Opel Astra Sports Tourer gegen Skoda Octavia Combi
Neues vom Opel Astra: Als Sports Tourer trägt er nun ein Kombi-Heck, auch unter der Motorhaube tat sich was. Da macht sich der Skoda Octavia Combi gern warm für einen Vergleichstest.
Und dann stehen wir da im Wald, Kollege Peter und ich. Die Köpfe in den Kofferraum des Octavia Combi gebeugt. Noch ganz einfach: das Rollo, das Trennnetz und die zusätzliche Kleiderablage, die sich so leicht in die ausklappbaren Haken hängen lässt, zu entfernen. Schwierig aber ist, sie alle unter dem Ladeboden in genau jene Aussparungen zu friemeln, die die Herren Ingenieure zur Fixierung dieser Dinge erdacht haben. Wir wenden die langen Dinger immer wieder, ruckeln, drücken, drehen, gucken in die Betriebsanleitung. In dunklen Stunden hilft es ja, an die Erkenntnisse großer Geister zu denken. Oscar Wilde kommt da gerade recht: "Am Ende wird alles gut“, sagte er mal. "Und wird es nicht gut, ist es noch nicht das Ende.“ Also ringen wir weiter mit der Technik – und plötzlich passt eins ins andere in diesem Kombi-Tetris.
Opel Astra Sports Tourer mit pragmatischer Laderaum-Aufteilung
Der neue Astra Sports Tourer macht kein großes Geheimnis um seine Unterflur-Aufteilung: Das Gepäckraumrollo passt schräg übers Notrad, das Trennnetz daneben im spärlich verkleideten Kämmerchen unterm Stauraum. Kabelstränge sind da auch zu sehen mit ungeschützt eingeklipsten Steckern. Hier soll man Kleinkram verstauen, wenn es im Obergeschoss, das sich mittels eines cleveren Laderaum-Managements unterteilen lässt, mal eng wird? Hm. So sauber-akkurat wie der Skoda ist der Opel im Heck also nicht verarbeitet, doch vom Ende des – im Innenraum übrigens sehr sorgfältig gemachten – Autos sollte man nicht aufs Ganze schließen.
Denn der Sports Tourer – das sei schon verraten – muss keine Konkurrenz fürchten, ist aus dem Stand bei der Musik. Man mag darüber streiten, ob die D-Säule ganz am Ende, die schon sehr an den kleinen Opel Adam erinnert, nicht zu verspielt ausgefallen ist, zu stark mit den sehnigen Linien des Astra kontrastiert. Die relativ flachen Seitenscheiben erschweren es jedenfalls kleinen Mitfahrern, aus dem Fenster zu schauen, und die Rundumsicht ist auch eher mäßig.
Beide Kombis gleichauf beim Gewicht
Der großflächiger verglaste Octavia Combi wirkt da klarer gezeichnet, weniger um Aufmerksamkeit bemüht. Doch er muss ja auch nichts mehr beweisen. Er gilt ja als einer der besten kompakten Kombinierer, während der Astra Sports Tourer die Bühne neu betritt und seinen Vorgänger vergessen machen will. Der trug ja schwer an der Last seiner international eingesetzten King-Size- Komponenten, die ihm neben Übergewicht auch ein schlechtes Raumangebot bescherten. Doch nun ist wie bei der Limousine Schluss mit dieser Verschwendung. Nur zwei Kilogramm schwerer als der Octavia Combi ist der Astra Sports Tourer, und an Platz herrscht nun wahrlich kein Mangel.
Vorn wie hinten ist der Innenraum des Opel höher als der des Skoda, der minimal mehr Innenbreite und auch mehr Sitzraum in der zweiten Reihe bietet. Im Alltag verwischen aber diese Unterschiede: Selbst wenn vorn zwei große Erwachsene Platz nehmen, stößt man auf den Rücksitzen, die im Astra stärker ausgeformt sind, nicht mit den Knien an die Lehnen der Vordersitze. Diese sind im Falle des Astra AGR-Sitze (685 Euro) und verdienen eine dicke Empfehlung: Tief integriert ins Auto ist der Fahrer, wird bestens in alle Richtungen gestützt und kann sich mittels elektrischer Neigungsverstellung und Lordosenstütze sowie ausziehbarer Oberschenkelauflage sein Plätzchen auf Maß schneidern. Im Skoda sitzt es sich etwas höher (was der Übersicht zugutekommt) und nicht ganz so stark mit dem Auto verzahnt.
Skoda Octavia Combi punktet mit Detaillösungen im Innenraum
Doch zweitklassig ist dies genauso wenig wie die Funktionalität des Armaturenbretts. Hier fällt der Astra mit seinen kleineren Rundinstrumenten und der weniger klaren Kartendarstellung des Touchscreens ab, auch funktioniert das Aus- und Einzoomen oder Verschieben der Karte im Skoda flüssiger. Etwas unpraktischer geformte Türablagen fallen im Astra ebenso auf wie Sparsamkeiten im Detail: So pustet die Klimaautomatik des Skoda bei Bedarf auch kalte Luft ins Handschuhfach und hat regelbare Ausströmer im Fond. Und die Abfalltaschen samt Müllbeuteln für die hinteren Türtaschen (220 Euro im Paket mit variablem Ladeboden und der eingangs erwähnten Multifunktionsablage) wissen Eltern kleinerer Kinder schnell zu schätzen.
