Pontiac Firebird im Fahrbericht
Wenn Michael Knight in der Klemme sitzt, kann er sein Auto anfunken, das ihm dann hilft. KITT, der computerisierte Pontiac Firebird, ist der wahre Hauptdarsteller in der Erfolgsserie Knight Rider. David Hasselhoff ist nettes Beiwerk. Wir sagen, wie er sich fährt, der Firebird.
Über Knight Rider sollte man nicht lachen. Das muss ein Ziel der Drehbuchschreiber gewesen sein, denn die Fernsehserie mit dem unzerstörbaren Superauto KITT nimmt sich furchtbar ernst. Konträr zu anderen US-TV-Reihen der Achtziger wie " Magnum", "Ein Colt für alle Fälle" oder "Remington Steele" geht "Knight Rider" jeder Humor und jede Selbstironie ab. Dabei überspringen schon einige Grundkonstellationen locker die Grenze zum ungewollt Komischen.
Das Großseriencoupé Pontiac Firebird wird zum Serienhelden
Das beginnt damit, dass der Hauptdarsteller ein Auto ist - ein schwarzer Pontiac Firebird der von 1982 bis 1992 gebauten, dritten Generation. Angenommen, man wollte die unschlagbar beste Band aller Zeiten zusammenstellen, man würde kaum "Die Flippers" als Ausgangsbasis wählen. Und wollte man ein unschlagbares Auto entwerfen, könnte man näher am Ziel anfangen als mit einem US-Großserien-Sportcoupé der 80er Jahre. Doch im Film geht alles.
Und so rüstet eine Organisation, die sich ernsthaft "Foundation für Recht und Verfassung" nennt, den Firebird zum unbezwingbaren Knight Industries Two Thousand auf. Mit mehr Fähigkeiten als ein Dienstwagen von James Bond, doch ganz ohne Waffen, denn es soll ja der Wagen des modernen, ritterlich- lebensrettenden Robin Hood sein. Der darf für Recht sorgen, aber dabei niemanden ernsthaft verletzen.
So einen Ritter braucht KITT noch als Fahrer, auch wenn der unzerstörbare Feuervogel dank seines Computerhirns eigenständig denken und lenken kann. Diese wichtigste Nebenrolle, die des Chauffeurs, übernimmt David Hasselhoff in den 90 Folgen von Knight Rider. Natürlich darf er nicht durch einen lustigen Zufall zur Foundation stoßen. Nein, da gibt es selbstverständlich einen ernsten Hintergrund. Ursprünglich heißt Michael Knight Michael Long und kämpft als junger Soldat im Vietnamkrieg. In Vietnam müssen sich die späteren Serienhelden auf den Füßen herumgetrampelt sein.
Die Basis der Einsätze im Namen der gerechtigkeit: Ein GMC -Truck
Das ganze "A-Team" war dort, also Bosco Baracus, Templeton Peck, Captain Murdok und Colonel John Smith, dann die drei Freunde aus "Magnum P.I.", Thomas Magnum, Theodore Calvin und Orville Wright, ebenso Rick Simon aus "Simon & Simon" dazu noch Cody Allen und Nick Ryder aus dem "Trio mit vier Fäusten". Auf einen TV-tauglichen Vietnamveteranen mehr kam es dann wohl nicht mehr an. Michael Long jedenfalls arbeitet nach seinem Militärdienst als Undercover-Polizist. Bis er bei einer Schießerei verletzt wird. Er überlebt nur, weil die Kugel an seiner Stirn an einer Metallplatte abprallt, die er im Krieg eingesetzt bekam. Sein Gesicht dagegen ist hin.
Der Millionär Wilton Knight findet den halbtoten Long, bringt ihn auf sein Anwesen, lässt die Schusswunde behandeln und ihm ein neues Gesicht zimmern. Knight will, dass Long für seine Foundation arbeitet, Verbrecher jagt und das Gesetz verteidigt. Er gibt ihm seinen Familiennamen und so eine neue Identität. So bekommt KITT einen Lenker - die Foundation ist komplett. Michael Knight ist neben dem Leiter Devon Miles und der Technikerin Dr. Bonnie Barstow das dritte Mitglied.
Sie treffen sich meist in ihrem rollenden Hauptquartier, einem GMC-Truck, dessen Auflieger KITT über eine Rampe bei voller Fahrt entert und verlässt. Dann wird gegen Unrecht und schlechte Verfassung gekämpft. Meist gilt es, junge Damen davor zu retten. Bei denen kommt KITT besonders gut an.
Der Pontiac Frirebird ist eine automobile Lassie
Wenn Knight eine Klientin in den Firebird setzt, sagt die: "Der redet ja. Was ist das denn für ein tolles Auto?" Darauf erzählt KITT ohne Punkt und Komma von seinen Talenten - und die Mädchen staunen fasziniert. KITT ist eine Art automobile Lassie, ortet auf Meilen jeden Pups eines Bösewichts, kämpft mit Stieren, durchrast Häuser, überspringt Täler, zapft Alarmanlagen an, kommuniziert mit Knight über dessen Armbanduhr. Das schaut schlimm uncool aus, wenn Hasselhoff in seine Uhr "KITT, alter Kumpel, beeil dich, ich brauch dich hier" wispert. Dafür eilt der schwarze Firebird aber schnell heran und rettet. Knight hält da nur schwer mit. Er kann die Damen nur durch Körpereinsatz beeindrucken.
