Porsche Boxster, Jaguar F-Type, Audi TT RS, BMW Z4
Der neue Jaguar F-Type stürmt heran, das ganze E-Type-Erbe im
Gepäck und das deutsche Roadster-Establishment im Visier. Fegt er
jetzt Porsche Boxster S, BMW Z4 35is und Audi TT RS vom Platz? Dann
mal: Dach auf und los!
Das Pfeiferauchen und Whiskytrinken – einst bevorzugtes Hobby von sonnen-, wind- und lebensverwöhnten Herrenfahrern – ist in den letzten 52 Jahren etwas aus der Mode gekommen. Die Begeisterung für den offenen Sportwagen an sich dagegen nicht. Auch wenn er in seiner britischsten Form, als Jaguar nämlich, seit dem Ende des E-Type ein wenig – na, sagen wir – hinter seinen Möglichkeiten zurückblieb. Nun aber kommt der Jaguar F-Type, in unserem Fall der V6 S, der kompressorgestärkte, 380 PS starke Sechszylinder also. Und wenn wir MTK-F 1019, unseren Testwagen, eine geschrubbte Flunder nennen, dann nicht nur, um eine letzte Reminiszenz an den E-Type wegzutippen, sondern, weil er uns schon beim Einzeltest verzückte.
Weil Verzücken alleine nicht ausreicht, hat sich der Jaguar F-Type nun noch mal frischgemacht. Und so tritt er im Vergleichstest gegen Audi TT RS, BMW Z4 35is und Porsche Boxster S an. Gentlemen, start your engines.
Jaguar F-Type ist lässig und etwas nachlässig
Ein Druck auf den Starterknopf des Jaguar F-Type, und drei Straßen weiter rufen Eltern die Kinder ins Haus, weil sie glauben, ein Unwetter zöge auf. Dezenz zählt nicht zu den Stärken des V6. Was die ersten sieben Mal lustig ist, danach eher aufdringlich wie die Krawallschleppe, die der Jaguar F-Type auf der Autobahn hinter sich herzieht – selbst bei geschlossenen Soundklappen am Auspuff.
Innen konzentriert sich alles auf den Fahrer. Das ausreichend geräumige Jaguar F-Type-Cockpit zentriert sich um den Piloten, der freilich etwas Beistand im Umgang mit den obskuren Menüs des Touchscreen-Infotainments brauchen könnte. Aber wir sind nicht zum Herumfingern da, sondern zum Fahren.
Also grollt der schlecht überschaubare Jaguar F-Type los. Durch die Stadt wandlert seine Achtstufenautomatik sacht und gemächlich. Aus dieser Ruhe lässt sie sich auch auf flotten Landpartien ungern bringen. Also lieber selbst durch die Gänge flippern, doch auch dann geht dem Getriebe die Hektik ab. Der elektronische Zwischengastapser dramatisiert das Zurückschalten, ohne es zu beschleunigen. Was nicht bedeutet, dass es dem Jaguar F-Type an Vehemenz mangelt.
Traktionsstark und fein ausbalanciert reckt er sich voran. Dabei erlaubt er sich bei aller Fahrsicherheit aber eine gewisse Nervosität an der Hinterachse und ein anti-autoritär spät eingreifendes ESP. Was – wie die Begabung zum ausladenden Leistungsübersteuern bei deaktiviertem Schleuderschutz – im Sinne der meisten Fahrer sein dürfte, schon weil ihnen die rückmeldungssensible Lenkung direkte Präzision garantiert. Die ist Ergebnis besonders steifer Komponenten in der Lenkungsmechanik sowie der festen Karosserie. Etwas weniger Steifigkeit hätte es bei der Fahrwerksabstimmung getan. Selbst im Komfortmodus der serienmäßigen Adaptivdämpfer rempelt der Jaguar F-Type herb über Unebenheiten, versetzt auf stärkeren Wellen und schnüffelt mit seinen optionalen 20-Zoll-Rädern Querfugen nach.
Es gäbe noch ein paar Kleinigkeiten am Jaguar F-Type zu bemängeln – Windgeräusche am Dach, der zerklüftete Kofferraum, unpraktische Türöffner oder die Sperrigkeit der breiten Karosse auf engen Straßen. Aber dann braust du mit dem offenen Jaguar F-Type über Land, der Wind brandet, und der Kompressor presst den V6 auf Höchstleistung (die Benzinpumpe übrigens ebenfalls), und du weißt, dass dieser Roadster keinen Vergleichstest gewinnen muss, um ein Sieger zu sein.
Audi TT ist in Ruhe gereift
Seit 2007 kurvt der TT in einem Slalom zwischen golfbasierter Pragmatik und seinem Anspruch, ein Sportwagen zu sein. Das mit der Pragmatik hat er drauf: genug Platz, ein schnelles, sehr leises Verdeck, das elektrisch ausfahrende Windschott, eingängige Bedienung und entspannte Ergonomie. Aber auch ein altes Infotainment. Es entstammt einer Epoche, als wir Musik auf SD-Karten speicherten und Audio-Streaming für Hexerei hielten. Muss etwa 2005 gewesen sein.
Aber der Rest des TT ist nicht gealtert, sondern gereift. Das zeigt er mit sorgsamer Verarbeitung und massiver Verwindungsfestigkeit. Wenn ihm Kritiker vorwerfen, er sei im Grunde doch nur ein quermotoriger Fronttriebler mit angehängtem Allrad, haben sie zwar völlig recht, aber wohl noch nicht erfahren, was der TT daraus macht.