Der Astra kontert diese Nettigkeiten aber durchaus, zum Beispiel in Form der 40 : 20 : 40 geteilten Rücksitzlehnen (250 Euro). Die erlauben eine sehr flexible Aufteilung zwischen Sitz- und Stauraum, was bei Kombis ja durchaus ein Kriterium darstellt. Beim Stauvolumen reicht der Sports Tourer hingegen nicht an den Octavia Combi heran. Mit 505 bis 1.595 Litern (ohne Notrad sind es 540 bis 1.630 Liter, mit vollwertigem Reserverad 475 bis 1.565 Liter) sollte er zwar selten in Verlegenheit kommen. Doch die 610 bis 1.740 Liter des Konkurrenten sind schon eine andere Hausnummer.
Zuladung hilft dem Astra
Immerhin düpiert der Astra den Octavia mit der höheren Zuladung: Exakt 61 Kilogramm mehr sind es im Falle der Testwagen. Schon mit vier Personen an Bord zeigt sich, dass Gewicht dem Rüsselsheimer Kombi beim Komfort auf die Sprünge hilft. Während er mit zwei Personen ungelenker über Absätze stampft als der ebenfalls durchaus straff abgestimmte Skoda, kommt mit der Zuladung Geschmeidigkeit ins Spiel. Der Octavia wiederum verliert dann eher die Contenance, schwingt nach Wellen stärker nach und meldet Asphaltflicken oder Fugen deutlicher und mit stärker hörbarem Fahrwerkspoltern.
So groß, dass hiervon eine Kaufentscheidung abhängen könnte, sind die Unterschiede aber nicht – auch beim Handling übrigens, wo der Opel agiler wirkt, weil er aus der Mittellage einen Tick williger einlenkt. Die bei den Fahrdynamiktests ermittelten Geschwindigkeiten wie auch die durch sanft regelnde Stabilitätsprogramme (im Astra komplett abschaltbar) unterstützte Fahrsicherheit sind jedenfalls vergleichbar gut. Nur bei den Bremsen schwächelt der Astra etwas gegenüber dem exzellent verzögernden Octavia
Opel Astra Sports Tourer mit neuem Top-Diesel
Ansonsten alles wie von den Limousinen bekannt: tolles LED-Matrixlicht beim Astra, jede Menge Sicherheitsassistenz und viel Ausstattung, die den hohen Preis des Innovation (29.110 Euro) relativiert. Der Skoda ist im Multimediabereich durchaus ebenbürtig bis hin zum optionalen WLAN-Hotspot, bei Komfortassistenten (aktives Ein- und Ausparken) vorn und beim Preis (28.250 Euro für den Style) nur auf den ersten Blick billiger, da die Serienausstattung weniger üppig ausfällt.
Wirklich alles wie immer? Nein, denn mit dem Sports Tourer debütiert im Astra auch ein neuer Top- Diesel mit gleich zwei Turbos. Die entlocken dem 1,6 Liter großen CDTI 160 PS und 350 Newtonmeter und düpieren den Octavia 2.0 TDI (150 PS, 320 Nm) trotz Hubraumdefizits – theoretisch jedenfalls. Doch bei den Beschleunigungsmessungen geht es bis 180 km/h nur um Sekundenbruchteile hin und her, die etwas höhere Spitze des Opel (220 zu 216 km/h) spielt im Alltag keine Rolle. Auch in der Leistungsentfaltung hat keiner die Nase vorn: Spätestens ab 1.500 Umdrehungen sind beide hellwach, ziehen ohne Schwächeln durch und drehen bis fast 5.000, wenn mal Not am Mann ist.
Der TDI läuft allerdings etwas schwingungsärmer und mit wohligerem Klang speziell bei hohen Drehzahlen. Und die liegen im Astra öfter an, weil sein Getriebe, dessen Gänge sich nicht ganz so geschmeidig wechseln lassen, kürzer übersetzt ist. Schaden tut das aber nicht: Mit 6,0 Litern unterbietet der Opel den Skoda beim Testverbrauch um 0,2 Liter, und auch beim Geräusch spielen beide in der ersten Kompaktdiesel-Liga. Nicht nur am Ende des Astra Sports Tourer, sondern auch am Anfang ist damit alles ziemlich gut geraten, können wir zum Schluss feststellen. Ganz knapp verdirbt ihm zwar der Octavia Combi das Happy End mit Sieg und Fanfaren. Aber der hat ja auch andere richtig gute Autos schon gebügelt.