Aber ohne seinen Pontiac wäre Michael Knight dauernd aufgeschmissen. So gut die vielen, spektakulären Stunts auch sind, nach der Begegnung mit einem normalen Firebird kann man die Serie noch weniger ernst nehmen. Es muss bei den Dreharbeiten sehr viel Firebird-Schrott gegeben haben.
Die Realität hat mit dem TV-Helden nichts gemein
Während KITT durch Geröllhalden fegt und steile Abhänge bezwingt, bleibt der Firebird in der Realität schon an der Parkhausauffahrt hängen, überwindet sie nur mit angeschrapptem Frontspoiler. Mit seinen ausladenden Formen gehört er in die Wüste Nevadas. Alle weniger weitläufigen Gegenden lassen sich nur mit eingeschaltetem Licht bewältigen: Wegen der tiefen Sitzposition in den breiten, weichen Sesseln und der stark abfallenden Haube helfen nur die aufgeklappten Scheinwerfer, das vordere Ende der dicken und langen Karosserie grob zu markieren.
Man hätte es amerikanischen Entwicklern kaum zugetraut, doch von den gut neun Quadratmetern Grundfläche bekam der Innenraum einen fairen Anteil. Anders als die Passagiere im Fond kommen sich Fahrer und Beifahrerin nur dann nahe, wenn das wirklich beide wollen. Zwischen ihnen wacht eine mächtige Mittelkonsole. Auf ihr thront der zum Fahrer hin gekröpfte Automatikwählhebel. Er steht auf P. Schlüsseldreh: Der Anlasser kitzelt den Motor wach - einen V6, der klingt wie ein V8 im Stimmbruch. Wählhebel auf OD - Overdrive.
American Style Driving - der kleine V6 braucht das Fahrwerk auf
Beim Anfahren sprotzelt der V6, hustet kurz, wenn er meint, dass ihm die Einspritzung zu wenig Sprit einschenkt. Im OD-Modus verlangt ihm die Automatik kaum mehr als 3.000 Touren ab. Zu höheren Drehzahlen schwingt sich der Firebird nur im D-Mode auf. Dann genügt schon ein Teil der 142 PS - und das Fahrwerk ist aufgebraucht. Jetzt leuchtet ein, weshalb KITT immer mit durchdrehenden Rädern startet. Anders geht's nicht. Die Starrachse hinten überträgt die Kraft nur schludrig, auch Kurven sind nicht ihr Ding.
Also raspeln die Reifen häufig nur über den Asphalt, und der Firebird bockt übersteuernd um Biegungen. Aber er meint das nicht böse. Und seine Ausfallschritte lassen sich mit ein bisschen Dreherei am Lenkrad gleich wieder einrenken. Grob zumindest, denn die Lenkung ist mit Servohormonen vollgepumpt.
Alles ein großes Mißverständnis - der Pontiac Firebird nimmt sich selbst nicht ernst
Für ein präzises und schnelles Ideallinien-Kurvenballett eignet sich der schwere und träge Firebird wie ein Vorschlaghammer zum Xylophon spielen. Also soll der Pontiac auf der breiten Landstraße gemütlich vor sich hingrummeln. Der Wind brandet schon bei niedrigen Geschwindigkeiten sehr vernehmbar an den Spalten der rahmenlosen Seitenscheiben und den herausnehmbaren Dachhälften. In "Knight Rider" erreicht KITT dank seines Super Persuit Mode über 400 km/h. Im echten Firebird möchte man allerdings schon Geschwindigkeiten über Tempo 130 nicht unbedingt ausprobieren. Vielleicht liegt gerade an der Auswahl des Fahrzeugs der Denkfehler von "Knight Rider".
Der Firebird nimmt sich ja schon selbst nicht ernst, ist ein geradezu selbstironisches Musclecar: der Motor zu schwach für Ampelduelle, die Federung zu weich und die Schlagseite in Kurven zu heftig fürs Rennen, dazu innen zu geräumig und zu gemütlich eingerichtet. Nein, das ist doch alles ein Missverständnis. Der Pontiac ist da in etwas hineingeraten - die Sache mit die Welt retten und so. Dabei möchte er doch nur Samstagabends auf dicke Haube machen und durch die City posen. Wahrscheinlich freute er sich richtig, als die Sache mit „Knight Rider“ nach vier Jahren endlich ausgestanden war.
Für Hasselhoff ging es danach erst richtig los. Dank seiner Baywatch- und Bardenkarriere schaffte er es 34 Mal auf den Titel der Bravo. Auch da sah er immer bedeutend und wichtig aus. KITT dagegen rollt im Abspann in den Sonnenuntergang. Und es wäre doch gelacht, würde er uns dabei nicht kurz mit seinen Klappscheinwerfern zuzwinkern. Ganz im Ernst.