Eine eigene Art der Dynamik – als TT RS. Denn den beherrscht die Wucht des 2,5-Liter-Turbobenziners. Laderpfeifend zerrt er den Roadster voran – ziemlich egal, welcher der sieben Gänge des Doppelkupplungsgetriebes gerade drin ist. In der Stadt verhaspelt sich die Box mitunter, reagiert draußen treffsicherer, aber Selbstpaddeln passt immer besser. Ja, so röhrlst du im TT gewissermaßen über die Straßen, erinnerst dich daran, dass schon die alten Quattro nicht durch Handling, sondern mit Traktion siegten. Das gilt heute noch für den sehr schnellen und fahrsicheren, aber untersteuergeschwächten TT. Dessen Lenkung scheint gegen Antriebseinflüsse immun, meldet gedämpft zurück, reagiert weniger direkt. So biegt er nicht ganz so ansatzlos in Kurven, aber die Wucht, mit der er sich ab dem Scheitelpunkt rauskatapultiert, strafft die Gesichtszüge. Was es sonst noch zu sagen gibt zum TT: Vehementer bremsen sollte er, stramm ist er abgestimmt, gut ausgestattet, sparsam sogar und für 1.600 Euro Aufpreis 280 km/h schnell. Macht 53 Euro pro km/h.
BMW Z4 ist schnell, aber kein Sportwagen./strong>
Gäbe es für diesen Betrag nicht Topspeed, sondern Tempo beim Slalom, Z4-Besitzer würden ihre Konten plündern. So aber geht das Drama des begabten Kindes weiter. Er hat doch alles: Hinterradantrieb, ein brillantes Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe, eine fein austarierte Gewichtsbalance und diesen großartigsten (ja, großartigsten) Reihensechszylinder – sparsam, durchzugs-vehement und drehenergisch. Aber der Z4 macht nichts daraus. Und lernt nichts dazu.
Das Facelift brachte nur den Xenon-Scheinwerfern neuen Schwung, nicht aber dem Handling. Noch immer wankt und schunkelt der Z4 über Landstraßen. Selbst in der Sportstellung seiner Adaptivdämpfer lehnt er sich träge in Kurven, wippt auf langen Bodenwellen noch ein wenig nach. Die Lenkung verwechselt zappelige Nervosität mit Direktheit. Auf verzwickteren Strecken muss ständig das ESP die Traktion sichern und das Heck beruhigen. Lastwechselkicks kann es dennoch nicht immer verhindern. So bleiben als punktrelevante Stärken neben dem Antrieb das gute Raumangebot, bequeme Sitze, die leichte Bedienung sowie der günstige Preis. Der Z4 – ein schnelles Reise-Cabrio, aber kein Sportwagen.
Sportwagenfans müssen zum Porsche Boxster greifen
Dann schnallst du dich vor den Sechszylinder-Boxer des Porsche, startest mit links, schnippst den Wählhebel auf D – und selbst aus der B 235 bei Castrop-Rauxel wird die Hunaudière. Der kein bisschen turbogeladene oder kompressorgeplusterte Sechser boxert den 1,4 Tonnen leichten Zweisitzer voran. Er wechselt über die Drehzahltausender vom Rauschen ins Kreischen, egalisiert mit Drehwut das 65-PS-Leistungs- und 100-Nm-Drehmomentdefizit zum Jaguar F-Type – bei viel niedrigerem Verbrauch. Zu dem verhilft auch die Doppelkupplungsbox: Im Automatikmodus legt sie den Leerlauf ein, wenn der Boxster bei sachtem Tempo nur rollt. Nur stört die Programmierung, den Motor ständig im langen siebten Gang niedertouren zu lassen. Also auch hier besser selbst durch die Gänge flippern.
Und damit raus aufs Land und rein in die Kurven. Am griffigen Lenkrad lässt sich der schmale Boxster millimetergenau auf der Straße platzieren, sachte Hügelkanten seiner Kotflügel markieren die Grenzen der Karosserie. Die des Fahrwerks liegt für öffentliche Straßen jenseits von Gut und sehr nah an Böse. Aber besser nie vergessen, dass dies ein Mittelmotorauto ist, eines, das auf nasser Straße nach langer Gutmütigkeit heftig giert, wenn der Fahrer zu gierig wird.
Wobei Dreher nur mit Unvernunft passieren. Ansonsten nämlich begeistert der Boxster mit porschiger Dynamik, lenkt zielstrebigst ein, bleibt neutral – Lastwechselmätzchen regelt das ESP weg – und drückt sich traktionsstark wieder aus der Kurve.
Dass er bei aller Agilität und Sportlichkeit auch beflissen federt, darum kümmert sich das Adaptivfahrwerk. Es kostet – wie eigentlich alles – unverschämt viel Aufpreis. Doch zumindest die 1.428 Euro lohnen sich, denn der Boxster steckt kurze Unebenheiten locker weg, lässt sich von langen nicht aus der Ruhe bringen. Komfort kann er also auch, mit bequemen Sitzen und dem unaufdringlichen Geräuschniveau.
Ja, es mangelt den Zuffenhausenern keineswegs an Selbstbewusstsein, und ihre Bedeutung für die Welt unterschätzen sie auch nicht. Aber, meine Damen und Herren, liebe Kinder: So baut man Sportwagen.
Allerdings haben wir Verständnis, wenn die Gentlemen aus dem Club des gepflegten britischen Roadstertums finden, diesen Hinweis könne man in der Pfeife rauchen.