Macht es aber nicht – zumindest nicht konsequent. Auf schlechten Strecken kommt der Opel Astra GTC einfach nicht zur Ruhe und informiert Insassen ungewollt über Löcher und Wellen der Straße.
Opel Astra GTC Diesel braucht 7,3 Liter
Fünf Freunde kann der GTC serienmäßig unterbringen – wobei die drei Plätze der Rückbank bauartbedingt etwas schwer zu erreichen sind und aufgrund der eingeschränkten Kopffreiheit nicht dauerhaft an Hochgewachsene vergeben werden sollten. Immerhin: Der Fond eines VW Scirocco fällt knapper aus. Im Kofferraum setzt Opel auf Pragmatik: Um die hohe Ladekante zu kaschieren, die der besseren Steifigkeit dient, gibt es für 90 Euro einen doppelten Ladeboden, der stabil und brauchbar ist.
Am Ende des Tests steht ein akzeptabler Verbrauch von 7,3 L/100 km der Erkenntnis gegenüber, dass der starke Diesel im Opel Astra GTC nicht die erste Wahl ist. Eine schnittige Optik hat das Coupé zweifelsohne, eine talentierte Straßenlage auch – fehlt nur noch ein spritziger Turbobenziner. Laut Opel wird ihn der angekündigte GSI mit 220 PS haben oder die OPC-Version mit 280 PS. Bis dahin freuen wir uns über die standfesten Bremsen des Opel Astra GTC und mosern nicht über seine magere Rundumsicht – wer solche Talente von einem Coupé erwartet, hat wohl noch nie in einem GT, Manta oder Calibra gesessen. Die waren damals auch nicht übersichtlich – und wurden trotzdem gekauft – und geliebt.